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Marais-Fieber

Marais-Fieber

Titel: Marais-Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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auf“,
flüsterte sie und klopfte leicht mit dem Fuß.
    Plötzlich knallte der Hörer
metallisch auf die Gabel Madame Jacquier kam wieder zu uns.
    „Was soll das Getuschel?“
fragte sie mißtrauisch.
    Ich tischte ihr ein leicht
verdauliches Märchen auf.
    „Und?“ fragte ich dann. „Maître
Dianoux?“
    Sie hob ärgerlich die
Schultern.
    „Er hat mich wie ‘ne verrückte
Alte behandelt, oder fast so. Wie immer. Er meint, wir müssen nur warten. Eine
Sache von Tagen. Bloß kein Geld ausgeben. Dazu sei immer noch Zeit.“
    „Ist er dagegen?“ wollte Odette
wissen.
    „Er stellt es mir frei... Unter
diesen Umständen werde ich... Ich werde Ihnen einen Scheck geben, Monsieur
Burma. In Geldsachen hört die Freundschaft auf...“
    Und: Schmiede das Eisen,
solange es heiß ist. Einverstanden. Sie wollte nicht in die Gefahr kommen, ihre
Meinung noch einmal zu ändern. Also rauschte sie aus dem Salon, wahrscheinlich
in Richtung Schreibtisch.
    Ich blieb mit Odette alleine.
    „Mama macht bestimmt einen
seltsamen Eindruck auf Sie“, begann das Mädchen nach einem verlegenen Hüsteln.
    „Sie ist amüsant“, erwiderte
ich.
    Ich sah das Mädchen an:
    „...Machen Sie nicht immer so
ein Gesicht. Macht Sie nur häßlich. Ich hab ihr nichts gesagt, wenn Sie das
immer noch quält.“
    „Vielen Dank, Monsieur Burma.“
    „Behalten Sie Ihren Dank. Ich
hab ihr nichts zu sagen. Wollte nur ein paar Informationen über diesen Badoux.
Aber ich hab mich wohl in der Tür geirrt. Auch gut...Aber wie Sie schon so
richtig sagten: Ich hab meine Zeit trotzdem nicht vergeudet. Jetzt soll ich
mich um Ihren Stiefvater kümmern.“
    „Kennen Sie sich denn mit so
was aus? ... Ach, wie dumm von mir! Natürlich!“
    „Normalerweise sind meine
Aufträge schwieriger.“ Madame Jacquier kam zurück.
    „Hier ist Ihr Scheck“, sagte
sie. „Ist das genug?“
    Ich warf einen Blick auf die
Zahl.
    „Das ist viel zuviel.“
    „Was sein muß, muß sein.“
    „Haben Sie vielen Dank.“
    Ich faltete das rosa Stück
Papier.
    „...Ich hoffe für mich, diese
Miss Pearl bringt Ihren Mann im Requisitenkoffer mit nach Paris. Dann brauch
ich ihn nur noch zu Maître Dianoux schleppen, wenn nötig mit Gewalt. Im
Augenblick benötige ich wohl keine weiteren Informationen. Vielleicht noch ein
Foto. Falls ich eingehender nach ihm suchen muß...“
    „Ich kann Ihnen sofort eins
geben, wenn Sie wollen“, rief Madame Jacquier. „An den Fotos hänge ich nicht
sehr...so ein Windhund! ...“
    Sie wirbelte herum und rauschte
zu einem kleinen Möbelstück, dessen Gebrauchswert nicht ganz klar war. Kurzes
Rascheln in einer Schublade, dann reichte sie mir ein Foto in Postkartenformat.
    Ein vierzigjähriger Mann
lächelte mir entgegen. Ziemlich hübscher Kerl mit leicht schütterem Haar und
etwas dicker Nase. Ich persönlich hätte wegen ihm keine Dummheiten gemacht.
Allerdings bin ich auch weder Witwe noch Trapezkünstlerin.
    Ich steckte Bild und Scheck in
meine Brieftasche. Niemand lud mich zum Essen ein. Also verabschiedete ich
mich.
     
    * * *
     
    Meine Concierge war noch
aufgeblieben, um mir ein Päckchen zu geben.
    „Hat Ihre Sekretärin
hiergelassen“, sagte sie und sah mich seltsam an.
    Die rosa Papiertüte mit der
eleganten Aufschrift in Vergißmeinnichtblau: ROSY-ANNE, Damenunterwäsche, Strümpfe. Die
neugierige Alte hatte sicher den Inhalt untersucht: der verführerische
Nylonslip, durch dessen Kauf wir uns nähergekommen waren, Odette und ich. In meiner
Wohnung las ich dann noch eine Notiz in Hélènes etwas verschnörkelter
Handschrift: „Das haben Sie vergessen. Können Sie vielleicht noch gebrauchen.
Ein Vorwand, sie wiederzusehen.“ Das Mädchen hatte wohl zuviel Zeit und zuviel
Geld. Einen Umweg in Kauf zu nehmen, nur um sich über mich lustig zu machen!
    Das Telefon unterbrach mein Geschimpfe. Ich nahm den Hörer ab.
    „Hallo?“ Hélènes Stimme.
    „Büro für erotische
Fundsachen“, antwortete ich.
    „Haben Sie’s bekommen?“ lachte
sie.
    „Hab’s in der Hand, ist noch
ganz warm. Rufen Sie mich deshalb an?“
    Sie wurde ernst.
    „Nein, wegen Zavatter. Sie
hatten recht, mit dem Geld.“
    „Aha. Hat wohl keine Lust mehr,
sich umsonst abzurackern, hm?“
    „Das hat er nicht offen
zugegeben, aber so ungefähr. Er muß dringend verreisen...“
    „Ans Sterbebett einer alten
Tante?“
    „Ja.“
    „So ein Blödmann! Ich hab
gerade Geld gekriegt. Aber davon sieht der keinen Sou. Also, er beschattet
diesen Badoux nicht mehr?“
    „Er

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