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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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geputzt.«
    »Blitzt und glänzt wie nagelneu.« Er versuchte, sie frech anzugrinsen, dann stand er auf. Er sah müde aus, und graue Ringe umgaben seine Augen. Sie wusste, dass er nur spaßte. Im Leben nicht würde das Ministerium ihr die Rückkehr in die Wohnung gestatten.
    »Nimmst du wieder das softe Zeug?«, fragte sie mit einem Blick auf die Abbauprodukte in seinem Blut. Gefleckte Lederhaut. Aufgedunsenes Gesicht. Entwässerung. Er war blau. Sie wünschte, er würde etwas Anständiges essen und sich ein bisschen Schlaf gönnen.
    »So schlimm ist es nicht.« Er zuckte mit den Schultern und wich ihrem Blick aus.
    »Was tut das Ministerium?«
    »Sie haben sich vermehrt«, sagte Dan und hob den Arm, um sich durch das dicke Material des Anzugs den Kopf zu kratzen. »Ich glaube eigentlich nicht, dass hier noch irgendeiner übrig ist, der nicht für den einen oder anderen spioniert, einschließlich der anderen Patienten. Und die Polizisten sind plötzlich alle zu Leuten von der Special Branch [3] oder großen grünen Armeesoldaten mit Gewehren mutiert. Sie haben mich verhaftet, weißt du, weil ich McAlister niedergeschlagen habe. Aber das war’s mir wirklich wert.« Ihm gelang ein Zucken der Augenbrauen. »Dieser Militärbulle machte ganz auf Macho und wollte meine Nummer. Ich glaube, er interessiert sich für mich.«
    »Du hast immer ein Glück.« Sie lächelte, auch wenn es sie Mühe kostete, denn in seinen Augen war kein Leben.
    »Natalie, ich …«, begann er, plötzlich ernst, und starrte auf die dicke Umhüllung seiner Schuhe.
    Sie wartete, doch er schüttelte nur den Kopf, ohne sagen zu können, was er auf dem Herzen hatte. Als er sie wieder ansah und sie ihn aufmunternd angrinste, lief ihr plötzlich ein kalter Schauer über den Rücken, solch einen Blick warf er ihr zu.
    Dan hatte sie verkauft. Das war ihr sofort klar.
    Sie versuchte zu reden, aber es ging nicht. Es schmerzte schlimmer als ein Dolchstoß in die Brust.
    »Tut mir Leid«, sagte er und trat durch die Tür in die Luftschleuse, ohne sich noch einmal umzublicken.
    »Nein, warte!«, rief sie und sprang auf, um ihn einzuholen, doch sie kam zu spät. Die Tür fuhr ihr vor der Nase zu, und sosehr sie auch dagegen trat und hämmerte, sie richtete nichts aus.
    Niedergeschmettert begann sie das Zimmer zu durchmessen. Sie beschwor den Augenblick der Erkenntnis wieder herauf und zerpflückte ihn, um zu sehen, ob dort nicht noch mehr verborgen war, fand aber nichts. Dan hatte etwas Schlimmes getan, das mit ihr zusammenhing. Vielleicht hatte er es nicht gewollt, aber er war schwach und hatte es getan. Er hasste sich dafür.
    Was hatte er getan?
    Natalie wusste, dass sie nicht im Quarantänezimmer bleiben durfte. Sie musste hinaus und Dan dazu bringen, ihr seine Tat zu offenbaren. Steckte er in größeren Schwierigkeiten, als sie gedacht hatte? Konnte es mit diesem Ausbund von Trunkenbold zusammenhängen, mit Ray Innis? Doch nun schmerzte ihr der Kopf so schlimm, dass sie sich hinlegen musste. Wenn sie nicht genau gewusst hätte, dass es im Gehirn keine Sinnesrezeptoren gab, würde sie geglaubt haben, die NervePath-Winzlinge wehrten sich schwach gegen ihre vorzeitige Ruhigstellung. Sie wollten sich weiter ausbreiten und alles sehen, was es zu sehen gab.
    Obwohl sie sich wegen Dan den Kopf zerbrach, galten die Seelenqualen zum Teil ihr selbst. Sie war soeben zum wichtigsten Versuchskaninchen auf der ganzen Welt geworden; eine nicht ganz gefahrlose Situation. Es brauchte nur eine Person mit einem funktionierenden Programm und einem NP-Scanner, und sie war leichte Beute für alle möglichen Tests und Experimente. Der einzige Ausweg bestand darin, die NervePath-Technik in situ physisch zu vernichten, und sie wusste nicht, wie das gehen sollte, ohne sich selbst zu töten. Ihr blieb nur eine Chance: mitzuspielen bei allem, was das Ministerium von ihr verlangte, und bei der ersten Gelegenheit zu verschwinden. Und selbst dieses Szenarium erschien ihr bedrückend aussichtslos.
    Insgeheim hatte Natalie eine Theorie, was in den Sekunden geschehen war, in denen der arme Bobby sich verwandelt hatte. Sie sparte sie sich auf, falls ihr Vater die Zeit fand, sie zu besuchen. Die Tochter in ihr, die sich noch erinnerte, wie er sie ins McKillick-Krankenhaus eingewiesen hatte, wollte sehen, ob ihm davon der Kopf explodierte. Doch als er sie dann besuchte, schnitten sie dieses Thema zu ihrer Überraschung nicht an.
    »Dad, wo ist Bobby?«
    »Ich habe nicht die leiseste Idee«,

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