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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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hatte, sein Glück auf der Seidenstraße zu machen, seine Erfahrung und seinen Rat sowie Zugang zu unserer Sammlung von Land-und Seekarten an. Im allgemeinen waren es junge Leute, die ihn baten, sie einzuweisen, doch ein paar waren auch schon so alt wie ich. Für einen ausgehandelten Prozentsatz vom Gewinn der möglichen ersten und erfolgreich verlaufenen Handelsexpedition
    -nach Baghdad, Balkh oder sonstwohin im Orient, und wenn es bis ins ferne Khanbalik gehen sollte -stattete Nicolò Polo den Abenteurerlehrling mit sämtlichen nützlichen Informationen aus, die ihm zu Gebote standen, ließ den Lehrling die Route von unseren eigenen Karten kopieren, brachte ihm ein paar nützliche und notwendige Sätze in der Handelssprache Farsi bei, ja, nannte dem Lehrling sogar Namen von Kaufleuten, Kameltreibern, Führern, Stallburschen und dergleichen, an die er sich erinnerte. Garantieren tat er nichts -schließlich konnte sein ganzes Wissen heute längst überholt sein. Nur brauchte der Abenteurerlehrling ihm ja auch nichts für die Unterweisung zu zahlen, es sei denn, er kehrte mit Gewinn von der Reise zurück. Wie ich mich erinnere, machten sich etliche Neulinge in die Richtung auf, in die Maistro Polo zweimal vorgestoßen war, und manche kamen ganz aus Persien wieder zurück, und ein oder zwei von ihnen kehrten als wohlhabende Leute heim und bezahlten, was sie meinem Vater schuldeten. Ich glaube jedoch, mein Vater hätte auch dann fortgefahren, dieser wunderlichen Beschäftigung nachzugehen, wenn sie ihm nie auch nur einen bagarin eingebracht hätte, denn in gewisser Hinsicht sorgte sie dafür, daß er im Geiste immer noch weite Reisen unternahm bis in seine letzten Jahre hinein.
    Die Folge davon war jedoch, daß ich, der ich frei und ungebunden gewesen war wie der Wind und reiselustig wie nur irgendeiner von ihnen -, daß ich plötzlich meine weitgespannten Horizonte auf das tägliche Micheinfinden im Kontor oder Lagerhaus der Compagnia eingeengt sah, das zweimal täglich eine Unterbrechung durch Spazierengehen und Geplauder auf dem Rialto erfuhr. Doch dieser Aufgabe war ich verpflichtet; irgend jemand mußte die Compagnia Polo weiterführen; mein Vater hatte sich de facto von den Geschäften zurückgezogen, und Onkel Mafio war nach wie vor ein ans Haus gefesselter Invalide und sollte es immer bleiben. Auch in Konstantinopel zog sich mein ältester Onkel nach und nach aus dem Geschäft zurück (und starb, wie ich glaube, bald darauf an Langeweile).
    So mußten mein Vetter Nicole dort und ich hier das Erbe antreten und die volle Verantwortung für die getrennten Zweige der Compagnia übernehmen. Cuzin Nico schien das Dasein eines Handelsfürsten zu genießen. Und ich? Nun, ich verrichtete ehrliche, nützliche und nicht beschwerliche Arbeit und war des täglichen Einerleis und der Eintönigkeit bis jetzt noch nicht überdrüssig geworden und hatte mich mehr oder weniger damit abgefunden, daß dies nun mein ganzes Leben sei. Dann jedoch geschah zweierlei.
    Das erste war, daß du, Luigi, mir eine Abschrift deiner gerade abgeschlossenen Weltbeschreibung schicktest. Ich verwendete sofort jeden freien Augenblick darauf, unser Buch zu lesen und zu genießen und jedes Blatt, nachdem ich es fertiggelesen hatte, einem Kopisten zu geben, damit dieser weitere Abschriften anfertigte. Ich fand es in jeder Hinsicht bewunderungswürdig und entdeckte nur wenige Fehler, die zweifellos auf die Schnelligkeit zurückzuführen waren, mit der ich erzählt hatte, während du meine Worte niederschriebst -und darauf, daß ich es versäumt hatte, die ursprüngliche Niederschrift mit einem kritischen Auge noch einmal durchzulesen.
    Die Fehler bestanden in nichts Gravierenderem als darin, daß gelegentlich dieses oder jenes Erlebnis falsch datiert war, ein Abenteuer zeitlich am falschen Platz stand und der eine oder andere der schwierigeren asiatischen Ortsnamen falsch verstanden oder falsch geschrieben worden ist -du schreibst zum Beispiel Saianfu, wo es hätte Yun-nan-fu heißen müssen, und Yang-zho statt Hang-zho (was mich und meine Laufbahn als Manzi-Steuereintreiber in eine ganz andere Stadt versetzte, noch dazu eine, die weit von der entfernt war, wo das Ganze wirklich stattfand). Früher habe ich mir nie die Mühe gemacht, dich auf diese kleineren Fehler aufmerksam zu machen, und ich hoffe, daß ich es jetzt tue, ärgert dich nicht. Außer mir würden sie ja keinem Menschen etwas bedeuten -denn wer in unserem Abendland weiß schon, daß es

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