Meagan McKinney
gedachte ihm die Schwachstellen in der Argumentation
aufzuzeigen... doch leider habe ich keine finden können. Der Platz einer Frau
ist in der Tat an der Seite ihres Mannes.«
Alana
kochte innerlich, sie konnte Trevors Dreistigkeit einfach nicht fassen. Als
sie vor ein paar Tagen ohne
ihn angekommen war, fand sie es nur gerecht, daß sie sich ihr eigenes Zimmer
aussuchen konnte, eines, das möglichst weit von seinem entfernt lag. Nun hatte
er alles mit einem einzigen arroganten Befehl zunichte gemacht.
»Bitte
rufen Sie Margaret, sie soll meine Sachen wieder in das alte Zimmer bringen.«
»Sehr wohl,
Madam.« Whittaker verbeugte sich. Alana nickte und wartete, daß er ging. Doch
er rührte sich nicht.
»Geht es
Ihnen nicht gut, Whittaker?«
»Doch,
Madam. Es ist nur ein seltsames Leiden. Es taucht zu gewissen Gelegenheiten.
auf.«
Sie
runzelte die Stirn, machte dann ein besorgtes Gesicht. Whittaker war
schließlich kein junger Mann mehr. »Wollen Sie sich setzen? Warten Sie, ich
helfe Ihnen.«
»Oh, aber
nein, Madam. Nicht Sie sollen mir helfen. Ich könnte die Schande
nicht ertragen.« Whittaker hielt abwehrend die Hand hoch:
»Soll ich
dann jemanden holen?« Ihr Blick glitt durch die riesige Halle, in der Hoffnung,
einen Lakaien oder eine Dienerin auszumachen, doch sie konnte niemanden
entdecken.
»Bitte,
Madam, kümmern Sie sich nicht um mich.
Wenn
Sie Ihre Sachen aus dem Zimmer holen wollen, ist es zwingend, daß Sie es jetzt
tun.«
»Unsinn.
Sie sind wichtiger.«
»Was haben
Sie gesagt, Madam?«
»Ich sagte,
wen kümmern schon die Sachen. Ich mache mir Sorgen um Sie.«
Whittaker
verbeugte sich. »In diesem Fall, Madam, erhole ich mich gerade schon wieder.
Ich könnte es wirklich nicht verantworten, daß die Herrin des Hauses sich
um mich sorgt.« Wieder verbeugte er sich. »Wenn Sie mich jetzt bitte
entschuldigen wollen. Ich muß Ihren Umhang au fhängen und Sorge tragen, daß
der Herr Sie heute a bend begleitet.«
Ihre
Kinnlade fiel hinunter, und er ging geschmeidig wie ein alter Fuchs fort. Es
dauerte einen Moment, bis sie begriff, was geschehen war. Dann aber verstand
sie plötzlich auch die Abneigung der Iren gegen die Briten.
Dieser
kleine, alte Butler war wirklich unverschämt.
20
An
diesem Abend war
die Academy of Music besonders voll, und die Vierhundert gaben sich kaum Mühe
zu verbergen, daß der eigentliche Mittelpunkt des Interesses eher in der
van-Alen-Loge zu finden war als auf der Bühne.
Während der
ersten Hälfte der Operette saß Alana steif neben ihrem Mann und konzentrierte
sich ausschließlich auf die Musik, bis sie ihren Arm mit dem Opernglas nicht
mehr hochhalten konnte. Trevor hatte sich selbst eingeladen, was Mara erfreute
und Alana überraschte. Mara saß zu ihrer Rechten und blickte immer wieder
staunend auf die erhabene, doch leicht abgeschabte rotgoldene Samtausstattung
des Opernhauses..
Die Academy
hatte nur achtzehn Logen, die ziemlich beengt und unbequem waren – also ganz
hervorragend konstruiert, um jene »neuen« New Yorker fernzuhalten,
die die Academy verachtete. Commodore Vanderbilt, der als Oberhaupt der
»Nouveau Riches« galt, hatte einmal fast vierzigtausend Dollar für eine solche
Loge geboten. Als sie ihm verwehrt wurde, hatte er gedroht seine eigene > Metropolitan Operhaus < zu bauen, nur um ihnen zu trotzen.
Die
van-Alen-Loge befand sich an einer Seite der Bühne. Die »Stille Macht«, Mrs.
Astor, saß am anderen Ende. Wie immer erschien die große Dame um neun Uhr, wie
immer in schwarz gekleidet und vor Diamanten strotzend. Sie hob ihr Opernglas,
um die Häupter ihrer Untergebenen zu zählen, und ließ es fast fallen, als sie
entdeckte, daß die van-Alen-Loge besetzt war. Alana mußte sie gar nicht sehen,
um zu wissen, daß der Matrone die Augen förmlich aus dem Kopf fielen, als sie
bemerkte, wer dort drüben saß.
Die Mauern
von Jericho waren eingestürzt, die letzte Bastion der Gesellschaft eingenommen,
der letzte sichere Hafen überflutet worden. Iren – einige nicht einmal lange
genug aus Irland fort, um leidlich Englisch zu sprechen – saßen nun mit
provokanter Selbstverständlichkeit in der Loge den Astors gegenüber. Alana
entging nicht, wie heftig Mrs. Astors Fächer sich plötzlich bewegte. Und den
anderen illustren Augen im Opernhaus ebensowenig.
»Sie
beobachten uns, nicht wahr, ä mhúirnin?« »Ja«, flüsterte sie Trevor zu.
Das Kosewort zermürbte sie langsam.
»Gut.«
Sie sah zu
ihm hoch und erkannte in der Dunkelheit
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