Margaret Mitchell
Ashleys Stimme klang ruhig, aber seine
Augen flackerten. »Für uns wird dadurch alles nur noch schwerer.«
»Ach,
Ashley, schwerer als jetzt kann es nicht werden!«
»Doch, es
kann noch schlimmer werden. Wenn sie uns nun Schwarze ins Parlament setzen und
einen schwarzen Gouverneur geben? Auch die Militärherrschaft kann noch ärger
werden.«
Scarlett
machte große Augen vor Angst, als ihr aufging, um was es sich handelte.
»Ich habe
überlegt, was wohl das beste für Georgia und für uns alle wäre.« Ashleys
Gesicht war abgespannt. »Ob es klüger wäre, dagegen anzukämpfen, wie die
Versammlung es getan hat, den Norden gegen uns aufzubringen und uns wieder die
ganze Yankeearmee auf den Hals zu hetzen, damit sie uns das Stimmrecht der
Schwarzen aufzwingt, ob wir wollen oder nicht - oder unseren Stolz
herunterzuschlucken, so gut wir können, und gute Miene zum bösen Spiel zu
machen, damit alles so glimpflich wie möglich abläuft. Schließlich kommt es auf
dasselbe heraus.
Wir müssen
doch schlucken, was sie uns eingeben wollen, und tun vielleicht klüger, nicht
erst hinten auszuschlagen.«
Scarlett
hörte kaum, was er sagte. Natürlich sah er wieder beide Seiten der Sache. Sie aber
sah nur die eine: was dieser Schlag ins Gesicht der Yankees für sie persönlich
bedeuten könnte.
»Du willst
doch ein Radikaler werden und republikanisch wählen, Ashley?« höhnte Großpapa
Merriwether.
Gespanntes
Schweigen. Scarlett sah Archie rasch nach der Pistole greifen und dann
innehalten. Archie hielt Großpapa für einen alten Windbeutel und sagte das auch
häufig. Miß Melanies Mann sollte er jedenfalls nicht beleidigen, ob Miß
Melanies Mann nun Unsinn redete oder nicht. Alle Ratlosigkeit war plötzlich aus
Ashleys Augen verschwunden, sie flammten vor Zorn, aber ehe er etwas sagte,
fuhr Onkel Henry auf Großpapa los. »Du gottverdammter - Verzeihung, Scarlett -
du Esel! Sag so etwas nicht zu Ashley!«
»Er kann
sich ja selber wehren, du brauchst für ihn nicht einzuspringen«, versetzte der
Alte kalt. »Er redet wie ein Gesinnungslump. Gib das nur zu, zum Teufel.«
»Ich habe
nicht an die Lossagung geglaubt«, sagte Ashley mit zornbebender Stimme, »aber
als Georgia sich lossagte, habe ich mitgemacht. Ich habe nicht an den Krieg
geglaubt, aber ich habe ihn mitgekämpft, und ich glaube nicht daran, daß es
Zweck hat, die Yankees noch wütender zu machen. Wenn aber die Versammlung sich
dafür entscheidet, so stehe ich zu ihr. Ich ... «
»Archie«,
sagte Onkel Henry plötzlich. »Fahr mit Scarlett nach Hause. Hier ist nicht der
Ort für sie. Gleich hebt das Fluchen und Schimpfen an. Fahr zu, Archie. Gute
Nacht, Scarlett.«
Als sie
die Pfirsichstraße hinunterfuhren, pochte Scarlett das Herz vor Angst. Ob das
törichte Verhalten des Parlaments wohl ihre Sicherheit bedrohte und die Yankees
so aufbrachte, daß ihre Mühlen gefährdet waren?
»Oha,
meine Herren«, knurrte Archie. »Es soll ja wohl Hunde geben, die den Mond
anbellen. Diese Gesetzgeber hätten ebensogut >Hurra Jeff Davis und die Südstaaten!<
schreien können, damit hätten sie ungefähr ebensoviel erreicht. Die Yankees
schwärmen nun mal für die Neger und haben sich in den Kopf gesetzt, sie zu
unseren Herren zu machen. Aber bewundern muß man den Mut der Abgeordneten
doch!«
»Bewundern?
Bewundern? Erschossen sollten sie werden. Sie erreichen nur, daß die Yankees
wie die Geier über uns herfallen. Warum konnten sie nicht radi... rati... oder
was sie sollten und den Yankees nachgeben, anstatt sie zu reizen? Nachgeben
müssen wir doch und können es ebensogut jetzt wie später.«
Archie sah
sie lange mit kalten Augen an. »Nachgeben ohne Kampf? Weiber haben nicht mehr
Stolz als Ziegen.«
Als
Scarlett zehn Sträflinge, fünf für jede Mühle mietete, machte Archie seine
Drohung wahr und wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben. Melanies dringende
Bitten und Franks Versprechen, ihn höher zu entlohnen - nichts konnte ihn
bewegen, die Zügel wieder in die Hand zu nehmen. Bereitwillig geleitete er
Melanie, Pitty, India und ihre Freundinnen durch die Stadt, aber Scarlett
nicht. Er weigerte sich sogar, die anderen Damen zu fahren, wenn Scarlett mit
im Wagen saß. Es war peinlich, daß der alte Grobian über sie zu Gericht saß, um
so peinlicher, als ihre Familie und ihre Freunde ihm beistimmten, wie sie genau
wußte.
Frank
suchte sie von ihrem Entschluß abzubringen. Ashley weigerte sich zunächst, mit
Sträflingen zu arbeiten, und nur Tränen,
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