Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea
Devisenschwarzmärkte und so weiter).
Unberücksichtigt bleiben dabei noch die laufenden Investi tionen, mit denen sich kriminelle Organisationen die Kontrolle über recht - mäßige Geschäfte sichern, und damit ihr Machteinfluss auf die Produktionsmittel zahlreicher Bereiche der legalen Wirtschaft.«
Ich begann zu ahnen, was sich auf den anderen Disketten verbergen mochte. Fußnoten verwiesen auf offizielle Dokumente. Ein weiterer Anmerkungsapparat, fett gedruckt in diesem Fall, verwies, nach einer genauen Ordnung untergliedert, auf die anderen Disketten: Geschäfte, Orte, Unternehmen, politische Parteien und schließlich Namen. Fargette. Yann Piat. Noriega. Sun Investment. International Bankers Luxemburg ... Ich bekam eine Gänsehaut. Weil ich sicher war, dass Babette mit jener professionellen Schonungslosigkeit gearbeitet hatte, von der sie sich seit Beginn ihrer Karriere hatte leiten lassen. Der Drang nach Wahrheit. Ich klickte wieder weiter.
»Parallel dazu arbeiten kriminelle Organisationen mit gewöhnlichen Firmen zusammen und investieren in eine ganze Reihe legaler Unternehmungen, die nicht nur zur Tarnung bei der Geldwäsche dienen, sondern auch ein sicheres Mittel darstellen, Kapital außerhalb der kriminellen Sphäre zu akkumulieren. Solche Investitionen gehen hauptsächlich in Bereiche wie Luxusimmobilien, Freizeitindustrie, Verlagswesen und Medien sowie Finanzdienstleistungen, aber auch in den öffentlichen Sektor, in Landwirtschaft und Industrie.«
»Ich mache Spaghetti Bolognese«, unterbrach Sébastien. »Möchtest du welche?«
»Nur, wenn ihr andere Musik auflegt!«
»Hast du das gehört, Cédric?«, rief Sébastien.
»Wir geben uns Mühe!«, gab er zurück.
Die Musik hörte auf.
»Hör mal! Das ist Ben Harper.«
Den kannte ich nicht, aber was so l ls, sagte ich mir, ich werds ertragen.
Ich verließ den Bildschirm bei diesem letzten Satz: »Die organisierte Kriminalität hat bedeutendere Gewinne vorzuweisen als die meisten der Firmen, die von der Zeitschrift Fortune als die fünfhundert größten der Welt dargestellt werden. Ihre Organisationen erinnern eher an General Motors als an die traditionelle siziliani-sche Mafia.« Ein ganzes Programm. Das Babette aufs Korn genom - men hatte.
»Wo seid ihr?«, fragte ich, als ich mich an den Tisch setzte.
»Irgendwo«, antwortete Cédric.
»Von welchem Ende wir die Dinge auch angehen«, argumentierte Mathieu, »wir landen immer am selben Punkt. Dort, wo wir stecken. In der Scheiße.«
»Gut beobachtet«, sagte ich. »Und?«
»Und«, fuhr Sébastien kichernd fort, »Hauptsache, man verteilt sie beim Gehen nicht überall.«
Alle amüsierten sich. Ich auch. Wenngleich etwas blass. Denn genau dort steckte ich, in der Scheiße, und ich war nicht wirklich sicher, dass ich sie nicht überall verteilte.
»Super, die Nudeln«, sagte ich.
»Das hat Sébastien von seinem Vater«, kommentierte Cyril. »Den Spaß am Kochen.«
Der Schlüssel zu Babettes Schwierigkeiten musste auf einer der anderen Disketten stecken. Dort, wo sie die Namen der Politiker und Unternehmenschefs aufzählte. Die schwarze Diskette.
Die weiße war eine Anhäufung von Dokumenten. Die rote enthielt Interviews und Zeugenaussagen. Darunter ein Gespräch mit Bernard Bertossa, dem Genfer Generalstaatsanwalt.
»Würden Sie sagen, dass Frankreichs Kampf gegen die internationale Korruption, zumindest auf Europa bezogen, effizient genug ist?«
»Sehen Sie, in Europa hat nur Italien eine wirkliche Verbrechens - politik entwickelt, die schmutziges Geld und Korruption bekämpft. Besonders zum Zeitpunkt der Operation Mani Pulite. Ehrlich gesagt erweckt Frankreich ganz und gar nicht den Eindruck, gegen das Schwarzgeldnetz oder Bestechung vorgehen zu wollen. Es gibt keine politische Kampfstrategie, nur individuelle Fälle, Richter oder Staatsanwälte, die ihre Unterlagen auswerten und unnachgiebig sind. Spanien beginnt jetzt damit. Dort hat man eine eigene Abteilung der Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Korruption ins Leben gerufen. In Frankreich hingegen existiert so etwas nicht. Diese Haltung hat nichts mit der einen oder anderen Partei zu tun, ob sie an der Macht ist oder nicht. Alle lassen die Sache schleifen, und keiner will es aussprechen.«
Mir fehlte die Kraft, die schwarze Diskette zu öffnen. Was würde es mir nützen zu wissen? Ich sah die Welt so schon schwarz genug.
»Kann ich einen Satz Kopien haben?«, fragte ich Cyril.
»So viel du willst.«
Dann erinnerte ich
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