Manhattan Projekt
stellvertretender Direktor der Brookhaven National Labs hier auf Long Island – wie?«
Conroy stand angespannt da, ihn fröstelte plötzlich im leichten Wind des späten Nachmittags.
»Sehr schön, Mr. Conroy. Aber für mich wirst du immer Othell Vance bleiben, obwohl du dir da einen mordsmäßigen Job an Land gezogen hast.«
»Danke. Wie hast du mich gefunden?«
»Das war einfach, obwohl du dir nicht einmal die Mühe gemacht hast, mich an Thanksgiving zum Essen einzuladen. Ich habe mich halt auf dem laufenden gehalten. Es ist mir immer eine Freude, einem alten Freund Gutes zu tun. Es gab Zeiten, da konnte ein Schwarzer wie du nur davon träumen, sich eine Stelle wie diese unter den Nagel zu reißen. So wie ich mich erinnere, hast du dich sehr bemüht.«
Harrison Conroy, geborener Othell Vance III., atmete schwer und wünschte sich jetzt seinen Drink zurück.
»Gibst du in deinem Lebenslauf an, daß du früher mal ein Black-Panther gewesen bist?«
»Da ging es nicht um Politik.«
»Ich dachte mehr an Erziehung. Ich meine, du hast bei der Bewegung viel von deinem Handwerk gelernt, findest du nicht? Du könntest ebensogut sagen, daß ich dir zu einem wirklichen Start ins Leben verholfen habe. Ist dir eigentlich klar, daß du diesen bequemen Job zehn Minuten von hier in Brookhaven nur mir zu verdanken hast?«
»Was willst du?«
»Ein bißchen schwimmen, einen Drink, vielleicht nur das.«
»Okay.«
Jack Tyrell paddelte mit dem Sessel zu seinem alten Freund.
»Wie in den guten alten Zeiten. Warum ziehst du keine Badehose an und leistest mir Gesellschaft?«
»Nein, danke.«
»Wozu hast du ein Schwimmbad, wenn du es nicht benutzt?«
»Der Pool gehörte zum Haus dazu.«
»Ein kühler Tag, aber das Wasser ist warm.«
»Es ist geheizt.«
Tyrell schüttelte bewundernd den Kopf. »Ich bin tief beeindruckt. Ein großes Haus mit einem Swimmingpool. Dank sei der Brookhavener Bevölkerung, die dir Geld dafür bezahlt, daß du etwas in die Luft jagst. Der einzige Unterschied zwischen ihnen und mir ist, daß ich dich nie bezahlen mußte, weil du es nicht für Geld getan hast. Es kommt mir fast so vor, als wäre ich dein Agent gewesen.« Er sah sich um. »All das … hast du eigentlich mir zu verdanken.«
»Du brauchst Geld?«
Jack Tyrell schlürfte an seinem Drink, Wodka mit Punch vermutete Othell Vance, oder vielleicht mit Gin. »Kann ich dich etwas fragen, Othell?«
»Sicher.«
»Du gehst doch oft in ein Restaurant?«
»Selbstverständlich.«
»Tolle Läden. Ihr müßt jedesmal reservieren, damit du und deine hübsche Frau Jenny einen Tisch bekommt, richtig?«
Othell nickte, etwas beunruhigt, daß Jack Tyrell den Namen seiner Frau kannte. Es war schon komisch, daß er noch vor zwanzig Jahren für diesen Mann gestorben wäre und daß heute kaum jemand soviel Furcht bei ihm auslösen konnte wie er.
»Wie steht's mit Kino? Gehst du gern ins Kino?«
»Ab und an.«
»In diese neuen Kinos mit einem Sound, daß die Wände wackeln?«
»Multiplex«, erläuterte Othell. »Wo soll das hinführen, Jack?« fragte er und bereute die Frage auf der Stelle.
Jack Tyrell paddelte mit den Armen durch das Wasser, erreichte den Beckenrand und hakte sich mit den Beinen an der Kante fest, damit der aufgeblasene Sessel auf der Stelle blieb. Das Wasser klatschte auf Tyrells durchnäßte Hose.
»Ich gehe nicht viel in öffentliche Restaurants; hab' ich nicht mehr getan, seit wir uns das letzte Mal in der Mercantile Bank sahen, Othell. Ich gehe ins Kino, aber ich komme immer spät, wenn der Film schon angefangen hat und es so dunkel ist, daß mich niemand erkennen kann. Ich verpasse immer den Vorfilm, obwohl der mich eigentlich am meisten interessiert.«
Jack starrte ihn aus zusammengekniffenen Lidern an, seine Augen schienen schwärzer zu werden. Othell kannte diesen Blick nur zu gut. So war er auf den Postern des FBI abgebildet – Jacky Terror, der meistgesuchte Mann Amerikas. Othell stand nur da und schaute auf ihn nieder, seine Haut war feuchtkalt. Im nächsten Augenblick hatte Tyrell Jackie Terrors Ausdruck aus seinem Gesicht gewischt.
»Du weißt, was ich damit sagen will, Othell? Du weißt, was ich will? Ich will das, was mir zusteht. Du bist mir etwas schuldig. Ich brauche deine Hilfe, verdammt noch mal.«
Viele Antworten schossen Othell durch den Sinn, die meisten von der Sorte, die Harrison Conroy sagen würde. Othell wollte jedoch die Rolle, die er heute spielte, in den Vordergrund rücken.
»Ich kann nichts
Weitere Kostenlose Bücher