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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Rändern aus, die so hoch waren, daß sie häufig über das Leinwanddach des Wagens hinausreichten. Vielleicht hat man die Räder größer und immer größer bauen müssen, schon allein damit die Achsen ungehindert über den Erdbuckel hinwegrollten, der sich zwischen den beiden Radfurchen gebildet hatte. Außerdem wies ein jeder Wagen eine Planenbedachung auf, die über dem Fahrersitz vorn hinausragte, um den Fahrer vor widrigem Wetter zu schützen. Diese Bedachung wurde mittels Stangen beträchtlich weit nach vorn gezogen, so daß auch die Zugtiere - Pferde, Ochsen oder Esel vor den Unbilden der Witterung geschützt wurden.
    Ich hatte schon viel über Klugheit, Erfindungsreichtum und Geschicklichkeit der Einwohner Kithais gehört, jetzt jedoch hatte ich Grund, mich zu fragen, ob diese Eigenschaften nicht doch überbewertet werden. Gewiß, jeder Wagen hatte eine Dachplane, um Wagenlenker wie Zugtiere zu beschützen, und vielleicht ist das eine kluge Erfindung. Aber jeder Wagen mußte auch mehrere Ersatzachsen für die Räder mitführen, einfach deshalb, weil jede einzelne Provinz in Kit hai ihre eigene Vorstellung darüber hat, wie groß der Radstand zu sein habe, und selbstverständlich hatten die Wagen der hier Ansässigen längst Radfurchen in ebendiesem Abstand hinterlassen. So ist der Abstand zwischen den beiden Radfurchen zum Beispiel auf jener Strecke der Seidenstraße sehr groß, die durch Sin-kiang führt, eng hingegen in der Provinz Tsing-hai, in Ho-nan wieder breiter, wenn auch nicht mehr ganz so breit wie in Sin-kiang, und so weiter und so fort. Einem Fuhrmann, der eine lange Strecke auf der Seidenstraße zurücklegen muß, bleibt nichts anderes übrig, als ab und zu mühselig Räder und Achsen abzubauen, die Achsen auszuwechseln und die Räder wieder aufzusetzen.
    Jedes Zugtier trug unterm Schwanz einen Netzbeutel, damit der unterwegs fallende Kot nicht verlorenging. Dabei dachte man nicht so sehr daran, die Straße sauberzuhalten oder Menschen, die hinter einem herkamen, Ärger zu ersparen. Wir befanden uns jetzt außerhalb jener Region, wo die Erde voll war von brennbarem kara-Stein, den jeder sich nur zu holen brauchte; deshalb hortete jeder Fuhrmann sorgfältig den Kot seiner Tiere, um damit das Lagerfeuer zu unterhalten, auf dem er seinen Hammel, sein miàn und seinen cha bereiten wollte.
    Wir begegneten vielen Schafherden, die zum Markt oder auf die Weide getrieben wurden; diese Schafe waren mit einem eigentümlichen Anhängsel ausgestattet. Sie gehörten der Fettschwanzrasse an, der man überall im Osten begegnet, aber so fettschwänzige wie diese hatte ich noch nie zuvor erlebt. Der keulendicke Schwanz des Schafes konnte gut und gern zehn oder zwölf Pfund wiegen, was nahezu ein Zehntel des gesamten Körpergewichts war. Für das Tier stellte er eine regelrechte Last dar, allerdings gilt dieser Teil als der schmackhafteste des gesamten Tiers. Aus diesem Grunde war jedes Schaf mit einem leichten Zuggeschirr aus Tauwerk ausgestattet, an dem es ein kleines Brett hinter sich herzieht; auf diesem Brett wird der Schwanz unbeschadet über Stock und Stein und Schmutz hinweggetragen. Wir begegneten auch vielen Schweineherden, die vorbeigetrieben wurden, und auch bei ihnen konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie eine ähnliche Vorrichtung sehr wohl hätten gebrauchen können. Die Kithaier Schweine gehören gleichfalls einer ganz bestimmten Art an, sie sind langgestreckt, weisen einen lächerlich durchgebogenen Rücken auf, daß ihr Bauch praktisch über den Boden schleift. Ich fragte mich, warum die Schweinehirten noch nicht darauf gekommen waren, die Tiere mit so etwas wie Stützrädern für den Hängebauch auszustatten.
    Unsere Begleiter, Ussu und Donduk, hatten für die Gefährte auf Rädern sowie für die langsam dahintrottenden Herden nichts als Verachtung übrig. Sie waren Mongolen und deshalb der Meinung, Vorrang auf Straßen hätten in jedem Fall Reiter auf Pferden. Sie murrten darüber, daß der Khakhan Kubilai bis jetzt noch nicht sein vor einiger Zeit gemachtes Versprechen wahr gemacht und jedes kleinste Hindernis auf den Ebenen Kithais fortgeräumt hätte, damit ein Reiter auch im Dunkel der Nacht ohne zu stolpern durchs ganze Land sprengen könne. Selbstverständlich stellte es ihre Geduld auf eine harte Probe, daß wir Packpferde dabei hatten und infolgedessen nur in gemächlichem Tempo vorankamen, statt munter draufloszugaloppieren. Deshalb suchten sie ab und zu nach einer

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