Malory
war, stand mittlerweile Panik in dessen Augen, und nun sprang er quer über das Bett, um zur Tür zu gelangen und sich aus dem Staub zu machen. Danny bekam zwar einen seiner Füße zu fassen, als er über sie se-gelte, doch da er so viel Schwung hatte, entglitt er ihr wieder. Immerhin hatte sie so dafür gesorgt, dass der Kerl auf der anderen Seite des Bettes kopfüber auf den Fußboden knallte, doch dort blieb er nicht liegen. Erstaunlich behände für sein Alter rappelte er sich wieder auf und rannte zur Tür hinaus.
Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass er splitternackt war, nahm Jeremy die Verfolgung auf. Danny zog sich hastig Rock und Bluse über, um ihm nachlaufen zu können. Die Tür stand immer noch weit offen. Die Frau auf dem Gang versuchte nicht, ins Zimmer zu spähen.
Wenn sie wirklich Jeremys Cousine war, stand sie vermutlich mit dem Rücken zur Tür dort draußen.
Jeremy kam zurück, als Danny sich gerade fertig angezogen hatte. Er sah so verstimmt aus, dass Danny lachen musste. »Worüber lachst du, zum Henker?« Sein Ton war ebenso missmutig wie seine Miene.
Das Ganze war so eine Komödie der Irrungen, dass Danny nicht anders konnte. »Du bist splitternackt hinter dem Dieb her durch den Flur gelaufen.«
»Und hast mich fürchterlich schockiert!«, hörten sie Amys empörte Stimme von draußen.
»Er wäre weg gewesen, wenn ich mir zuerst meine Hosen geschnappt hätte«, verteidigte Jeremy sich ganz logisch.
»Ihn nackt zu verfolgen hat also geholfen?«, fragte Danny. »Du hast ihn erwischt?«
»Nein«, murmelte Jeremy. »Er hat die schnelle Methode gewählt, die Treppe hinunterzugelangen, er ist nämlich hinuntergefallen. Unten hat er sich aber verdammt fix wieder aufgerafft und ist weitergerannt. Nackt draußen in der Gegend herumzuflitzen geht mir dann doch zu weit, vielen Dank. Vor allem ohne Stiefel.«
»Die Stiefel sind mir egal, aber hast du inzwischen deine Hosen an?«, fragte Amy.
Jeremy verdrehte die Augen und streckte die Hand nach der Hose aus, die Danny ihm hinhielt. Wenig später sagte er in Richtung Tür: »Nun komm schon rein, Kätzchen, und sag mir, was zum Teufel du dir dabei gedacht hast, mitten in der Nacht an meine Tür zu hämmern.«
Amy steckte vorsichtig den Kopf herein, und als sie sah, dass Jeremy mit seinen Hosen halbwegs salonfähig war, trat sie ein und sagte beleidigt: »Ich habe nicht ge-hämmert. Ich war ganz leise, das kannst du mir glauben.«
»Das war sie wirklich«, bestätigte Danny, die inzwischen doch glaubte, dass die Frau Jeremys Cousine war.
Es waren Jeremys Ton und die vertraute Anrede gewesen, die sie überzeugt hatten, doch als sie die Dame nun sah, hegte sie endgültig keinen Zweifel mehr. Die Frau hatte das gleiche pechschwarze Haar wie Jeremy und die gleichen, ein wenig schräg stehenden kobaltblauen Augen. Außerdem war sie atemberaubend schön. Galt das etwa für die ganze Sippe?
»Was machst du eigentlich hier, Amy?«, wollte Jeremy wissen. »Und wann seid ihr, Warren und du, überhaupt nach England zurückgekehrt?«
»Wir sind heute Nachmittag hereingesegelt, vielmehr gestern Nachmittag. Und ich hatte so ein Gefühl ...«
»Du lieber Himmel, das genügt«, fiel Jeremy ihr ins Wort. »Vergiss, dass ich gefragt habe. Mehr will ich gar nicht hören.«
»Ach, sei still«, erwiderte Amy, während sie es sich in einem der gepolsterten Sessel bequem machte.
Jeremy sah sich nach seinem Hemd um, das irgendwo-hin geflogen war, nachdem er es ausgezogen hatte. Er gab sich alle Mühe, seine Cousine nicht zu beachten. Danny setzte sich aufs Bett, da sie ahnte, dass sie so bald nicht wieder zum Schlafen kommen würde.
»Wir haben heute Nachmittag angedockt, oder vielmehr, wir sind in den Hafen gerudert. Warrens Schiff wartet vermutlich immer noch auf die Erlaubnis zum Anlegen. Doch sobald ich einen Fuß auf das Dock gesetzt hatte, beschlich mich eine ganz merkwürdige Ahnung, dass du in irgendeiner Gefahr schwebst. Daher sind wir schnurstracks zu Onkel James gefahren, nur um zu erfahren, dass du während unserer Abwesenheit dein eigenes Anwesen erworben hast. Du warst also nicht dort. Wie gefällt es dir übrigens, allein zu leben?«
»Ausgezeichnet, danke. Du hast meinem Vater aber nichts von deiner Ahnung erzählt, oder?«
»Nein, nein, das konnte ich mir verkneifen. Aber da hatten wir ja auch noch erwartet, dich in deinem neuen Stadthaus anzutreffen. Ich war ziemlich sauer, als ich hörte, dass du für einen Tag fortgefahren warst.
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