McDermid, Val
rauchte, war offensichtlich nicht
die erste des Tages. »Haben Sie ihn verhaftet?«, fragte sie, sobald sie Patterson
erblickte. »Leider nicht«, antwortete er und blieb in der Tür stehen. Niemand
bot ihm an, sich zu setzen. »Aber wir machen Fortschritte.«
»Fortschritte?«, rief Maidment
wütend. »Was soll das heißen?«
Patterson wusste nicht, was er
darauf antworten sollte. Er wünschte, Ambrose wäre bei ihm. Er hätte diesen
gelassenen Rückhalt neben sich gut brauchen können. »Ich muss Ihnen eine Frage
zu Jennifer stellen«, begann er. »Ich weiß, dass es hier um eine sensible
Angelegenheit geht, aber Ihre Antwort ist wichtig für uns.«
Tania schnaubte. »Ich denke
nicht, dass wir noch eine Empfindung haben, auf der noch nicht herumgetrampelt
wurde. Haben Sie eine Ahnung, wie schwer es ist, an seinen Erinnerungen
festzuhalten, wenn die Polizei und die Medien sich über das Leben der Tochter
hermachen?«
»Es tut mir leid«, versicherte
Patterson. »Aber es ist nötig, dass Sie mir damit helfen.« Sein Kragen fühlte
sich zu eng an. »Wurde Jennifer durch künstliche Befruchtung gezeugt?« Tania
schob ihren Stuhl zurück, dessen Beine quietschend über die Bodenfliesen
schrammten. Sie sprang auf, und ihr Gesicht sah aus wie eine zornige, starre
Maske. »Was zum Kuckuck hat das damit zu tun? Herrgott noch mal, haben wir
überhaupt keine Privatsphäre mehr?«
Maidment eilte an ihre Seite
und legte den Arm um sie. Sie wandte sich ihm zu, packte sein Hemd mit der
Faust und schlug damit gegen seine Brust. »Ja«, sagte er und hielt Tania fest,
und seine Augen funkelten. »Wir wünschten uns sehnlichst ein eigenes Kind. Wir
haben es versucht.« Er seufzte. »Wir haben es lange versucht. Dann ließen wir
uns untersuchen. Es zeigte sich, dass ich steril bin. Also haben wir uns an
eine Klinik für Reproduktionsmedizin in Birmingham gewendet. Tania wurde nach
der zweiten Insemination schwanger.« Tania schaute Patterson an, ihr Gesicht
tränenüberströmt. »Paul hat sie immer behandelt, als sei sie seine eigene
Tochter.«
»Sie war meine eigene
Tochter«, erklärte er. »Ich habe all die Jahre kaum jemals an diese Sache
gedacht.«
»Wusste Jennifer es?«, fragte Patterson.
Maidment wandte den Blick ab.
»Wir haben es ihr nie gesagt. Als sie klein war, nahmen wir uns vor, ihr eines
Tages die Wahrheit zu sagen. Aber ...«
»Ich beschloss, dass wir es
ihr nicht sagen würden«, gestand Tania. »Es war nicht nötig. Wir hatten den
Spender so ausgesucht, dass er zu Paul passte, so sah sie ihm etwas ähnlich.
Niemand außer uns wusste es, deshalb konnte niemand sonst in der Familie sich
verplappern.«
Was Pattersons nächste Frage
beantwortete. »Danke, dass Sie so offen sind«, sagte er.
»Warum fragen Sie jetzt
danach?«, wollte Maidment wissen. »Es könnte sich auswirken auf eine
Ermittlungsrichtung, die wir jetzt verfolgen.«
»Ach Gott. Könnten Sie etwas
noch Nichtssagenderes antworten?«, rief Tania. »Gehen Sie, bitte.« Maidment
folgte dem Polizisten durch den Flur. »Tut mir leid«, meinte er. »Schon gut.«
»Es geht ihr nicht gut.«
»Das sehe ich. Wir tun unser
Bestes, wissen Sie.«
Maidment öffnete die Tür. »Ich
weiß. Was ihr zu schaffen macht, ist, dass es vielleicht nicht ausreicht.«
Patterson nickte. »Das macht
auch mir zu schaffen. Aber wir geben nicht auf, Mr. Maidment. Und wir kommen
wirklich voran.« Er ging zu seinem Wagen zurück, spürte die Blicke des
trauernden Vaters auf sich ruhen und wusste, dass es für Tania Maidment niemals
genügen würde, egal zu welchem Ergebnis sie kämen. Patterson war so egoistisch,
dankbar zu sein, nicht in dieser besonderen Hölle leben zu müssen.
Paula war kurz davor, die
Geduld zu verlieren, als Mike Morrison endlich die Tür öffnete. Er trug ein
T-Shirt und Boxershorts, stank nach Alkohol und blinzelte sie verschlafen an.
»Ach, Sie sind das«, brummte er, drehte sich auf dem Absatz um und ging in
seine Wohnung zurück. Paula legte das als Einladung aus und folgte ihm in den
Trümmerhaufen, zu- dem sein Wohnzimmer geworden war. Leere Whiskyflaschen
waren neben einem Sofa aufgereiht. Auf dem Couchtisch standen sieben Flaschen
Malt-Whisky in einer Reihe von jeweils unterschiedlichem Pegelstand, von fast
voll bis fast leer. Ein verschmiertes Glas daneben. Morrison griff nach dem
Glas, während er sich schwer aufs Sofa fallen ließ. Neben ihm lag eine
Steppdecke, und er wickelte sie sich um die Beine. Der Raum war kalt, stank
aber
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