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Meeres-Braut

Titel: Meeres-Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
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geflügelte Koboldmädchen. Doch es ging nicht allein um Skandale: Er hatte die Pflicht, die Art, die auf diese Weise entstanden war, zu erhalten und zu erweitern. Aber wo würde er jemals ein geflügeltes Zentaurenfohlen weiblichen Geschlechts finden?
    Che riß sich aus den nebelhaften Wolken der Spekulation in die Wirklichkeit zurück und wandte sich Godiva zu. »Ich vermute, daß Gobbel hilflos sein wird, solange der Zauberstab ihn schweben macht und seine Hände keinen Halt finden. Aber ich nehme auch an, daß diese Reise zum Fluß Lethe anstrengend wird. Was soll geschehen, wenn die Tunnel zu schmal werden, um ihn von den Wänden abzuhalten? Was ist, wenn wir schlafen müssen? Wie sollen wir ihn ernähren, ohne daß er uns zu packen bekommt?«
    »Ich kenne zwar nicht den ganzen Weg, aber ich weiß, wie er beginnt«, erwiderte Godiva. »Es gibt da einen großen Kamin im Stein, eine richtige unterirdische Schlucht. Die werdet ihr nur mit Hilfe des Zauberstabs überqueren können. Seid ihr erst einmal auf der anderen Seite, kann Gobbel nicht mehr allein zurückkommen. Dann könnt ihr ihm gewisse Freiheiten lassen, weil er von euch abhängt. Natürlich wird er versuchen, den Stab zu stehlen, während du schläfst, aber er wird nicht dazu in der Lage sein, damit umzugehen. Damit dürfte dieses Problem gelöst sein. Nein, was mir sehr viel mehr Sorge macht, ist die Gefahr des Letheflusses selbst, ebenso diese furchtbaren tiefen Höhlen. Als erstes müßt ihr durch den Höhlentrakt der Callicantzari.«
    »Die Callicantzari!« rief Gwenny entsetzt. Che wußte, weshalb ihr grauste: Das waren Wesen, die so aussahen wie riesige, in die Länge gestreckte Kobolde, deren Muskeln verkehrt angebracht waren und die jede Kreatur, derer sie habhaft wurden, abzukochen und zu fressen pflegten. Sie waren so schlimm, daß selbst die Kobolde sie verabscheuten und fürchteten.
    »Und danach wird es möglicherweise sogar noch schlimmer«, fuhr Godiva fort. »Ich werde die Risiken nicht beschönigen, meine Tochter, denn du mußt sie erst begriffen haben, bevor du es wagst. Ich fürchte, daß du vielleicht niemals zurückkehren wirst. Wenn du es aber tust, wirst du auch fähig sein, diesen Stamm zu führen. Das wird dann niemand außer Gobbel mehr anzweifeln. Du mußt dich entscheiden, ob du dein Anliegen lieber aufgibst und ins Exil gehst, wodurch du es zuläßt, daß Gobbel Häuptling wird. Ich bin sicher, daß die Zentaurenfamilie dich aufnehmen wird.«
    »Das wird sie«, bestätigte Che. Doch mehr durfte er nicht sagen – dies war Gwennys Entscheidung.
    »Ach, ich wünschte, mein Vater hätte wenigstens noch ein paar Jahre mit dem Tod gewartet!« rief Gwenny ohne irgendeine geheuchelte Zuneigung zu dem Verstorbenen. »Ich bin einfach noch nicht bereit dafür!« Doch dann spannte sie den hübschen Kiefer an. »Ich werde es dennoch tun. Ich muß die Kinder unseres Stamms vor einer Verletzung der Erwachsenenverschwörung bewahren, und ich muß auch den Koboldberg vor dem Grauen beschützen, das Gobbels Häuptlingstun für alle bedeuten würde. Vor allem aber muß ich meine Bestimmung erfüllen, die mir zuteil wurde: nämlich die Kobolde zu anständigen Leuten zu machen. Falls ich das überhaupt kann.«
    »Ich hatte fast gehofft, du würdest dich anders entscheiden«, erwiderte Godiva. »Dann komm mit. Ich nehme dich jetzt beiseite und stelle den Zauberstab auf dich ein.« Sie warf Che und Jenny einen Blick zu. »Seid nicht beleidigt. Sollte Gwendolyn euch in sein Geheimnis einweihen wollen, steht ihr das zu. Ich aber muß mich an die Abmachung halten, die ich mit meiner eigenen Mutter getroffen habe.«
    »Natürlich«, antwortete Che. Die einzige Möglichkeit, ein Geheimnis zu wahren, bestand darin, es tatsächlich zu wahren, und der Zauberstab bezog einen großen Teil seiner Macht aus der Tatsache, daß kein Unbefugter mit ihm umzugehen vermochte. Krach Oger hatte das Geheimnis des Stabs einst entdeckt und vor langer Zeit an Goldy Kobold weitergereicht, und seitdem hatte er ihr und ihrer Tochter gute Dienste geleistet.
    Auf dem Tisch standen Speis und Trank. Während Gwenny und ihre Mutter fort waren, machten Che und Jenny sich darüber her. »He – das ist ja Rülpswasser!« sagte Jenny, nachdem sie einen Schluck aus der Flasche genommen hatte. »Meinst du, wir sollten…?«
    »Wir sind streng genommen keine Kinder mehr«, ermahnte er sie bedauernd. »Wir müssen ein gutes Beispiel abgeben. Und deshalb – keine Essensbalgereien

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