Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry
Geschäfte bis nach London ausdehnt. Jetzt ist er selbst zurückgekehrt. Ich werde ihn persönlich unter meine Fittiche nehmen, Sir.“
„Hat er mit den Morden etwas zu tun?“ fragte der Oberst stirnrunzelnd.
Wieder zuckte Morry mit den Achseln. „Wir sind noch nicht so weit, Sir! Geben Sie uns noch ein paar Tage Zeit.“
Oberst Miller schien wieder einmal einen besonders schlechten Tag zu haben. Er brummte und murrte in einem fort. „Haben Sie schon ein Motiv für die mysteriösen Morde gefunden? Warum müssen denn die Burschen um Sam Lupin alle sterben? Wer hat ein Interesse daran, sie zu vernichten? Ich könnte mir nur einen Mann denken...“
„Sie meinen Ray Mortimer, Sir?“
„Ja. Ich meine Ray Mortimer. Er hat einen berechtigten Haß auf den ganzen Verein. Denn diese Burschen sind es vermutlich gewesen, die ihn damals am Hafen niederschossen. Sie stellen ihm auch jetzt noch nach. Sie möchten ihm gern das Licht ausblasen. Er aber kommt ihnen zuvor. Er hetzt sie in Angst, Schrecken und Verderben. Das stimmt doch? Oder sind Sie anderer Ansicht?“
„Ja, Sir“, erklärte Morry mit sympathischem Lächeln. „Wir haben Ray Mortimer schon ein dutzendmal verhört. Zum Zeitpunkt eines Verbrechens war er immer ziemlich weit vom Tatort entfernt und besaß stets ein Alibi. Mara Revell paukte ihn immer wieder heraus.“
„Ach was“, knurrte Oberst Miller verächtlich. „Dieser Gangsterbraut würde ich kein einziges Wörtchen glauben. Was ist denn mit dem Telegramm, das Sie nach Singapore schickten? Haben Sie schon Antwort erhalten?“
Morry nickte. „Bisher hat sich nur die Interpol gemeldet, Sir! Ihr ist ein Mann namens Ray Mortimer nicht bekannt. Wir müssen auf die Antwort der anderen Behörden warten.“
„Beim Satan“, knirschte der Oberst erbost. „Wissen Sie denn diesmal überhaupt nicht, wo Sie den Hebel ansetzen sollen?“
„Doch“, erwiderte Morry trocken. „Ich kenne eine junge Dame, die eine ganze Menge über den Verein in der Sodom Bar und über Ray Mortimer weiß. Sie heißt Cilly Saddler und arbeitet als Bedienung in dem Saftladen am Wenlock Basin. Ich werde sie heute Abend aufsuchen. Vielleicht bringe ich sie endlich zum Reden.“
„Tun Sie das“, schnaufte der Oberst. „Erstatten Sie mir morgen früh gleich Bericht. Und nun Schluß der Debatte.“
Die Unterredung war beendet. Kommissar Morry verbrachte den Rest des Tages damit, Ordnung in seine Schriftsachen zu bringen. Abends nach Dienstschluß machte er sich auf den Weg nach Hoxton. Er ließ sich Zeit. Kurz nach neun Uhr traf er am Wenlock Basin ein. Die Sodom Bar hatte seit einer Stunde ihre Pforten geöffnet. Hell strahlten die blauen Glühbirnen in die Nacht. Sie gaben dem schäbigen Eingang ein beinahe festliches Aussehen.
Morry trat mit heiterem Lächeln in die Barstube ein. Er setzte sich in die Nähe der Theke und bestellte bei Cilly Saddler einen Martini. Da noch wenig Betrieb war, forderte er sie zu einem Drink auf. Sie holte sich ein Glas und ließ sich ängstlich neben ihm nieder.
„Sicher wollen Sie mich wieder ausfragen“, meinte sie unruhig. Sie blickte sich furchtsam in der dämmerigen Stube um. In einer Ecke saßen ein paar Gelbe und stierten giftig zu ihr her. Sie lauschten begierig auf jedes Wort.
„Sprechen Sie leise, Sir“, murmelte Cilly Saddler erregt. „Sie wissen nicht, wie gefährlich meine Lage hier ist. Jedes unbedachte Wort kann mich an den Rand des Verderbens führen.“
„Warum bleiben Sie dann immer noch hier?“ fragte Morry verwundert. „Einer so tüchtigen Kellnerin steht doch die ganze Welt offen. Was hält Sie denn in der Sodom Bar?“
Cilly Saddler schwieg. Sie senkte den Blick. Nervös nestelten ihre Finger an der Tischdecke. „Ich will Ihnen sagen, warum Sie bleiben“, fuhr der Kommissar gedehnt fort. „Sie lieben Ray Mortimer immer noch. Stimmts nicht?“
„Er hat ja längst eine andere“, murmelte Cilly Saddler niedergeschlagen. „Er erinnert sich nicht mehr an unsere früheren Beziehungen. Vielleicht will er sie auch absichtlich vergessen. Ich war ihm nur Mittel zum Zweck. Weiter nichts.“
„Sie kennen Ray Mortimer länger als alle anderen“, forschte Morry weiter. „Wissen Sie wer ihn damals niedergeschossen hat?“
„No, Sir!“
„Bestimmt nicht?“
„No, Sir!“
„Aber Sie vermuten, daß es John Dallas oder einer seiner Freunde war?“
„Vielleicht waren es die Gelben, Sir!“ äußerte Cilly Saddler scheu. Gleich darauf bereute sie ihre
Weitere Kostenlose Bücher