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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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kleiner
Trost.
    Archie
wandte sich zum Gehen, dann drehte er sich plötzlich wieder um und sah Rhett
fragend an.
    »Er?«
    »Ja.«
    Archie
grunzte und spuckte auf den Boden. »Nun ist der Teufel los«, sagte er und
humpelte durch den Flur nach der Hintertür.
    Bei diesen
letzten geflüsterten Worten stieg neuer Argwohn und neue Angst in Scarletts
Brust empor, gleich einem eiskalten, fortwährend anschwellenden Klumpen.
    »Wo ist
Frank?« schrie sie.
    Rhett kam
eiligst durchs Zimmer ans Bett, sein schwerer Körper wiegte sich leicht und
geräuschlos wie der einer Katze.
    »Alles zu
seiner Zeit«, sagte er mit einem flüchtigen Lächeln. »Halten Sie die Lampe
still, Scarlett, Sie wollen doch wohl Mr. Wilkes nicht aufbrennen. Miß Melly
... «
    Melanie
blickte auf wie ein Soldat, der einen Befehl entgegennimmt. Bei der allgemeinen
Spannung fiel es ihr nicht auf, daß Rhett sie zum erstenmal vertraulich mit dem
Namen anredete, bei dem sonst nur Verwandte und gute Freunde sie riefen.
    »Verzeihung,
ich meine, Mrs. Wilkes ... «
    »Ach,
Kapitän Butler, Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, mir wäre es eine
Ehre, wenn Sie mich Melly nennten. Mir ist, als wären Sie mein Bruder ... oder
mein Vetter ... Wie kann ich Ihnen je genug danken?«
    »Vielen
Dank«, sagte Rhett und machte ein beinahe verlegenes Gesicht. »Aber Miß Melly,
es tut mir so leid, daß ich sagen mußte, Mr. Wilkes wäre bei Belle Watling
gewesen. Es ist mir nicht lieb, daß ich ihn und die anderen mit dergleichen in
Berührung gebracht habe. Aber ich mußte rasch denken, als ich von hier
fortritt, und das war die einzige Ausflucht, die mir einfiel. Ich wußte, mein
Wort würde gelten, weil ich so viele Bekannte unter den Offizieren der Yankees
habe. Sie erweisen mir die zweifelhafte Ehre, mich beinahe als einen der Ihren
zu betrachten, weil sie wissen, wie ... na, sagen wir, wie unbeliebt ich bei
meinen Landsleuten bin. Sehen Sie, ich saß in den frühen Abendstunden in Belles
Bar beim Poker. Das können mir ein Dutzend Yankees bezeugen, und Belle und die
Mädels lügen mit Hochgenuß, bis sie schwarz werden, und bezeugen, Mr. Wilkes
und die andern wären den ganzen Abend ... oben gewesen. Die Yankees werden
ihnen glauben. Darin sind die Yankees sonderbar. Es kommt ihnen nicht in den
Sinn, daß auch Frauen dieses ... dieses Gewerbes einer heißen Vaterlandsliebe
fähig sind. Keiner einzigen Dame aus Atlanta würden die Yankees glauben, aber
... einer Halbweltdame glauben sie aufs Wort. Und ich hoffe, mit dem Ehrenwort
eines Gesinnungslumpen und etlicher Halbweltdamen kommen die Herren glücklich
davon.«
    Bei den
letzten Worten umspielte ein hämisches Grinsen seinen Mund, aber es verschwand,
als Melanie strahlend vor Dankbarkeit zu ihm aufschaute.
    »Kapitän
Butler, Sie sind ein ganzer Mann! Und wenn Sie gesagt hätten, mein Mann und die
andern seien heute abend mitten in der Hölle gewesen, ich hätte es Ihnen nicht
übelgenommen. Denn ich weiß, und jeder, auf den es ankommt, weiß es ebenfalls,
daß mein Mann noch nie an einem so schrecklichen Ort gewesen ist.«
    »Aber«,
begann Rhett verlegen, »... er war heute abend wirklich bei Belle.«
    Melanie
richtete sich kühl auf.
    »Diese
Lüge glaube ich Ihnen nie und nimmer.«
    »Bitte,
Miß Melly, hören Sie zu. Als ich heute abend auf die alte Sullivansche Plantage
hinüberkam, traf ich Mr. Wilkes verwundet an, und bei ihm waren Hugh Elsing,
Dr. Meade und der alte Merriwether ... «
    »Doch
nicht der alte Herr!« unterbrach ihn Scarlett erschrocken.
    »Männer
sind nie zu alt, um Dummheiten zu machen. Und Ihr Onkel Henry.«
    »Gnädiger
Gott«, schrie Tante Pitty.
    »Die
anderen hatten sich nach dem Zusammenstoß mit den Soldaten zerstreut, und die
paar, die zusammengeblieben waren, hatten die Sullivanplantage nochmals
aufgesucht, um ihre Gewänder im Schornstein zu verstecken und zu sehen, wie
schwer Mr. Wilkes verwundet war. Wäre die Wunde nicht gewesen, so wären sie
jetzt alle miteinander Hals über Kopf nach Texas unterwegs, aber er konnte
nicht weit reiten, und sie wollten ihn nicht verlassen. Wir brauchten einen
Beweis, daß sie anderswo waren, als wo sie in Wirklichkeit gesteckt hatten, und
deshalb führte ich sie auf Schleichwegen zu Belle Watling.«
    »Ach so
... jetzt verstehe ich Sie. Bitte verzeihen Sie meine Grobheit, Kapitän Butler.
Ich sehe ein, daß es nötig war, sie dahin zu bringen. Aber... man hat sie doch
sicher hineingehen sehen.«
    »Niemand
hat uns gesehen. Wir sind

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