Malory
Malory war nicht gut genug für sie, in keiner Hinsicht.
Doch solange er sie glücklich machte, und daran bestand zur Zeit kein Zweifel, würde Warren Frieden wahren müssen.
Aber beim ersten kleinen Anzeichen von Uneinigkeit zwischen ihnen würde er mit Wonne Öl ins Feuer gießen, die beiden entzweien und seine Schwester zurück nach Amerika holen, wohin sie gehörte.
»Tut mir leid«, sagte Warren, denn er hatte ihr nicht weh tun wollen. Und da es ein unverfängliches Thema war, kam er erneut auf Amy zu sprechen. »Ist die Kleine nicht noch etwas zu jung, um deinen Haushalt zu übernehmen?«
Jetzt warf sie ihm einen ungläubigen Blick zu. »Soll das ein Witz sein? Hast du schon vergessen, daß ich zwölf war, als ich die Führung unseres Haushalts übernahm?«
Er hatte es nicht vergessen, beharrte aber: »Du warst eben mit zwölf schon reif.«
Sie schüttelte den Kopf, weil Warren sich wieder einmal von seiner starrköpfigen Seite zeigte. »Amy ist mit ihren siebzehn durchaus reif und ...«
»Siebzehn?«
»Ich verstehe nicht, weshalb du dich so aufregst«, entgegnete sie, befremdet über seine heftige Reaktion. »In ungefähr einer Woche wird sie achtzehn. Sie hat gerade ihren Debütantinnenball hinter sich, ein großer Erfolg, nebenbei bemerkt.«
Dann lachte sie. »Du hättest sehen sollen, wie perplex James war, weil er bis zu diesem Abend noch gar nicht bemerkt hatte, daß sie erwachsen ist.«
»Warum sollte er? Sie ist ja schließlich nicht seine Tochter.
Was nicht heißt, daß sie’s nicht sein könnte.«
Georgina hob eine Braue, noch so eine verdammte Angewohnheit, die sie von ihrem Mann übernommen hatte. »Willst du damit andeuten, daß er zu alt für mich ist?« fragte sie belustigt. »Ist er nicht, das kannst du mir glauben.«
Wieder hatte Warren auf Amys Alter angespielt – er würde aufpassen müssen, daß Georgie keinen Verdacht schöpfte. »So war das nicht gemeint.«
Sie schwiegen nun eine Weile, während Georgina ihr Baby behutsam neben sich aufs Bett legte. Gebannt beobachtete er, mit welcher Zärtlichkeit sie über Gesicht und Arme des Babys strich.
Schließlich sagte sie mit einem Seufzer. »Ich nehme an, sie wird bald heiraten.«
»Wer, das Baby?«
Georgina kicherte. »Unsinn. Ich meine natürlich Amy. Sie wird mir bestimmt fehlen, falls sie, wie ihre Schwestern, aufs Land zieht.«
»Wenn du dich vor dem Alleinsein fürchtest, warum kommst du dann nicht nach Hause zurück?« fragte er.
Sie blickte überrascht auf. »Ich war zu Hause öfter allein, als ich es hier bin, Warren. Oder hast du vergessen, daß ihr, du und deine Brüder, so selten daheim wart?«
»Das ist doch jetzt vorbei, seit wir den China-Handel aufgegeben haben.«
»Keiner von euch war je lange zu Hause, egal welchen Hafen ihr angesteuert habt, selbst Boyd, der noch nicht Kapitän ist. Außerdem brauche ich keine Angst zu haben, allein zu sein, jetzt, da mein Mann die meiste Zeit daheim ist.«
Sein verächtlicher Blick sprach Bände, als er entgegnete:
»Weil er keine Verpflichtungen hat, keine anständige Arbeit, keine ...«
»Hör endlich auf, Warren. Oder willst du ihm zum Vorwurf machen, daß er reich ist und nicht arbeiten muß, daß er erreicht hat, wovon jeder Amerikaner träumt?«
Er blickte sie zornig an. »Das habe ich, verdammt noch mal, nicht gemeint. Ich habe mehr Geld, als ich ausgeben kann, aber hast du mich deshalb je untätig zu Hause herumsitzen sehen?«
»James sitzt nicht untätig herum. Er hat, bevor er nach England zurückkam, eine Plantage auf den Westindischen Inseln geführt. Und davor war er Kapitän auf seinem eigenen Schiff
...«
»Willst du etwa damit sagen, daß Piraterie harte Arbeit ist?«
»Er war nicht immer Pirat«, fauchte sie zurück. »Und wir werden jetzt nicht über seine wilden Zeiten reden, denn schließ-
lich haben wir ihn damals noch gar nicht gekannt, von seinen Motiven ganz zu schweigen. Und überhaupt soll, wer im Glas-haus sitzt, nicht mit Steinen werfen. Denn du hast dein Schiff, deinen ganzen Stolz, deine ganze Freude, für eine verdammte Vase aufs Spiel gesetzt, und dann auch noch dein Leben, als dieser chinesische Kriegsherr sie zurückhaben wollte.«
»Eine unbezahlbare verdammte Vase!«
»Es war trotzdem völlig verrückt ...«
»Nicht halb so verrückt wie ...«
Beide verstummten, denn es wurde ihnen jetzt klar, was sie da taten – vielleicht weil Jacqueline während ihres lauten Wortwechsels zu weinen begonnen hatte. Beide erröteten vor
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