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Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen

Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen

Titel: Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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komisches Zeug erzählt. Opa hatte auch was von Zaubertricks erwähnt.
    Johnny schaute auf den Radiowecker. Er zeigte 2:45 Uhr. Es war unmöglich, noch mal einzuschlafen. Er schaltete Radio Blackbury ein.
    »– jausajausajausaaa! Und der nächste Anrufer bei Onkel Jims verrücktem Kummerkasten iisssst –«
    Johnny erstarrte. Er hatte so ein Gefühl…
    »William Stickers, Jim.«
    »Hallo Bill. Du klingst ein bißchen deprimiert.«
    »Viel schlimmer, Jim. Ich bin tot.«
    »Wow! Das kann einen sicher ziemlich fertigmachen, Bill. Möchtest du uns davon erzählen?«
    »Du klingst sehr verständnisvoll, Genosse. Also…«
    Natürlich ist er verständnisvoll, dachte Johnny und zog sich den Morgenrock an. Eine ganze Menge Leute riefen mitten in der Nacht bei Jim an. Letzte Woche hat er zwanzig Minuten lang mit einer alten Dame gesprochen, die sich für eine Tapetenrolle hielt. Verglichen mit den anderen klang William Stickers vermutlich vollkommen normal.
    Er schnappte sich seinen Walkman und schaltete das Radio ein, so daß er weiter zuhören konnte, während er die Treppen hinunter und in die Nacht hinaus rannte.
    »–
und jetzt hörte ich gerade, daß es gar keine Sowjetunion mehr gibt. Was ist pa
s
siert?«
    »Mir scheint, du bist nicht ganz auf dem laufenden, Bill?«
    »Ich dachte, das hätte ich schon erklärt.«
    »Oh, natürlich. Du warst ja tot. Aber jetzt bist du wieder lebendig, stimmt’s?« Jims Stimme bekam dieses Glucksen, das sie immer hatte, wenn er einen wahrhaft Bekloppten an der Strippe hatte und sich vorstellen konnte, wie all seine schlaflosen Zuhörer das Radio lauter drehten.
    »Nein. Ich bin immer noch tot. Das ist nichts, wovon man sich wieder erholt, Jim. Also…«
    Johnny hastete um die Ecke und rannte die John Lennon Avenue entlang.
    Jim sagte mit dieser Samtstimme, die er sich speziell für die Gespräche mit Bekloppten zugelegt hatte: »Dann erzähl uns hier im Land der Lebenden doch mal, wie ist es, tot zu sein, Bill?«
    »Wie es ist? Es ist verdammt LANGWEILIG!«
    »Ich bin sicher, jeder da draußen möchte gerne wissen, Bill – gibt es so was wie Engel?«
    Johnny stöhnte, als er um die Ecke zur Eden Road bog.
    »Engel? Ganz sicher nicht.«
    Johnny huschte an den stillen Häusern vorbei und schlüpfte zwischen den Pollern hindurch zur Woodville Road.
    »Ach du lieber Gott«, sagte Jim ins Mikrophon. »Ich hoffe, das bedeutet nicht, daß bei euch nur böse Buben mit Hörnern rumlaufen.«
    »Was reden Sie da eigentlich für einen Quatsch? Hier gibt es nur mich und den a
l
ten Tom Bowler und Sylvia Liberty und all die anderen –«
    Johnny verlor den Faden, weil ein Zweig, der aus einer Lorbeerhecke ragte, ihm den Kopfhörer herunterriß. Als er es endlich geschafft hatte, ihn wieder aufzusetzen, stellte er fest, daß Jim William Stickers gerade gebeten hatte, sich eine Platte zu wünschen.
    »Ich glaube nicht, daß ich ›Die Rote Fahne‹ kenne, Bill. Von wem ist das?«
    »Es ist die Internationale! Das Lied der Unterdrückten!«
    »Sagt mir nichts, Bill. Aber für dich und all die anderen Toten da draußen, heute nacht«, der Wechsel in Jims Tonfall deutete an, daß William Stickers abgewürgt worden war, »und früher oder später werden wir alle tot sein, nicht wahr, singt Michael Jackson jetzt direkt aus der Gruft… ›Thriller‹ –«
    Die Straßenlaterne neben der Telefonzelle brannte. Und alle außer Johnny hätten nicht mehr als den Lichtkegel gesehen, aber die Toten waren fast alle auf der Straße, und sie hatten es geschafft, das Radio mitzuschleifen. Viele von ihnen beobachteten gerade den Stadtrat.
    »Anscheinend geht es so«, sagte er und stakste rückwärts über die gefrorene Straße. »Johnny hat es mir gezeigt.«
    »Ein sehr interessanter Synkopen-Rhythmus«, meinte Mrs. Liberty. »So, sagten Sie?«
    Die geisterhaften Wachskirschen auf ihrem Hut hüpften auf und ab, als sie herumwirbelte.
    »Genau. Man breitet die Arme aus, dreht sich und schreit
›Auuu
!‹«, erklärte der Stadtrat und führte die entsprechende Bewegung vor.
    O nein, dachte Johnny und rannte auf sie zu. Am Ende wird mich Michael Jackson noch verklagen –
    »Sich einen – wie sagte der Mann am Telegraphen noch?« fragte der Stadtrat.
    »Abrocken, glaube ich.«
    Sie waren nicht besonders gut, aber ihre Begeisterung machte achtzig Jahre Rückstand ohne weiteres wett.
    Eine richtige Party.
    Johnny baute sich vor ihnen auf.
    »So was sollten Sie wirklich nicht machen!«
    »Warum nicht?« fragte einer

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