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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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gesucht? Ach ja, hier! Transportgebühr für Fahrräder zwischen Woods Hole und Martha’s Vineyard .“ Sie schüttelte den Kopf. „Nichts, absolut nichts!“ Sie türmte ihr Papiergebirge in die Pappschachtel zurück und wollte gehen.
    „Das Buch!“ verlangte Liz.
    „Welches Buch? O ja, danke dir.“ Penny nahm das dicke Lexikon, das sie neuerdings überall im Heim begleitete, und legte es auf ihren Kopf. „Gute Nacht, Liz“, wünschte sie und bemühte sich, das Gleichgewicht zu halten, als sie mit schwankenden Schritten auf die Tür zusteuerte.
    Liz lachte in sich hinein. Es kam ihr zum Bewußtsein, daß das Leben in einem Schülerinnenheim viel Abwechslung bot und daß dieses hier geradezu als Sanatorium für betrübte junge Mädchen angepriesen werden könnte. Wenn man ausgehen wollte, konnte man schon um sechs Uhr nach dem Abendessen das Haus verlassen und brauchte nicht vor Mitternacht wieder zurück zu sein. Suchte man im Internat Gesellschaft, so stand abends jede Tür offen, wenn die Bewohnerin nicht gerade schlafen wollte oder krank war. In einem dieser Zimmer gab es vielleicht gerade Coca-Cola zu trinken, im nächsten eine Salami zu essen, und jeder, der mithalten wollte, war eingeladen. Nebenan debattierte man erregt über Männer im allgemeinen und im besonderen, oder man fand sich zusammen, um Erfahrungen über die Beseitigung von Warzen oder die Ölmalerei auszutauschen.
    „Liz, Telefon für dich!“ rief Melanie überlaut. Als Liz nicht sofort reagierte, wiederholte sie nicht minder durchdringend: „Telefon für Elizabeth Gordon!“
    Liz sprang auf und brüllte zurück: „Komme!“ und dann rannte sie zu dem am Kabel baumelnden Hörer.
    „Moment, ich verbinde!“ rief das Mädchen in der Vermittlung, und bevor Liz noch überlegen konnte, wer sie da wohl verlangen mochte, hörte sie bereits eine tiefe, sehr männliche Stimme:
    „Liz Gordon?“
    „Ja, o ja!“ bestätigte sie etwas unsicher.
    „Hier spricht Marc Taussig. Oder haben sie schon vergessen, daß ich versprochen habe anzurufen? Vielleicht wissen Sie gar nicht mehr, wer ich bin?“
    „Taussig? Taussig??? Ach, ja! Der junge Mann im Zug damals! Ja, ich erinnere mich an Sie“, rief sie mehr erfreut darüber, ein so gutes Gedächtnis zu haben, als über den Anruf selbst. „Zumindest, hm, fiel es mir ein, nachdem ich ein paar Augenblicke lang nachgedacht habe“, fügte sie hinzu und verdarb dadurch die Wirkung.
    Er lachte. „Nun, Sie sind wenigstens ehrlich. — Wie geht es Ihnen denn?“
    „Sehr gut — und Ihnen?“
    „Auch gut. Haben Sie viel zu tun?“
    „Zu tun?“ echote sie, „meinen Sie gerade jetzt, in eben dieser Minute?“
    „In eben dieser Minute, jawohl“, bekräftigte er ernsthaft. „Ich bin nämlich in Armands Drugstore an der Ecke und möchte sie zu einer Flasche Coca-Cola einladen. Wie wär’s damit?“
    „Hm, ich weiß nicht, aber warum eigentlich nicht?“ Sie kicherte.
    „Gut“, schloß er, „ich warte hier auf Sie.“
    Wie formlos, dachte sie, als sie den Hörer einhängte. Er hatte nicht vorgeschlagen, sie abzuholen oder dergleichen, sondern einfach bloß darum angerufen, weil er zufällig gerade in einem Drugstore saß und jemanden suchte, der ihm bei einer Flasche Coca-Cola Gesellschaft leisten wollte. Belustigt griff sie nach Mantel und Handschuhen und machte sich auf den Weg. Er hatte sie gerade in dem Augenblick erwischt, da ihr absolut keine Ausrede eingefallen war.
    Als sie den Drugstore betrat, sah sie ihn in einer der Nischen sitzen. Er stand auf und lächelte sie an. Sie tat dasselbe und wunderte sich dabei, warum sie ihn eigentlich für so alt gehalten hatte, als er sie damals im Zug angesprochen hatte. Jetzt erschien er ihr jung.
    „Sie haben ihre Sonnenbräune verloren“, stellte sie fest, als sie sich ihm gegenüber an den Tisch setzte.
    „Wie gräßlich! Bedeutet das, daß Sie deswegen gleich wieder aufbrechen?“
    „Noch nicht! Ich hätte vorher gern ein Coca-Cola mit Erdbeersaft getrunken.“
    „Ein großes Coca-Cola mit Erdbeersaft!“ bestellte er, und dann beschuldigte er sie: „Sie starren mich so an!“
    „Weil ich fürchte, Ihnen im Zug kaum Beachtung geschenkt zu haben“, bekannte sie. „Sie sind größer, als ich in Erinnerung hatte.“
    „Schlaksig ist das rechte Wort dafür, glaube ich“, lachte er gönnerhaft, „also, ich bin schlaksig und habe keine Bräune mehr. Noch was?“
    Sie schüttelte lachend den Kopf.
    „Und haben Sie sich auch verändert?“

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