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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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hast
es mir gesagt, an jenem Tage damals, du hättest mich lieber als sie. Ach, weißt
du es noch? Das kann sich doch nicht geändert haben! Nein, du hast dich nicht
geändert, das weiß ich. Und eben erst hast du gesagt, sie sei nur ein Traum.
Ach, Ashley, laß uns fortgehen! Ich könnte dich so glücklich machen, und ...«,
fügte sie hinzu, »Melanie kann es nicht. Dr. Fontaine sagt, sie dürfe keine
Kinder mehr haben, und ich ... «
    Seine
Hände packten sie an ihren Schultern so fest, daß es schmerzte, und atemlos
hielt sie inne.
    »Den Tag
damals in Twelve Oaks wollten wir doch vergessen!«
    »Du
meinst, ich könnte ihn je vergessen? Hast du ihn vergessen? Kannst du ehrlich
sagen, daß du mich nicht liebst?«
    Er holte
tief Atem und erwiderte rasch: »Nein, ich liebe dich nicht.«
    »Du
lügst.«
    »Und wenn
ich löge ...« in Ashleys Stimme lag eine tödliche Ruhe, »so ist das etwas, was
wir nicht miteinander erörtern können.«
    »Du meinst
... «
    »Glaubst
du, ich könnte fortgehen und Melanie und das Kind verlassen, selbst wenn ich
sie beide haßte! Ich könnte Melanie das Herz brechen und die beiden der
Barmherzigkeit fremder Menschen überlassen? Scarlett, bist du wahnsinnig? Hast
du denn gar kein Ehrgefühl? Du könntest doch auch deinen Vater und die beiden
Mädchen nicht verlassen. Du bist für sie verantwortlich wie ich für Melanie und
das Kind. Und ob du ihrer müde bist oder nicht, sie sind da. Du mußt es
ertragen.«
    »Ich
könnte sie verlassen, denn ich bin ihrer müde und überdrüssig.«
    Er beugte
sich zu ihr herab. Einen Augenblick stockte ihr das Herz, und sie glaubte, er
wolle sie umarmen. Aber er strich ihr nur über den Arm und sprach ihr zu wie
einem Kinde.
    »Ich weiß,
wie müde, wie überdrüssig du ihrer aller bist, darum sprichst du so. Du hast
die Last von drei Männern getragen. Aber ich will dir helfen ... ich bleibe
nicht immer so unbeholfen wie jetzt.«
    »Nur auf
eine einzige Weise kannst du mir helfen«, erwiderte sie dumpf. »Du mußt mit mir
fortgehen, wir müssen irgendwo neu anfangen, um glücklich zu werden. Hier hält
uns nichts.«
    »Nichts«,
sagte er ruhig, »nur die Ehre.«
    Mit
scheuer Sehnsucht sah sie ihn an und gewahrte, als sei es zum erstenmal, das
reine Halbrund seiner dichten goldblonden Wimpern, sah, wie stolz sein nackter
Hals den Kopf trug und wie der schlanke, aufrechte Körper auch in den elenden
Lumpen Würde und vornehme Haltung bewahrte. Ihre Augen begegneten den seinen, die
ihren flehend und unverhüllt, die seinen rätselhaft wie Bergseen unter grauem
Himmel. Sie las darin, daß ihr wilder Traum und ihre tollen Wünsche unerfüllt
bleiben mußten.
    Herzweh
und Müdigkeit überkamen sie. Sie ließ den Kopf auf die Hände sinken und weinte.
Er hatte sie nie weinen sehen. Er hatte nicht geglaubt, daß eine Frau von ihrer
Art weinen könnte. Reue und Zärtlichkeit wallten ihn ihm auf. Sogleich war er
bei ihr und hatte sie in seinen Armen, wiegte sie tröstend, drückte den dunklen
Kopf an sein Herz und flüsterte:
    »Laß das,
liebes Herz! ... Mein tapferes Kind, nicht weinen!«
    Als er sie
berührte, fühlte er, wie sie sich in seinen Armen verwandelte. In dem schlanken
Körper, den er umfing, stak Zauberkraft. In den grünen Augen, die zu ihm
aufblickten, funkelte eine weiche, erregende Glut. Plötzlich war es nicht mehr
öder Winter. Für Ashley war es wieder Frühling, halbvergessener, erquickender
Frühling, rauschend, murmelnd und grün, voller Behagen und Gleichmut, sorglose Tage,
da die Träume der Jugend ihn noch wärmten. Die bitteren Jahre waren
verschwunden. Er sah ihre roten, bebenden Lippen, die sich ihm zuwandten, und
küßte sie.
    Ein
seltsam sachtes Brausen klang ihr im Ohr, als hielte sie eine Muschel dagegen,
und durch das Tönen vernahm sie undeutlich den raschen Schlag ihres Herzens.
Ihr war, als verschmolzen ihre Lippen mit den seinen, und eine zeitlose Weile
waren sie eins, während seine Lippen durstig die ihren tranken, als könnten sie
nie genug bekommen.
    Als er sie
dann jäh losließ, konnte sie nicht allein stehen und griff nach dem Zaun, um
sich zu stützen. Ihre Augen glühten vor Liebe und Triumph, als sie zu ihm
aufsah.
    »Du liebst
mich! Du liebst mich! Sag es, o sag es!«
    Noch immer
hielten seine Hände ihre Schultern umfaßt. Sie fühlte sie zittern.
Leidenschaftlich lehnte sie sich zu ihm, aber er hielt sie von sich fern und
sah sie an, und in seinen Augen war nichts Unerreichbares mehr, nur noch Qual,
Kampf

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