McJesus
Blick auf das Geschehen. Die Krankenschwester kappte die Ampulle, dann zog sie die Bettdecke zurück. Schwester Peg legte sich auf die Seite, um die weiche Hälfte ihrer Hüfte zu präsentieren.
Dan traute seinen Augen nicht. Er fragte sich, ob er laut aufgestöhnt hatte oder ob es ihm gelungen war, an sich zu halten. Er zwinkerte aufgeregt und trat näher an den Fernseher heran, um besser sehen zu können. Vielleicht hielt ihn das Spiegelbild zum Narren. Bestimmt sah er nicht wirklich, was er zu sehen glaubte. Josie bemerkte, wie Dan auf den Fernseher starrte und begriff sofort, dass er alles sehen konnte. Ihre größte Sorge war nicht, dass ein Priester das Bein einer Nonne sah, sondern vielmehr, wie der Priester reagieren würde, wenn er dabei ertappt wurde. Ihre Augen trafen sich im Spiegelbild. Josie wandte sich als Erste ab, aber sie wusste, dass er wusste.
»Sie sollten sich jetzt verabschieden«, sagte die Krankenschwester zu Peg. »In einer Minute werden Sie schlafen.« Die Krankenschwester legte die Spritze auf ihr Tablett und ging.
»Okay, ihr beiden«, sagte Schwester Peg. »Sie haben die Dame gehört. Für mich ist Schlafenszeit.« Sie kicherte, als spüre sie, wie das Demerol ihren Verstand aushebelte. Ihre Augenlider sanken herab. »Schwester Peg ist müde, müüde, müüüde.« Sie kicherte leise.
Josie wollte sich rasch verdrücken. »Okay, morgen komm ich wieder. Schlaf schön.« Sie tätschelte Schwester Pegs Arm.
Schwester Peg schloss die Augen. Glücklich lächelnd schlief sie ein.
Dan blieb noch einen Augenblick stehen und überlegte, was er als Nächstes tun sollte. Josie wandte sich nervös zur Tür. »Ach, Josie«, sagte Dan. »Hätten Sie vielleicht eine Minute Zeit?«
Josie blieb stehen. O Gott, jetzt fängt er an, mich auszufragen, dachte sie. Ich kann doch einen Priester nicht anlügen – nicht nach dem, was ich Gott versprochen habe. »Hm, ich hab’s eigentlich ein bisschen eilig, Pater.«
Dan deutete zum Bett. »Nur eine Sekunde, bitte. Kommen Sie her.« Er trat ans Bett und hob vorsichtig die Decke an. Da war es, genau das, was er zu sehen geglaubt hatte. Nur war es jetzt richtig schön farbig – ein dreißig Zentimeter langes Tattoo, eine Schlange, die an Schwester Pegs elfenbeinfarbenem Schenkel hinaufkroch. Es war ein erstaunlich schöner Anblick. Das Tattoo war gut gemacht. Dan sah Josie an, um zu sehen, ob sie ihm eine Erklärung liefern wollte. Sie zuckte wenig überzeugend die Achseln. Dan blickte wieder auf die farbige Schlange. »Das ist ein Teil des Zweiten Vatikanischen Konzils, von dem ich nie gehört habe«, murmelte er, als er sich etwas tiefer darüber beugte. »Das ist ein sehr schönes Tattoo.« Er fuhr mit dem Finger über die Schlange.
Josie bedachte Dan mit einem wissenden Blick. »Aha, Sie sind einer von diesen Priestern …«
Dan nahm ruckartig seine Hand zurück und zog die Decke über das Bein. »Also«, sagte er an Josie gewandt, »haben Sie eine Ahnung, warum sich eine Nonne eine Schlange aufs Bein tätowieren lässt?«
Josie wäre gern sowohl ihrer Freundin als auch Gott gegenüber loyal geblieben. Sie zuckte die Achseln. »Hmm, vielleicht soll es sie an die Geschichte im Paradies erinnern. Wissen Sie, sie ist sehr religiös.«
Dan hätte Josie nicht nach der Tätowierung gefragt, wenn ihm nicht aufgefallen wäre, dass sie beim Anblick der bunten Schlange überhaupt keine Überraschung zeigte. Er vermutete, dass sie davon gewusst hatte. Er vermutete ferner, dass Josie plaudern würde, wenn er die Priesterkarte spielte. Er legte ihr den Arm um die Schulter. »Josie, ich kann sehen, dass Sie hin- und hergerissen sind. Aber wissen Sie – die Wahrheit wird Sie frei machen.«
Josie hatte Geheimnisse noch nie gut für sich behalten können. Als sie nun von einem Vertreter Gottes wie von einem schlechten Cop unter Druck gesetzt wurde, gab sie nach. »O Gott«, sprudelte sie heraus. »Ich dürfte es eigentlich nicht weitersagen.«
Das waren die berühmten ersten Worte aller Plaudertaschen. Josie war dicht davor, mit der Geschichte herauszurücken, und Dan zermarterte sich das Hirn nach einem Bibelspruch, den er als Brecheisen einsetzen könnte. »Im Fünften Buch Mose heißt es: ›Was verborgen ist, ist des Herrn, unseres Gottes.‹«
Nun, das war mehr, als Josie ertragen konnte. »Schwören Sie, dass Sie es niemandem verraten«, sagte sie.
Dan hob die Hand zum Schwur. »Kein Wort.«
Josie zog Dan vom Bett weg in eine Ecke und flüsterte. »Peg
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