Meeres-Braut
Koboldin und ein Flügelzentaur dort durchkamen.
In der Dorfmitte erwischten sie einen Pfad, dem sie nach Norden in Richtung des Koboldbergs und der dazwischenliegenden Gebiete folgen wollten. Doch schon bald überlegten sie es sich noch einmal. »Wollen wir wirklich durch das Drachenland?« fragte Gwenny. »Selbst wenn der Pfad durch Verzauberung sicher sein sollte, weiß ich trotzdem nicht, wie weit er in diese Richtung führt.«
»Wir könnten auch zum Gesundbadenfluß durchstoßen«, schlug Che vor. »Dann bauen wir uns wieder ein Floß und fahren flußabwärts bis zum Koboldberg.«
Gwenny schnitt eine Grimasse. »Das letzte Mal haben wir nicht gerade die besten Erfahrungen gemacht, als wir uns ein Floß gebaut haben«, wandte sie ein.
»Aber auf einem Fluß können wir wenigstens nicht auf hohe See abgetrieben werden«, entgegnete Jenny. »Und dann könnten wir während der Fahrt wenigstens die Beine ausruhen.«
Gwenny sah auf ihre Beine herab. Im Augenblick verwandelten sie sich zwar nicht gerade in Teigwaren, aber der Gedanke an Ruhe war durchaus verlockend.
So einigten sie sich darauf. Sie nahmen den nächsten Abzweig nach Osten und gelangten am Nachmittag an den großen Fluß. Der schien viel zu breit und tief zu sein, als daß er nördlich der Spalte hätte entspringen können, doch darauf wußte Che die Antwort: »Soweit ich weiß, kreuzt er die Spalte. Er strömt an der Südseite hinunter und an der Nordseite hoch. Ich vermute, daß er dazu der Magie bedarf, aber Flüsse tun immer alles, was nötig ist, um voranzukommen. Alle wissen sie, wo das Meer oder ein See ist, und bahnen sich unfehlbar ihren Weg dorthin. Das ist Teil ihrer Wassermagie.«
Nun suchten sie geeignetes Holz und Schlingpflanzen, um die Stöcke zusammenzubinden, wobei ihnen ihre frühere Erfahrung zugute kam. Als die Nacht anbrach, hatten sie ein großes, widerspenstiges Floß gebaut. Doch sie waren es zufrieden, denn jeder Wasserdrachen, der versuchen sollte, hineinzubeißen, würde einen Schlund voll pieksender Äste erwischen und seine Bemühungen wahrscheinlich schnell einstellen, bevor er ernsthaften Schaden anrichten konnte. Natürlich könnte ein Feuerdrachen das Holz in Brand setzen, aber es war ziemlich unwahrscheinlich, daß es auf dem Fluß irgendwelche Feueratmer gab. Sie beluden das Floß mit zahlreichen Kissen und Handtüchern, um daraus bequeme Schlaflager zu bauen und sich Masken gegen Dampf und Rauch anfertigen zu können, sollte das doch erforderlich werden. Und natürlich kam auch ein Berg von verschiedenen Pasteten und zahlreichen Milchkapseln hinzu.
Als es Nacht geworden war, begannen sie mit ihrer Floßreise. Che hatte ihnen versichert, daß seine Geographie keine Wasserfälle auf diesem Fluß aufwies. Es könnte zwar sein, daß sie sich an irgendeinem herabhängendem Ast verhedderten, doch das würde sie lediglich aufhalten, ohne ihnen zu schaden. Vielleicht kamen sie nur langsam voran, weil die Strömung sehr sanft war, aber dafür wären sie auch Tag und Nacht unterwegs, was auch recht nett war.
Tatsächlich schienen die Flußdrachen nicht aufzupassen, denn sie blieben die ganze Nacht über unbelästigt. Am Morgen hatten sie schon ein ordentliches Stück Fluß zurückgelegt und waren dem Koboldberg schon sehr viel näher gekommen. Da hob Gwenny den Blick und erspähte einen Flugdrachen, der über ihnen seine Kreise drehte. Ach ja: Die Flügelungeheuer wachten immer noch über sie und mußten ihren Wasservettern wohl mitgeteilt haben, daß dieses Floß ungehindert durchzulassen sei. Das war der Vorteil, Che Zentaur dabeizuhaben.
Im Laufe von zwei Tagen kamen sie so dicht an den Koboldberg heran, wie der Fluß Lust hatte, sich ihm zu nähern. Gwenny konnte schon verstehen, weshalb er es vorzog, ein Stück abseits zu bleiben. Mit einem gewissen Bedauern ließen sie ihr großes Floß zurück und setzten ihren Fußmarsch fort.
Nun gingen sie in westliche Richtung auf den Berg zu, der schon vor ihnen in der Ferne gen Himmel ragte. Das war Gwennys eigentliches Zuhause, aber sie hatte es nur selten von außen gesehen, und es sah scheußlich aus. In den vergangenen beiden Jahren hatte sie eine Vorliebe für offenes Gelände und für die oberirdische Hütte der Zentauren entwickelt. Wenn sie einmal nach Hause zu Besuch gekommen war, hatten die Zentauren sie meistens durch die Luft dorthin geflogen, und da hatte sie ihre Brille auch nicht getragen, so daß sie alles nicht so deutlich hatte erkennen können. Das
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