McDermid, Val
gelähmt,
während der Text vor ihren Augen durchlief. BB unterhielt sich mit jemandem, der
DirtAngel hieß. So wie es klang, vereinbarte BB gerade ein Treffen, damit sie
am folgenden Tag Dirtbike fahren konnten. Er versprach, DirtAngel die
Geheimnisse dieses Sports beizubringen. »Er wird morgen unterwegs sein«,
stellte Carol fest. GG und seine Gesprächspartnerin waren im Moment nicht
online, aber Stacey hatte auf ihren letzten Chat zugreifen können. »Er gibt
vor, ein Mädchen zu sein. Plant für ldagal ein neues Styling. Am Donnerstag
nach der Schule. Hier, seht euch das an: >Erzähl es niemandem. Ich zeig dir das größte
Geheimnis. Danach wirst du phantastisch aussehend<. Wieder Geheimnisse.«
»Er spielt mit ihnen«,
erklärte Tony. »Er kennt ihr größtes Geheimnis, das, das sie selbst nicht
kennen. Also reizt er sie mit der Idee von Geheimnissen.«
»Wer sind diese Kinder,
Stacey?«
»Ich arbeite daran«,
antwortete sie zerstreut. »Geht doch alle bitte weg und lasst mich in Ruhe, ja?
Ich schicke euch alles, was die C&A-Suche ergeben hat. Jetzt muss ich mich
in diese Accounts einschleichen, und je weniger ihr darüber wisst, desto
besser.«
Sie verschwanden nach und
nach. »Sie ist ja erstaunlich«, kommentierte Ambrose Paula gegenüber.
»Absolut spitze. Sie arbeitet
nur zum Spaß hier, wussten Sie das ?«
»Das ist ihre Auffassung von
Spaß?«
Paula lachte leise. »Oh ja. Da
kann sie ihre Nase in alles Mögliche reinstecken, und niemand wird sie
deswegen belangen. Aber wenn sie nicht hier ist, dann macht sie Millionen mit
ihrer eigenen Software-Firma. Apropos Geheimnisse. Sie glaubt, dass niemand
über ihr Doppelleben Bescheid weiß, aber einmal ist ihr Sam gegenüber der Name
ihrer Firma herausgerutscht, und das war wie ein rotes Tuch für einen Stier.
Er konnte einfach nicht aufhören, bis er jede Kleinigkeit herausgefunden
hatte.« Sie betrachtete Sam nachdenklich. »Gott steh ihr bei, wenn er jemals
merkt, dass sie in ihn verliebt ist.« Plötzlich hielt sie inne und sah
schockiert und zugleich verwirrt aus. »Was rede ich da eigentlich?« Tony, der
unbemerkt hinter ihnen gestanden hatte, sprach unvermittelt. »Weil er ist wie
du, Paula. Die Leute reden mit ihm. Genau wie sie mit dir sprechen.«
Ambrose lachte, es klang wie
ein leises Grollen, das aus seiner Brust aufstieg. »Es ist ein etwas
unheimliches Talent.«
»Davon sollten Sie Carol
nichts sagen«, riet ihm Tony. »Sie wird Sie im Handumdrehen anheuern.« Ambrose
sah sich im Raum um, in dem er sich schon so heimisch fühlte. »Man könnte es
durchaus schlechter treffen.« Tony betrachtete Carol, die mit Kevin sprach und
gleichzeitig etwas auf ihrem Schreibtisch in den Blick nahm. »Könnte man. Aber
andererseits könnte man sagen, dass sie etwas Besseres verdient hat als uns.«
Damit ging er weg und merkte überhaupt nicht, welche Aufregung seine Worte
ausgelöst hatten.
Es war eindeutig Staceys Tag,
um ihren Wert für das Sondereinsatzteam zu demonstrieren. Sie war begeistert
von Paulas Vorschlag,
die nationale DNA-Datenbank nach familiären Verbindungen zu den ermordeten
Teenagern zu durchsuchen. »Mit den Jungen können wir es machen«, erklärte sie.
»Fragt mich nicht, warum, aber mit weiblichen Verwandten funktioniert es nicht
auf die gleiche Art und Weise.« Paula wich in gespieltem Entsetzen zurück. »Oh,
bitte, Stacey, nicht die wissenschaftliche Erklärung, ich bin nur ein einfaches
Stadtmädel.«
Aber Stacey war schon dabei,
eine dringende Anfrage mit den drei DNA-Sequenzen im Anhang an die Datenbank zu
schicken. Ausnahmsweise rief sie nach ihrer E-Mail einen der Analytiker, mit
dem sie schon früher zusammengearbeitet hatte, auch noch an. Paula wartete im
Hintergrund und bemerkte, dass es keinerlei Smalltalk gab. Wenn die IT-Mitarbeiter
das gebraucht hätten, um alles glatt abzuwickeln, gäbe es überhaupt kein
funktionierendes System in der westlichen Welt, dachte sie.
»Stacey Chen hier, Bry. Ich habe
Ihnen gerade drei DNA-Sequenzen geschickt, die überprüft werden müssen. Sie
müssten ihnen erste Priorität einräumen. Wir haben einen Serienmörder, der
vermutlich bald wieder zuschlagen wird, und dieses Ergebnis könnte verhindern,
dass er sein nächstes Opfer holt... Sofort? ... Danke. Ich schulde Ihnen einen
Gefallen.« Sie nahm ihren Kopfhörer ab und sagte, ohne sich zu Paula
umzudrehen: »Er ist dran. Du kannst jetzt gehen und 'n Kaffee trinken.«
Dergestalt entlassen, ging
Paula zu ihrem Schreibtisch
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