Meagan McKinney
sein trotziges, schönes Profil. Sie
war wütend, daß er ihr einfach ein neues Zimmer zugeteilt hatte und verwirrt,
daß er sich selbst eingeladen hatte mitzukommen.
Im Moment konnte Alana nichts tun, aber sie wußte, daß sie sich an diesem Abend
noch mit ihrem Ehemann streiten würde.
Eagan, der
sie ursprünglich hatte begleiten sollen, saß in Begleitung einer Schauspielerin
mit dem unglaublichen Namen Miss Evangeline de la Plume hinter ihnen. Alana
war von ihrem Aufzug, einem grellpinken Kleid mit dem offenherzigsten Ausschnitt,
den sie je gesehen hatte, schockiert gewesen. Die Frau war gewiß hübsch, wenn
auch in einer groben, fast maskenhaften Art, aber selbst wenn sie irgendwelche
bösen Makel aufgewiesen hätte, hätte Eagen sie neben ihren kaum verhüllten,
allzu herausgestellten, überquellenden Kurven kaum entdekken können.
Alana war
erzogen worden, niemals jemanden anzustarren, aber während der Fahrt in der
Kutsche und vor dem Beginn der Vorstellung in der Loge hatte sie sich ein-,
zweimal dabei ertappt, daß sie es doch tat. Um alles noch schlimmer zu machen,
bemerkte es Miss de la Plume ebenfalls und winkte jedesmal affektiert mit einem
Finger, um sofort danach albern in ihren purpurnen Straußenfederfächer zu
kichern.
Als die
Pause kam, hatte Alana keinerlei Lust, sich unter die Menge zu mischen. Mara
ging also mit Eagan, an dessen Arm eine glückliche Miss de la Plume hing.
Alana sah zu, wie die Frau davonstolzierte und fragte sich, wann dieses
erstaunliche Kleid wohl verrutschen und sie bloßstellen würde. Als sie sich
wieder Trevor zuwandte, entdeckte sie, daß er sie ansah. Die Beleuchtung war
aufgedreht worden, und sein zynisches Lächeln deutlich erkennbar.
»Wie
gefällt dir die Operette?« fragte er.
Sie sah ins
Theater hinunter und beobachtete die bewegte
Menge unter ihr. »Es ist recht nett«, antwortete sie steif.
»Und wie
gefällt dir Eagans neueste Errungenschaft?«
Alana sah
ihn erst zweimal an, bevor sie widerstrebend sein Lächeln erwiderte.
»Miss de la Plume, meinst du?«
»Ja.«
Sie suchte
nach der richtigen Antwort. »Nun, sie... sie hat einen bemerkenswerten
Kleidergeschmack.«
»Ja, das
hat sie.« Trevor lehnte sich zurück und studierte ihr Gesicht. »Zwei Dinge
solltest du über Eagan wissen, Alana. Er trinkt gern bis zum Exzeß. Und er hat
einen abscheulichen Geschmack bei Frauen.«
»Ich würde
Miss de la Plume nicht abscheulich nennen.«
»Nicht?«
»Nein. Sie
ist nur... nur etwas...«
»Etwas
wie?«
»Na ja...«
Er setzte sich noch ein bißchen bequemer in seinem Sessel zurecht. »In
Connacht haben wir einen besonderen Ausdruck für ein Mädchen wie sie. Vielleicht
ist es der, nach dem du suchst.«
»Wie lautet
er?« fragte sie höflich, denn sie erwartete eine lange, unverständliche
gälische Vokabel.
»Hure.«
Sie wollte
nicht lachen, aber seine Antwort hatte sie überrumpelt. So versuchte sie, ihr
Grinsen hinter dem Fächer zu verbergen, ihre zuckenden Schultern verrieten sie
jedoch.
»Ah, ich
sehe, dieser Ausdruck kennt keine kulturellen Grenzen.«
Sie sah mit
lachenden Augen zu ihm hoch, und in seinen funkelte offenes Vergnügen. Sie
hätte nie gedacht, daß er überhaupt Sinn für Humor besaß. »Sie sind wirklich
kein Gentleman, Mr. Sheridan. Man sagt so etwas nicht über eine Lady«, sagte
sie immer noch lächelnd mit mildem Tadel.
»Nun, ich
habe niemals behauptet, einer zu sein, nicht wahr?« Sein freundlicher Blick
verschwand. Plötzlich herrschte drückendes Schweigen zwischen ihnen.
Alanas
Lächeln erstarb auf ihren Lippen. »Nein, das hast du nicht«, flüsterte sie.
»Möchtest
du, daß ich es bin?«
Seine Worte
hingen wie ein drohendes Schwert über ihnen. Die Antwort lag auf ihren Lippen,
doch sie sagte sie nicht, vielleicht weil ihr Herz etwas anderes sagte,
und weil sie vielleicht zum ersten Mal wirklich mit Körper, Geist und Seele
Trevors Frau sein wollte. Das war ein Verlangen, das so stark wurde, daß es
fast schmerzte.
»Warum
siehst du weg?« fragte er weich.
Sie konnte
nicht antworten. Der Wunsch, ihre Ehe echt und wahr zu machen, wurde
übermächtig. Mit einem Sehnen, das an Verzweiflung grenzte, wollte sie
plötzlich Leidenschaft in seinen Augen erkennen, wollte, daß er sie hielt, sie
küßte, ihr sagte, daß er sie liebte. Sie wollte diese Mauer aus Eis
niederreißen, die ihr beider Verhalten zu Förmlichkeit verdammte, und selbst
wenn dies nur in seinem Bett möglich wäre, würde sie es für einen
Weitere Kostenlose Bücher