Marissa Blumenthal 02 - Trauma
Eileiterinfektion.«
»Jetzt weiß ich genau, daß mir die Sache nicht schmeckt«, sagte Tristan. »Sie müssen mich entschuldigen. Ich habe Patienten zu besuchen.« Er legte die Hand auf den Türgriff.
Marissa packte ihn am Arm. »Bitte«, sagte sie, »ich muß mit Ihnen reden.«
»Ich habe gleich geahnt, daß Sie zu gut sind, um wahr zu sein«, sagte er, entzog sich ihrem Griff und stieg aus. Ohne noch einen Blick zurück zu werfen, ging er zum Landrover, stieg ein und ließ sich wegfahren.
Marissa saß wie versteinert. Sie wußte nicht, ob sie sich beleidigt fühlen oder ärgerlich sein sollte. Nach all der Mühe, die sie sich gegeben hatte, um ihn zu finden, konnte sie einfach nicht glauben, daß er keine Zeit zu einem Gespräch mit ihr haben sollte. Eine Zeitlang blieb Marissa in ihrem Wagen sitzen und sah der Staubwolke nach, die der Landrover aufwirbelte. Dann startete sie hastig den Ford Falcon, legte den Vorwärtsgang ein und nahm die Verfolgung auf.
Als Marissa in der Wilmington-Station ankam, war sie von oben bis unten von Staub überpudert. Sie hatte ja die ganze Fahrt in der Staubwolke des Landrovers gemacht. Selbst in den Mund waren ihr die Staubkörner gedrungen.
Tristan war schon ausgestiegen und ging, die Arzttasche in der Hand, über einen langen Gehsteig auf ein kleines Haus zu. Marissa rannte ihm nach, holte ihn ein, ging neben ihm her und versuchte, seinen Blick einzufangen. Wenn er drei Schritte machte, mußte sie fünf machen, um auf gleicher Höhe zu bleiben.
Schließlich wurde ihr klar, daß er nichts von ihr wissen wollte, und sie sagte: »Sie müssen sich aber mit mir unterhalten. Es ist sehr wichtig.«
Tristan blieb unvermittelt stehen. »Ich bin nicht daran interessiert, mich mit Ihnen zu unterhalten. Außerdem habe ich zu tun. Ich muß Patienten besuchen, darunter ein sehr krankes kleines Mädchen, und von Kindermedizin verstehe ich nicht viel.«
Marissa strich sich die staubbedeckten Haare aus der Stirn und schaute zu Tristan hoch. Obwohl er tiefliegende Augen hatte, konnte sie jetzt sehen, daß sie blau waren. »Ich bin Kinderärztin«, sagte sie.
»Vielleicht kann ich helfen.«
Tristan sah sie an und kaute an seiner Wange. »Ach, Kinderärztin?« sagte er. »Das kommt mir allerdings sehr zustatten.« Er ließ den Blick zur Hausfront schweifen und sah dann wieder Marissa an. »Bei dem wenigen, was ich über Kinderkrankheiten weiß, kann ich Ihr Angebot nicht zurückweisen.«
Die Patientin war ein acht Monate alter schwerkranker Säugling. Sie hatte hohes Fieber, Husten und eine Triefnase. Als Marissa und Tristan ins Zimmer kamen, schrie das Kind.
Unter den Blicken Tristans und der ängstlichen Mutter untersuchte Marissa das kleine Kind. Nach wenigen Minuten richtete sie sich auf und sagte: »Es sind zweifellos die Masern.«
»Wie kommen Sie darauf?« fragte Tristan.
Marissa zeigte ihm die kleinen weißen Flecken im Mund des Kindes, die geröteten Augen und den schwachen Ausschlag, der sich gerade auf der Stirn entwickelte.
»Was sollen wir machen?« fragte Tristan.
»Erst mal das Fieber senken«, sagte Marissa. »Aber wenn sich Komplikationen einstellen, müßte das Kind ins Krankenhaus. Ist das möglich?«
»Klar«, sagte Tristan. »Wir können sie im Flugzeug nach Charleville und sogar nach Brisbane bringen.«
Die nächsten Minuten verbrachte Marissa damit, mit der Mutter zu sprechen und ihr die gefahrandeutenden Symptome zu beschreiben. Dann suchte sie zu erfahren, wo sich das Kind angesteckt haben konnte. Dabei stellte sich heraus, daß die Familie vor zwei Wochen Verwandte in Longreach besucht hatte, die ein krankes Kind hatten.
Marissa und Tristan besprachen noch vorbeugende Maßnahmen für die anderen Kinder auf der Station, verabschiedeten sich dann von der Mutter und gingen zum nächsten Haus, das auf Tristans Liste stand.
Als sie die Treppe zum zweiten Haus hinaufgingen, sagte Tristan:
»Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Sie wären bestimmt auch ohne mich fertig geworden«, sagte Marissa. Sie wollte noch etwas hinzufügen, doch ihre Intuition riet ihr, lieber abzuwarten.
Sie blieb bei Tristan und leistete ihm auch bei den folgenden Patientenbesuchen Beistand. Es handelte sich um keine schweren Fälle, mit Ausnahme einer 93 Jahre alten Frau, die mit einer Krebserkrankung im Sterben lag, sich aber weigerte, ins Krankenhaus zu gehen. Tristan nahm auf ihren Wunsch Rücksicht und gab ihr nur etwas gegen die Schmerzen.
Als sie aus dem letzten Haus kamen,
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