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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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umränderten Anzeigen. Er hielt sie seinem Vater hin. »Hier – sieh es dir an. Gefallen für Führer und Großdeutschland. In stolzer Trauer … Wärest du auch stolz, wenn Christian –«
    »Schweig!« rief Schütze. »Man spricht nicht darüber.« Er wandte sich dem bleichen Christian zu. »Hast du Angst gehabt, mein Junge?«
    »N-ein, Vater«, antwortete Christian stockend. »Man hat gar keine Zeit dazu.«
    »Angst scheinen nur die Mütter zu haben.« Amelia saß steif zu Füßen ihres Sohnes. »Aber diese Angst ist ja noch nie bis zu den Männern durchgedrungen –«
    Vier Tage blieb Hauptmann Schütze in Schneidemühl. Er saß am Bett seines Sohnes, hörte sich die Erlebnisse der anderen Soldaten an und erzählte im Ärztekasino des Lazaretts von seinem eigenen Vormarsch. Auch den Vorfall in Plosk erwähnte er. Die Kriegsgerichtsverhandlung.
    »Das sind Entwicklungserscheinungen«, sagte einer der Stabsärzte und winkte ab. »Wir kennen es aus der Medizin als Wachstumsstörungen. Sie werden sehen, lieber Hauptmann … es pendelt sich alles ein. Wichtig ist, daß man eines in der Welt erkannt haben wird: Deutschland ist unbesiegbar!«
    Darauf stieß man an und war eigentlich allesamt einer Meinung.
    *
    Am 10. Mai 1940 begriffen die Luxemburger und Belgier, die Holländer und die Nordfranzosen nicht, was sie sahen:
    Deutsche Truppen überschwemmten ihre Länder. Starke Panzergeschwader unter dem Befehl des Generals Guderian rollten über die Grenzen. Wieder donnerten die Ketten der Stukas unter dem blauen Himmel und zerfetzten die Städte, die Bunker der Maginotlinie, die aufgeschreckten Truppenansammlungen, die Flugplätze. In wuchtigen Stoßkeilen rückten die deutschen Panzerdivisionen von Norden her gegen den französischen Gegner vor. Das Zaudern des französischen Generalstabschefs Gamelin, der am 3. September 1939 nicht in den Polenkrieg eingreifen wollte, weil die französische Armee noch zu schwach war, verhalf Hitler zu einer achtmonatigen Aufrüstungspause. Was jetzt gegen Paris anrollte, was Belgien niederwalzte, die Holländer vor sich hertrieb, das waren Armeen, deren Stoßkraft nicht mehr zu brechen war.
    In Namur, auf den zerborstenen Steinen eines Hauses sitzend und seine Suppe aus dem Feldgeschirr löffelnd, traf Hauptmann Schütze auf eine Sanitätskolonne, die langsam durch die Straßen fuhr in Richtung Charleroi.
    Die Kompagnie saß verstreut an der Straße und rastete. Sie war seit fünf Tagen fast nur unterwegs, mit kleinen Rastpausen, die gerade ausreichten, die wundgescheuerten Füße zu pudern oder eine Mütze voll Schlaf über die zitternden Nerven zu gießen.
    Auch Heinrich Emanuel Schütze war körperlich fertig. Er würgte das Essen in sich hinein. Er war selbst zu müde zum Schlucken. Sich nach hinten fallen lassen und schlafen … das war die einzige große Sehnsucht dieser Tage.
    Aber der Vormarsch ging weiter … er lief schneller, als die Strategen errechnet hatten. Die Panzerkeile zerrissen die gegnerischen Truppen. Ihnen voraus gingen die Bombardements der Stukas. Wenn dann die deutsche Infanterie nachrückte, fand sie bebende, demoralisierte Soldaten vor. Nervenbündel, die sich willenlos abführen ließen. Das Grauen, das aus der Luft über sie ausgeschüttet worden war, hatte alles übertroffen, was man ihnen vorher erzählt hatte.
    Vor Hauptmann Schütze hielt einer der Sanitätswagen. Als die Bremsen knirschten, sah Schütze müde auf. Ein Gesicht erschien im Fenster und eine Hand winkte ihm zu.
    »Gott grüß Sie, Hauptmann!« rief eine Stimme. »Wie immer dabei?«
    Schütze stellte sein Kochgeschirr hin und stand auf. Sein Rücken schmerzte, aber er straffte sich. Der Ton der Anrede war freundlich, doch irgendwie las er Ironie heraus. Das machte ihn abwehrend.
    Er musterte das Gesicht im Wagenfenster und dachte nach. Bekannt war es ihm. Aber woher kannte er es? Woher bloß? Es mußte lange her sein … viele Jahre …
    »Man vergißt so leicht, was?« sagte der Mann im Auto. Dann stieg er aus. Es war ein Oberstabsarzt. »Statt aufgerissene Leiber behandelte ich auch lieber Kinder –«
    »Dr. Langwehr –«, sagte Schütze verblüfft. »Sie sind es wirklich?« Er streckte ihm beide Hände hin. »Das freut mich, Sie noch einmal zu sehen.«
    »Mich auch!« Dr. Langwehr war alt geworden. Seine weißen Haare quollen unter der Feldmütze hervor. »Kein Krieg ohne Schütze –«
    »Fangen Sie schon wieder an?« Heinrich Emanuel lachte. Aber innerlich lauerte er. Dr. Langwehr

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