Mein Leben für dich
Ihre Geldbörsen, und falls dort Ebbe herrscht … Dort drüben steht eines dieser neumodischen Gerätschaften, die das Geld einfach herausspucken, wenn man ein paar Tasten drückt. Versuchen Sie es, das macht Spaß!«
Eine neue Lachsalve setzt ein und Kai Thalbach wartet geduldig und milde lächelnd ab, bis sie verebbt.
»Ich selbst werde Ihnen zu jedem Teil eine kleine Geschichte erzählen: aus welchem Stück es stammt und welche Schauspieler es getragen haben. Sie werden noch staunen, meine Damen und Herren. Aber zuerst … begrüßen Sie mit mir unsere charmante Hauptdarstellerin der kommenden Stunde: Miriam Falkenstein!«
Der Applaus setzt ein und Mia betritt mit einem strahlenden Lächeln die Bühne. Erst wirkt sie noch ein bisschen schüchtern, was aber ziemlich sympathisch rüberkommt. Dann winkt sie jedoch und wirft sogar Kusshände ins Publikum. Sie sieht aus wie ein Engel, denke ich, indem ich kurz vergesse zu atmen. Und wieder versetzt mir die Vorstellung einen Stich, dass es ausgerechnet Kai Thalbach ist, der ihr die Flügel verliehen hat.
»Mia, du trägst einen traumhaften Hut, der passt ja ganz wunderbar zu deiner braunen Lockenpracht«, schleimt er auch schon wieder los. Kai gibt ihr ein Küsschen auf die Wange und ich muss mich wegdrehen, sonst kotze ich gleich auf meine Schnabelschuhe, in die schon weiß Gott wer seine stinkigen Schweißfüße gesteckt hat.
»Und vielen Dank auch an Simon Winter, Mias Gefährten und Bodyguard.«
Was? Mein Blick schnellt hoch und ich sehe, wie Kai auf mich deutet.
»Er spielt heute meinen Geldeintreiber und wird mir nachher hoffentlich ein hübsches Sümmchen in seinem Ledersäckel überreichen.«
Was? Wie bitte? Dieses verdammte Arschloch! Alle Hälse recken sich nun in meine Richtung und mir wird in meinem Kostüm noch heißer als ohnehin schon. Toll, dass mir keiner erzählt hat, dass ich mich damit jetzt auch noch unters Publikum mischen darf.
Ich hätte diesen verdammten Job gar nicht erst annehmen dürfen. Warum bin ich damals nicht von der Treppe gestürzt, als Falkenstein mich gerammt hat? Dann würde ich jetzt mit gebrochenen Knochen im Krankenhaus liegen und könnte den ganzen Tag fernsehen, während mir eine sexy Schwester in kurzer weißer Schürze das Essen ans Bett bringt. Wo, bitte schön, ist mein früheres Leben abgeblieben? Wo sind meine Freiheiten? Ich wollte Teil einer coolen Gang sein und mich nicht von der Gesellschaft unterkriegen lassen. Und wo stecke ich jetzt? In einem albernen Kostüm, um das wahrscheinlich selbst Dirk Bach zu Lebzeiten einen großen Bogen gemacht hätte.
»Leider, leider, liebste Mia, wirst du deinen wunderschönen Hut gleich wieder hergeben müssen.« Kai setzt einen traurigen Dackelblick auf. »Ja, denn wir wollen schließlich, dass Sie, liebe Damen, sich um dieses schöne Teil streiten und sich darin überbieten, es zu Ihrem ganz persönlichen Eigentum zu machen. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere von Ihnen sogar noch daran: Meine geschätzte Kollegin Christiane Berger hat den Hut zwei Spielzeiten lang als Eliza in My Fair Lady getragen. Ein Muss für jede Frau mit Klasse …«
Während Kai weiterlabert, sehe ich plötzlich vor der Bühne einige Kameraleute und Fotografen, die emsig dabei sind, ihre Apparaturen aufzubauen. Verdammt, das auch noch. Klar, so eine Spendenaktion zieht die Reporter natürlich an wie die Schmeißfliegen. Ich merke, wie mir mulmig wird. Einerseits kann ich gut drauf verzichten, in diesem bescheuerten Aufzug in die Zeitung oder ins Fernsehen zu kommen – am Ende erkennt mich noch jemand, was die komplette Blamage wäre. Andererseits hat Falkenstein mich gebeten, Mia so gut es geht von der Presse fernzuhalten. Und jetzt kann ich nichts mehr unternehmen, was nicht erst recht für Unruhe und Aufmerksamkeit sorgt. Ich kann nur mitspielen, aufpassen und hoffen, dass die Reporter Mia möglichst in Ruhe lassen und vor allem nicht wieder mit dieser Drohbriefsache anfangen. Denn ganz ehrlich: Ein zweites Mal wird Mia sicher nicht glauben, das Ganze wäre ein albernes Gerücht. Sie wird Fragen stellen und ich weiß nicht, ob ich es schaffe, ihr dann nicht die Wahrheit zu sagen.
Mia
Ich fühle mich ein bisschen so, als wäre ich ein Model auf einem Laufsteg, während ich immer wieder die Bühne betrete und dem Publikum ein Teil nach dem anderen präsentiere. Die Leute sind total begeistert und steigern nur so um die Wette. Ich hab mitgerechnet und Simon müsste eigentlich schon
Weitere Kostenlose Bücher