MASKENBALL UM MITTERNACHT
fragte Rochford verdutzt.
„Selbstverständlich, was denken Sie denn? Wir fuhren sofort los, als wir die Schreckensmeldung erhielten von … wie war ihr Name doch gleich, Callie?“
„Mrs. Farmington“, eilte Callie ihr zu Hilfe und hatte Mühe, ihr Schmunzeln zu verbergen.
„Ja natürlich, Mrs. Farmington. Ich hätte Callie doch niemals alleine reisen lassen. Wir waren natürlich höchst erstaunt, Sie nicht vorzufinden, doch Lord Bromwell war so freundlich, uns einzuladen, im Haus zu übernachten. Es war immerhin schon sehr spät. Im Übrigen hätte ich in einem harten Bett im Dorfgasthof keine Minute Schlaf gefunden.“
„Ich begreife nichts. Von welcher Schreckensmeldung reden Sie? Warum sind Sie hier? Und warum ist er hier?“ Er warf Bromwell einen finstern Blick zu.
„Ich wohne hier“, erklärte Lord Bromwell. „Jedenfalls habe ich die Absicht, mich noch eine Woche oder länger in diesem Haus aufzuhalten.“
„Und Callie und ich kamen aufgrund der Unglücksbotschaft, das erwähnte ich doch bereits, Rochford. Callie, hast du den Brief noch?“, fragte Francesca. „Vielleicht solltest du ihn deinem Bruder zeigen? Vermutlich versteht er dann die Zusammenhänge besser.“
Callie nickte und eilte die Stiege nach oben. In ihrer Abwesenheit blickte Rochford argwöhnisch zwischen Francesca und Lord Bromwell hin und her, der ihn mit verschränkten Armen hochmütig von Kopf bis Fuß maß, während Francesca ihn stumm mit leicht verächtlicher Miene musterte.
Callie erschien kurz danach wieder und reichte den Brief ihrem Bruder, der ihn stirnrunzelnd las. Dann hob er den Kopf und sah abwechselnd Callie und Francesca an.
„Was hat das zu bedeuten? Wer hat das geschrieben?“ Er fuhr zu Bromwell herum. „Haben Sie sich etwa diese niederträchtige List ausgedacht?“, herrschte er ihn an.
„Nein!“ entfuhr es Callie. „Er wusste nichts davon. Er war ebenso verblüfft wie ich … und Francesca“, beeilte sie sich hinzuzufügen.
„Wir waren müde von der Reise und beschlossen, erst einmal zu schlafen und die Sache heute früh zu besprechen. Und dann stürmten Sie wie ein Berserker ins Haus.“
„Wieso hast du mir nicht gesagt, dass Francesca hier ist?“, fragte Rochford an Callie gewandt.
„Das habe ich doch versucht!“, entgegnete Callie entrüstet und stemmte die Hände streitlustig in die Hüften. „Aber du wolltest ja nicht auf mich hören, falls du dich daran erinnerst.“
„Oh.“ Der Duke wirkte verlegen.
„Und nun zu Ihnen, Rochford“, sagte Francesca. „Wieso sind Sie eigentlich hier?“
„Ich erhielt ebenfalls einen Brief“, antwortete er. „In dem es heißt, meine Schwester sei mit Lord Bromwell durchgebrannt, und die beiden hielten sich in diesem Haus auf.“
„Aha, ich verstehe.“ Francescas blaue, sonst so gütige Augen glitzerten wie Eiskristalle.
„Ja, ich glaube, wir alle verstehen“, bemerkte Lord Bromwell düster, wandte sich ab und machte sich daran, den umgestürzten Tisch und die Stühle wieder aufzustellen.
Francescas Blick heftete sich in Rochfords Augen, und zu Callie gewandt sagte sie: „Komm, meine Liebe, wir wollen unsere Sachen packen. Vielleicht ist Rochford so freundlich und begleitet uns nach London.“
„Dabei fällt mir ein“, ergriff der Duke wieder das Wort. „Wo ist eigentlich Ihre Kutsche? Ich habe sie nicht gesehen.“
„In der Scheune natürlich, wo denn sonst?“, antwortete Francesca und sah ihn an, als sei er nicht recht bei Verstand.
In dem folgenden Schweigen war das Knirschen von Rädern und Pferdegetrappel zu hören. Die vier wechselten fragende Blicke, und Bromwell begab sich zur Haustür.
Im gleichen Moment hörte man Frauenstimmen und helles Lachen, und Brom hielt jäh inne. Die Haustür flog auf, Lady Swithington trat ein, gefolgt von einer zweiten Frau, mit der sie heiter plauderte. Beim Anblick ihres Bruders, der sie mit versteinertem Gesicht musterte, hielt sie mitten im Satz inne.
„Guten Morgen, Brom!“, rief sie verblüfft. „Ich hatte nicht erwartet, dass du schon auf bist. Sieh an, Lady Calandra … welch unerwartetes Vergnügen.“ Ihr Blick flog zu Callie und dem hinter ihr stehenden Duke. „Und Rochford. Wie kommen Sie denn hierher?“ Ihre Stimme klang seidenweich und voller Genugtuung, auch wenn sie sich Mühe gab, die Überraschte zu spielen.
„Guten Morgen, Daphne“, grüßte Francesca, die gleichfalls in den Flur getreten war.
Daphnes Blick flog unstet zu ihr, und diesmal war ihre
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