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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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gemacht … ich soll doch meine Phantasien ausleben, das sagst du doch immer.« Als Agnes die erstaunten Blicke ihrer Schwestern wahrnimmt, gerät sie ins Stocken.
    »Um deine Phantasien geht es hier nicht – aber so ein kräftiger Kerl stirbt doch nicht einfach.« Carmens Stimme wird immer leiser. »Vielleicht war er ja herzkrank.« Hoffnung keimt bei diesem Gedanken in ihr auf.
    »Hat er beim Vorstellungsgespräch jedenfalls nicht angegeben.« Beate zündet sich eine Zigarette an und öffnet die Balkontür. Eine dicke Schneeschicht liegt auf der netzverschnürten Nordmanntanne, die in der Ecke auf ihren Auftritt an Heiligabend wartet. Wahrscheinlich vergebens. In Untersuchungshaft wird Agnes sie nicht mitnehmen können. Eigentlich schade. Der Baum sieht gut aus.
    »Bei welchem Vorstellungsgespräch?« Agnes’ Stimme zittert bei dieser Frage.
    »Wir haben schließlich nicht den Erstbesten für dich engagiert.« Beate starrt immer noch auf die Tanne, während sie den Rauch der Zigarette tief inhaliert.
    »Was heißt hier engagiert?«
    »Bestellt, gekauft. Nenn es, wie du willst.«
    »Moment mal. Ihr habt einen Mann für mich bestellt – so wie andere sich einen Fensterputzer kommen lassen?«
    »Carmen sagt immer, dass du alles hast. Alles außer Sex. Da wollten wir dir was Gutes tun.«
    Agnes braucht einen Moment, um ihre Gedanken zu sortieren.
    »Ihr habt mir einen …«, sie ringt nach Worten, »… einen gekauften Kerl im Weihnachtsmannkostüm zum Geburtstag geschenkt?« Agnes verschluckt sich fast an dem Satz. »Habt ihr sie nicht mehr alle?«
    Beate und Carmen senken den Blick und starren betreten zu Boden. Vielleicht ist die Idee wirklich nicht so gut gewesen. Zugeben würde das Carmen aber nie. Schon gar nicht jetzt.
    »Es hilft nichts«, bringt Beate es auf den Punkt. »Der Mann ist tot. Den Notarzt können wir uns sparen. Wir müssen die Polizei anrufen.«
    Agnes schüttelt den Kopf. »Das könnt ihr nicht machen. Wenn das rauskommt, bin ich erledigt. Ich sehe schon die Überschriften vor mir: Religionslehrerin knebelt Weihnachtsmann mit ihrem Tanga. Oder: Oberstufenleiterin tötet den Weihnachtsmann beim wilden Sex. Echt, das könnt ihr mir nicht antun.« Selbstmitleid übermannt sie, und Tränen rinnen unaufhörlich ihre Wange hinab.
    »Wir haben ihn schließlich nicht getötet«, kontert Beate.
    »Aber wenn ihr ihn mir nicht auf den Hals gehetzt hättet, würde er jetzt nicht tot hier liegen.« Dieser Punkt geht an Agnes.
    Schweigend blicken die drei auf den nackten Mann.
    »Gut gebaut ist er ja.«
    »Carmen!« Ein Schrei, wie ein Dolchstoß. Agnes hört bei Beates Ausruf sogar auf zu weinen.
    »Ich mein ja nur.« Carmen legt eine Decke über den Unterleib des Toten.
    »Bitte, holt nicht die Polizei«, jammert Agnes. »Es muss doch eine andere Möglichkeit geben. Es gibt doch immer eine andere Möglichkeit.«
    Keine der jüngeren Schwestern sagt etwas.
    »Bitte, helft mir«, versucht es Agnes erneut. »Ihr habt mir das doch eingebrockt.«
    Beate starrt auf den Balkon und drückt die Zigarette im Aschenbecher aus. »Besitzt du eigentlich eine Astschere?«
     
    Nun sprecht, wie ich’s hierinnen find’!
    Sind’s gute Kind, sind’s böse Kind?
    24 . Dezember
    Der Wind treibt die Schneeflocken Richtung Maschsee. Außer den drei Weihnachtsmännern und dem Mann mit der Fellmütze ist niemand auf der Straße vor dem Landesmuseum zu sehen.
    »Ich greife dem Weihnachtsmann gern unter die Arme.« Eine Glühweinfahne weht den Schwestern ins Gesicht. »Vor allem, wenn er den Christbaum selbst schleppen muss.« Bellendes Lachen folgt.
    »Nein danke«, brummt Beate so tief wie möglich.
    »Keine falsche Bescheidenheit.« Die Fellmütze steht jetzt genau vor ihnen und bückt sich nach dem Weihnachtsbaum.
    Sofort poltert Agnes los: »Ho, ho, ho, junger Mann. Geh nach Hause und spute dich schnell.«
    »Geben Sie mal her.« Die Fellmütze scheint taub zu sein. Statt weiterzugehen, grapschen zwei Lammfellfäustlinge nach dem Tannengrün. Beate ist jedoch schneller. Ein gezielter Schlag mit der Handkante auf die Finger lässt die Fellmütze aufschreien.
    »Lassen Sie unseren Baum zufrieden.« Beate baut sich wutschnaubend vor ihm auf.
    »Aber …«
    »Gehen Sie weiter!«
    »Dann eben nicht. Schleppt doch euren Scheiß allein.« Ein letzter mit Glühweindunst vermischter Atemstoß trifft die drei, dann dreht sich die Fellmütze um und stiefelt davon. Als die Silhouette nur noch als grauer Schatten im

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