Mein Offizier und Gentleman
erinnern.“
„Na ja, du warst noch sehr klein. Ich war hinaufgeklettert, um ein verirrtes Kätzchen zu retten, und du kamst mir nach. Statt zu helfen, fi elst du dann vom Baum.“
Lucy schüttelte lächelnd den Kopf. „Aber es hat mich nicht vom Klettern abgehalten. Weißt du, als Jack zur Taufe von Mariannes Baby kam, fand er mich in einem Baum sitzend … wahrscheinlich hält er mich deswegen für ein törichtes Kind. Und er wird bestimmt böse mit mir sein … eigentlich wusste ich, dass dieser feurige braune Hengst nichts für mich ist.“ Nach kurzem Zögern setzte sie hinzu: „Wir hatten zuvor gestritten.“
„Jack hat fast den ganzen Tag bei dir am Bett verbracht – genau genommen ging er erst, als ich ihn abzulösen kam. Er sorgt sich schrecklich um dich, Liebes. Ich glaube, er liebt dich sehr.“
„Meinst du?“ Lucy runzelte die Stirn. Zu gern hätte sie ihre Sorgen vor ihrer Schwester ausgebreitet, doch das war unmöglich, zu sehr schon hatte sie Jack verletzt. Sie würde ihre Dummheit nicht noch krönen, indem sie diese sehr vertraulichen Dinge ausplauderte. „Ja, vielleicht liebt er mich …“
„Wieso stellst du es infrage? Ich kenne Jack Harcourt recht gut, weil Hal und er so eng befreundet sind. Lucy, er hätte dich nicht um deine Hand gebeten, wenn er nichts für dich empfände. Siehst du, er wählte dich, obwohl er jede heiratsfähige Dame der Gesellschaft hätte haben können! Sicher, du bist schön und von angenehmer Wesensart, doch, liebe Schwester, trotzdem hätte er nie um dich angehalten, wenn er dich nicht liebte. Außerdem – hast du nie bemerkt, wie er dich anschaut? Seine Blicke sprechen Bände.“
Nachdenklich lauschte Lucy ihrer Schwester. Nun erinnerte sie sich wieder an Jacks Küsse, seine Neckereien und anspielungsreichen Blicke, daran, wie er alles getan hatte, um ihr zu gefallen, und ihr wurde klar, wie albern sie gewesen war, an ihm zu zweifeln. Jack hatte ein Geheimnis, doch es musste nicht zwangsläu fi g das sein, was sie vermutete. Eigentlich hätte sie schon eher darauf kommen müssen … Diese Rosa rief den Jungen Antonio, Jack jedoch nannte ihn Anthony … Lucy seufzte. Sie hatte Jack gekränkt; irgendwie würde sie nun die Kluft zwischen ihnen überbrücken müssen. „Ich glaube …“ Sie brach ab, als Millie eintrat, ein Körbchen mit herrlichen roten Rosen in der Hand, deren schwerer Duft sich sofort im Raum ausbreitete. „Oh, wie schön!“
„Das schickt Seine Lordschaft“, erklärte Millie und lächelte, als sie sah, wie ihre Herrin sich eifrig aufsetzte. „Gut, dass es Ihnen besser geht, Miss. Wir haben uns alle Sorgen um Sie gemacht.“
„Bitte, stell’ sie dort aufs Fensterbrett, wo ich sie sehen kann“, bat Lucy. „Und sie duften so wunderbar! Wie aufmerksam von Jack!“
„Er befahl dem Gärtner, nur die allerschönsten zu schneiden“, sagte das Mädchen. „Kann ich Ihnen noch etwas bringen? Vielleicht ein Glas Milch oder eine Tasse Suppe?“
„Ja, bitte. Aber ich möchte lieber Tee und ein wenig Gebäck.“ Schelmisch sah sie ihre Schwester an. „Erinnerst du dich, wie ich einmal an deinem Bett saß und dir die Kekse wegfutterte? Damals warst du noch der Ansicht, es gebe keine romantische Liebe.“
„Nun, als ich Hal traf, wurde ich eines Besseren belehrt“, seufzte Jo glücklich. „Ich glaube, Jack liebt dich ehrlich, Lucy. Wenn du das allerdings nicht glaubst und nicht glücklich bist, musst du die Verlobung lösen. Mama wäre nicht böse, und auch ich würde fest zu dir stehen.“
„Ach, nein, nein, das will ich ja gar nicht – nur habe ich Jack erzürnt, und nun fürchte ich, er könnte sich zurückziehen.“
„Lucy geht es anscheinend viel besser“, verkündete Jo, als sie später unten auf Jack traf. „Sie hat nach Tee und Gebäck verlangt. Übrigens befürchtet sie, du könntest böse mit ihr sein. Warst du sehr verärgert, weil sie sich deinen Braunen geben ließ?“
„Nicht über sie bin ich verärgert, sondern über mich.“ Jack sah sie reuevoll an. „Wir stritten uns, wie sie vielleicht erwähnte. Und was das Pferd angeht, hätte ich sie warnen müssen, denn einem so feurigen Vollblut ist sie trotz ihres Talents nicht gewachsen.“
„Das Pferd erschreckte sich vor einem Fuchs, sagte sie, deshalb wurde sie abgeworfen. Aber wenn sie mit dem Tier bis zum See kam, muss sie es bis dahin gut im Griff gehabt haben. Unterschätze sie nicht, Jack! So zart und feenhaft sie auch aussieht, ist sie doch stärker,
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