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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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ihnen jemand auf die Spur gekommen ist. Normalerweise sollen wir dem NSC [1] nicht auf die Zehen treten. Aber das …« Er bemühte sich, solch einen gravierenden Bruch mit dem Prozedere zu rechtfertigen, wenn auch nur vor sich selbst. »Das ist etwas Persönliches. Ich habe Ihren Namen bei einer Suche im Netz gefunden. Mein Datapilot hat Sie als wahrscheinlichste Kandidatin ausgesucht, an die ich mich um Hilfe wenden kann.«
    »Da muss ich wohl ein interessantes Profil haben«, entgegnete sie und blickte fast schalkhaft zu ihm hoch. Das Lachen lag auf der rechten Hälfte ihres Gesichts und verweilte auch ein wenig auf der linken. »Dafür können Sie vom Fleck weg verhaftet und auf unbestimmte Zeit weggeschlossen werden.« Sie gab ihm das Pad zurück. »Haben Sie das gewusst?«
    »Ich musste ein Risiko eingehen.«
    Sie nickte. »Und wenn ich Ihnen helfe, sind Sie nicht der Einzige, der gegen das Gesetz verstößt. Man bringt noch heute Leute um, die weniger auf dem Kerbholz haben.«
    Ihm blieb nichts anderes übrig als abzuwarten und sie zu beobachten. Sie wich seinem Blick nicht aus, kniff aber leicht die Augen zusammen und versuchte, ihm bis in die Seele zu schauen. Wenn sie ablehnte, wüsste er nicht mehr, was er tun sollte; dann müsste er nach Hause zurückkehren und eingestehen, versagt zu haben. Er dachte an das Gesicht seiner Schwester und an die roten, leuchtenden Narben, die es überzogen.
    »Ich muss das genauer durchlesen, ehe ich entscheiden kann, ob NervePath für diese Vorfälle verantwortlich sein könnte«, sagte Armstrong, nachdem zehn Sekunden verstrichen waren. Sie stieß die Hände in die Taschen ihres weißen Labormantels und zuckte mit den Schultern, als wollte sie das Gewicht der Entscheidung abschütteln. Dann drückte sie Tasten an der Luftschleuse, um die Außentür zu öffnen. »Bevor ich damit anfange … wie stehen Sie zu solchen Methoden? Sollte sich herausstellen, dass Ihr Verdacht zutrifft und Ihre Regierung sich wegen militärischer oder nationaler Anwendungen damit befasst – was dann? Und was wird aus mir?«
    Er brauchte eine oder zwei Sekunden, um zu begreifen, dass sie damit bereits eingewilligt hatte, ihm zu helfen.
    »Ich hatte eigentlich gehofft, dass es anders wäre«, sagte Jude bedächtig und sah, dass diese alberne Idee ihr nur ein zynisches Nicken abnötigte. In seiner Erleichterung grinste er und sagte: »Wissen Sie, wenn Sie nicht die Jennifer vom Notruftelefon spielen, sind Sie jemand ganz anderes.«
    »Nicht immer«, entgegnete sie. »Nur wenn man mich zum Hochverrat auffordert.« Sie warf ihm einen Seitenblick zu, der scheu wirkte, wie er fand, ohne dass er ihn begriff.
    »So.« Er spürte, wie sich ihm eine Last von den Schultern hob und ins Zentrum seines Herzens senkte. »Es ist also wahr.« Ihm war, als müsste er sich entweder setzen oder zusammenbrechen, doch in der Schleuse gab es keine Stühle, nur den harten Fußboden.
    »Ich finde, wir sollten unser Gespräch jetzt wirklich beenden«, sagte sie. »Schlau von Ihnen, sich eine Luftschleuse auszusuchen. Keine Mikros.« Sie neigte den Kopf zu ihm und gestand ihm einen Punkt zu.
    Jude stellte fest, dass er sie noch immer anlächelte.
     
    Natalie betrachtete Jude eindringlich und sah einen Menschen vor sich, der soeben einen Schock erlitten hatte. Sie fragte: »Sie heißen wirklich Jude?«
    »Ja.«
    Sie nickte bedächtig. Er war tatsächlich das Risiko eingegangen, mit der Wahrheit zu beginnen. Zur Lüge hatte er sich gezwungen gesehen. Andererseits warf das Problem so viele unbeantwortete Fragen auf, dass sie sich gar nicht damit befassen mochte. Sie war selbst überrascht gewesen, als sie zustimmte – wahrscheinlich hatte sie es nur getan, um einen Vorwand zu haben, ihn wiederzusehen. Sie spürte, wie die weitreichenden Konsequenzen dieser Dummheit sich in ihr regten, als wäre sie eine Marionette, die an den Fäden der Zukunft tanzte, aber sie sagte: »Okay. Lassen Sie das bei mir. Ich möchte aber ganz genau wissen, wie Ihre Schwester es in die Hände bekommen hat. Was sie Ihnen darüber gesagt hat, was es bewirkt hat, wie sie zu ihrer Meinung kommt.«
    »Sie glauben, sie könnte lügen?« Er war erstaunt.
    »Sie etwa nicht?« Natalie schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Meinen Sie vielleicht, die Leute tragen so etwas in der Öffentlichkeit mit sich herum? Nein, niemals. War es schon in diesem Format, als sie es bekommen hat?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »War es schon auf solch einer Disk. Oder ist das

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