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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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akzeptierte die Dateien und sendete seine Antworten auf die letzten ihrer Anfragen: Personalverlegungen, abgerechnete Arbeitsstunden, Benutzungsprotokolle der wichtigsten Großgeräte und ähnlichen langweiligen Verwaltungskram. Niemals bat Carter ihn um irgendwelche Heimlichkeiten, zum Beispiel, jemandem nachzuspüren oder Gespräche aufzuzeichnen, und dafür war er dankbar, denn für Carter hätte er es vermutlich getan und damit wieder die Grenze zum bösen Dan überschritten.
    Ihr Gesicht, wenn es ihr wirklich gehörte, war gelassen. »Gute Arbeit, Dan«, sagte sie. »Ich melde mich. Übliche Zeit, üblicher Ort.«
    Nein, nicht wegen Shelagh Carter kam er zu spät, sondern weil er vergessen hatte, die Sandwiches zu besorgen, und als es ihm endlich einfiel, gab es im Laden keine mehr. Eine halbe Meile musste er zum nächsten Geschäft laufen, bevor er etwas auftrieb. Im Trab, den Kopf gesenkt, mit hängendem Pony und außer Atem rannte er zur Klinik zurück und lief geradewegs in einen Ingenieur hinein, der mit einem großen Flugkoffer aus Metall in der Hand aus der Drehtür trat. Der Wachmann musste ihnen helfen, das ganze Zeug aufzuheben, das aus dem Koffer gefallen war – die Eier und die Kresse vom Teppich zu pflücken und wieder zwischen die Brotscheiben zu legen.
    Erneut ein Dilemma. Eier und Kresse gehörten auf Natalies Sandwich. Dans Sandwich war mit Käse und Gurken belegt. Konnte er sie austauschen? Würden ihr ein paar Nylonfasern überhaupt auffallen? Nein, wahrscheinlich nicht. Ihr Magen wurde auch mit zwei Tage alter Pizza und kalten Currygerichten fertig. Natalie würde es nichts ausmachen. Sie würde glauben, der Laden wäre dafür verantwortlich.
    Als die Sandwiches wieder zusammengelegt waren, so wie Humpty, wenn er es je geschafft hätte, wieder auf die Mauer zu klettern, sah Dan dem Kerl, mit dem er zusammengeprallt war, in die Augen und dachte: Der kommt mir bekannt vor. Hat er nicht erst vor einer Stunde vor dem Pub gesessen? Aber das konnte nicht sein. Der Bursche war jung und schick gewesen, dieser Ingenieur war älter, rauer und erschöpft. Er bedachte Dan mit einem müden Blick, als wünschte er ihm von Herzen, von einem Bus überfahren zu werden. Doch als Dan sich entschuldigte, entgegnete er: »He, kein Problem. Seien Sie das nächste Mal ’n bisschen vorsichtiger«, und seine Stimme klang genauso dunkel, amerikanisch und freundlich, wie Dan es sich vorgestellt hatte.
    Er fragte sich, ob er Carter von diesem Zwischenfall berichten sollte. Dann fiel ihm ein, dass er eine ganze Stunde zu spät dran war, und er wollte schon wieder losrennen, als der Wachmann ihn anbrüllte, er möge langsamer laufen. Na, was Shelagh nicht wusste, machte sie nicht heiß. Er nahm sich vor, Natalie davon zu erzählen. Und wenn der Kerl während der Arbeit häufiger in den Pub ging, sah Dan ihn vielleicht wieder.
    Natalie war in ihrem Büro. Sie stürzte sich auf das Sandwich, wickelte es aus und biss hinein, ohne die Augen von ihrer Arbeit zu nehmen. »Komm tschu schpät schur Beschpreschung«, sagte sie mit vollem Mund und wies mit dem Zeigefinger auf Dan. »Du bischt ein blöder Hund. Verpisch disch und mach disch an die Arbeit.«
    »Wir sehen uns dann zu Hause, Süße«, entgegnete er. »Guten Appetit!«
    Natalie. Sie war ein prima Kumpel. Von einem Ohr zum anderen grinsend, schwang Dan sich aus dem Büro und eilte auf einen Kaffee in die Personalkantine.

 
3
     
     
    Jude streifte Kleidung, Ausrüstung und Identität des Serviceingenieurs ab, kaum dass er sicher war, weit genug von der Klinik und ihrem Wachpersonal entfernt zu sein. Er checkte sich am Hilton aus und zog in eine Pension auf der Fulton Road. In dieser Pension kam es ihm vor, als wäre er privat bei jemandem zu Gast – das Zimmer war klein und übermäßig verspielt feminin dekoriert –, doch die Pension lag unweit der Wenlock Terrace, wo Natalie Armstrong, wie er wusste, mit dem gleichen Kerl zusammenlebte, der ihn vor der Klinik umgerannt hatte. Nun, da er im Sicherheitssystem der Klinik verzeichnet stand, ging er ein erhöhtes Risiko ein, wenn er in der Stadt blieb, doch in den nächsten vierundzwanzig Stunden hatte er vermutlich noch nichts zu befürchten. Sein Pad jedenfalls schied aus, um sich mit dessen Hilfe mit White Horse in Verbindung zu setzen; das Gerät wurde von wenigstens einer Gruppe in den Staaten angezapft. Um seine Halbschwester anzurufen, musste er daher einen öffentlichen Fernsprecher suchen, der seinen

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