Mann Ohne Makel
Russland oder Südamerika überflügelt habe, brauche ich noch ein bisschen.«
»Nur Mut, du wirst es schaffen«, sagte Carmen.
»Also Ammann und Meier«, sagte Ossi. »Die schnappen wir uns heute Nachmittag. Und wenn wir gerade dabei sind, die Maklerszene aufzumischen, rufe ich Taut an, damit er jemanden aufs Handelsregister loslässt.«
»Und dann hast du mich in der Hand«, sagte Carmen.
»Genau«, sagte Ossi.
Meier wohnte in einer Villa in Dockenhuden, nahe der Elbchaussee. Vor dem Haus stand ein schwarzer Mercedes der aktuellen S-Klasse. In die weiße Fassade des Hauses war eine schwarze Tür eingelassen. An der Tür hing ein Klöppel aus Messing, den man gegen eine Messingplatte schlagen musste, wenn man wollte, dass die Tür geöffnet wurde. Die Messingplatte hatte unzählige kleine Beulen, sie wurde schon lange benutzt als Klingelersatz. Carmen schlug den Klöppel mehrfach hart auf die Scheibe. Es dauerte nicht lang, die Tür öffnete sich. Ein langer dürrer Mann in einem schwarzen Anzug öffnete die Tür gemächlich. »Sie wünschen?«, fragte er.
»Wir hätten gerne Herrn Meier gesprochen.«
»Herrn Meier zu Riebenschlag.«
Ossi schaute Carmen an. Er sah, wie sie mit dem Lachen kämpfte. »Ja, Herrn Meier«, sagte Ossi. Er hielt dem Butler seine Polizeimarke vor die Augen.
Der Butler verzog sein Gesicht fast unmerklich. »Wenn Sie mir folgen wollen.« Er führte sie in ein Zimmer, das eine Bibliothek darstellen sollte. Die Wände waren bedeckt von alten Buchrücken, viele aus Leder. Ossi schaute sich einige an. »Lauter olle Schinken«, sagte er. »Ranke, Freytag, die sollte ich klauen und Stachelmann schenken.«
»Stachelmann?«, fragte Carmen. »Ist das dein Historikerspezi?«
»Hast du das auch schon mitgekriegt. Vor dir kann man nichts verbergen, überall steckst du deine Nase hinein. Das ist der Historikerspezi, der ab und zu rumspinnt. Zuletzt ist er in Berlin vor eine S-Bahn gestürzt und glaubt seitdem, jemand wolle ihn ermorden.«
»Lustige Type, muss ich mal kennen lernen.«
»Du hast ja einen bemerkenswerten Geschmack.«
»Der Stachelmann ist bestimmt nicht so langweilig wie du.«
Bevor Ossi antworten konnte, öffnete sich die Tür. Ein Mann erschien, gerade und groß, weißes, kurz frisiertes Haar, drahtig, mit einem hart geschnittenen Gesicht. Er trug eine weiße Hose, ein kurzärmeliges weißes Hemd und einen roten Pullunder. Die Kleidung sah teuer aus. Er blieb in einigem Abstand vor Ossi und Carmen stehen und sagte: »Sie kommen von der Polizei?«
»Mordkommission«, sagte Ossi. Er stellte sich und Carmen vor.
Der Mann sagte nichts.
»Sie sind Johann-Peter Meier?«, fragte Carmen.
»Ich bin Johann-Peter Meier zu Riebenschlag.«
»Sie hatten bis 1979 eine Maklerfirma, die sie unter dem Namen Meier führten.«
Meier nickte.
»Seit wann nennen Sie sich Meier zu Riebenschlag?«
»Ich nenne mich nicht, ich heiße so. Ich wurde 1983 adoptiert von Herrn zu Riebenschlag.«
»Warum?« Carmen konnte ihr Erstaunen nicht verbergen.
»Hat das etwas mit Ihrer Frage nach meiner Firma zu tun?«
»Was haben Sie Herrn zu Riebenschlag bezahlt dafür, dass Sie seinen Namen tragen dürfen?«
Meier rümpfte die Nase.
»Warum haben Sie 1979 verkauft?«
»Ich hätte nicht verkauft, wenn nicht Holler hätte kaufen wollen. Er hat mich bedrängt und bedroht. Er war lästig wie eine Klette, ich wurde ihn nicht los. Wenn ich morgens ins Büro kam, hatte er schon meine Sekretärin verrückt gemacht oder den Anrufbeantworter voll gesprochen.«
»Sie haben verkauft, weil Herr Holler Ihnen auf die Nerven gegangen ist?«
»Ja.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Ossi.
»Mag sein«, erwiderte Meier. Es klang blasiert.
»Und nach dem Verkauf hat Holler Ihnen einen Teil des Verkaufpreises wieder abgeknöpft.«
Meier schaute Ossi überrascht an. »So kann man es sehen«, sagte er.
»Sie haben freiwillig einen Teil des Kaufpreises zurückgegeben? Das begreife ich nicht.«
»Mag sein«, sagte Meier.
»Herr Meier, wir ermitteln in einem Mordfall. Da ist unsere Bereitschaft, uns hinhalten zu lassen, vergleichsweise gering ausgeprägt. Vielleicht beantworten Sie jetzt unsere Fragen, und die Sache ist erledigt. Wir können uns natürlich auch im Präsidium wiedersehen, wenn es Ihnen konveniert.« Carmen klang mindestens genauso blasiert wie Meier.
»Ein Mordfall?«
»Es geht um mehrere Morde«, sagte Ossi. Er staunte über Carmens Verwandlungskünste.
»Sie sollten aber, wenn Sie mir die
Weitere Kostenlose Bücher