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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Plackerei, bis sie ihn nach unten geschafft und im Gepäckraum des Explorer verstaut hatten. Die Gambe nahm den gesamten Rücksitz ein, als sie nach Woodfield zurückfuhr. Sie freute sich über das Instrument und den Teppich, aber es stimmte sie traurig, daß sie beständig Dinge von Leuten erbte, die ihr wichtig waren.

Winterabende
    Eines Samstags ging R.J. vormittags eben die letzten der Markusschen Habseligkeiten durch, als Kenneth Dettinger im Holzhaus eintraf. Er half ihr, die Werkzeuge und Küchengeräte zu sortieren.
    »Ach, die Schraubenzieher und ein, zwei Sägen würde ich gerne behalten.«
    »Okay. Sie haben sie ja bezahlt.«
    Offensichtlich hörte sie sich so deprimiert an, wie sie sich fühlte. Er sah sie forschend an. »Was passiert mit dem restlichen Zeug?«
    »Sie geben es der Kirche für den Weihnachtsbasar.«
    »Ausgezeichnet«
    Eine Weile arbeitete jeder schweigend für sich. »Sind Sie verheiratet?« fragte er schließlich. »Nein. Geschieden - wie Sie.«
    Er nickte. Sie sah Kummer über sein Gesicht huschen, flüchtig wie ein Vogel, einen Augenblick lang sichtbar und schon wieder verschwunden. »Das ist ein verdammt großer Club, was?« R.J. nickte. »Mit Mitgliedern auf der ganzen Welt«, erwiderte sie. Sie verbrachte viel Zeit mit Eva, bei der sie sich über die alte Zeit in Woodfield erkundigte, über Ereignisse, die in Evas jungen Jahren passiert waren. Dabei hatte sie immer ein wachsames Auge auf die alte Frau, denn sie war etwas beunruhigt von einem immer deutlicher sichtbaren Nachlassen ihrer Vitalität, einem allmählichen Verfall, der kurz nach dern Tod ihrer Nichte eingesetzt hatte.
    Immer und immer wieder fragte R.J. sie nach den Crawford-Kindern, denn das Geheimnis des kindlichen Skeletts ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Linda Rae Crawford war in ihrem sechsten Lebensjahr gestorben, und Tyrone mit neun, beide vor der Geschlechtsreife. Also konzentrierte R.J. ihre Aufmerksamkeit auf die beiden Geschwister, Barbara Crawford und Hany Harnilton Crawford junior.
    »Der junge Harry war ein sanfter Junge, aber nicht für das Leben auf einer Farm geschaffen«, erinnerte sich Eva. »Hatte immer die Nase in einem Buch. Eine Zeitlang studierte er am staatüchen College in Amherst, aber dann wurde er hinausgeworfen, hatte irgendwas mit Glücksspiel zu tun. Er ist einfach weggezogen. Ich glaube, nach Kalifornien oder Oregon. Irgendwo da drüben.« Die andere Tochter, Barbara, sei ein stabilerer Mensch gewesen, sagte Eva.
    »War Barbara hübsch? Hatte sie Männer, die ... Sie wissen schon, ihr den Hof gemacht haben?«
    »Sie war schon recht hübsch, ein sehr nettes Mädchen. Ich weiß nicht mehr, ob sie irgendeinen speziellen Kerl hatte, aber sie ist dann nach Springfield auf die normale Schule gegangen und hat später einen Lehrer namens Sewall geheiratet.«
    Offensichtlich verdrossen Eva die vielen Fragen, und R.J.s Anwesenheit wurde ihr allmählich lästig. »Sie haben keine Kinder, mh? Oder einen Mann zu Hause?«
    »Nein.«
    »Also, da machen Sie einen Fehler. Ich hätte mir einen Mann angeln können, das hätte ich bestimmt getan, wenn ich frei gewesen wäre.«
    »Frei? Eva, Sie reden ja, als wären Sie damals eine Sklavin gewesen. Sie waren doch immer frei.«
    »Nicht richtig. Ich konnte nicht ausbrechen. Mein Bruder brauchte mich immer auf der Farm«, erwiderte sie steif. Manchmal wurde sie bei solchen Gesprächen sichtlich erregt, und dann zupfte sie am Tischtuch, an der Bettdecke oder an der schlaffen Haut der anderen Hand. Sie hatte ein schweres Leben hinter sich, und R.J. sah, daß die Erinnerung daran sie quälte.
    Aber auch in ihrem gegenwärtigen Leben gab es zahlreiche und immer größer werdende Probleme. Die freiwilligen Helfer der Kirchengemeinde, die ihre Wohnung sauberhielten und ihr Essen kochten, hatten in der Krise großartig reagiert, aber sie konnten diesen Service nicht längerfristig aufrechterhalten.
    Marjorie Lassiter wurde ermächtigt, eine Frau zu engagieren, die einmal pro Woche die Wohnung putzte, aber Eva brauchte weiterreichende Pflege, und die Sozialarbeiterin vertraute R.J. an, sie sehe sich schon nach einem Pflegeheim um, das bereit sei, Eva aufzunehmen. Da Eva nörglerisch war und oft laut wurde, hatte R.J. den Verdacht, daß man in den meisten Pflegeheimen versuchen würde, sie ruhigzustellen. Sie sah Schwierigkeiten voraus.
    Mitte Dezember gesellte sich zu der Kälte plötzlich der Schnee. Manchmal mummte R.
    J. sich in dicke Schichten von Kleidem ein und

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