Mein Schwein pfeift
der Jacke und füllte sie mit dem grauen Mehl. Dann gab ich Fersengeld.
Die Verfolger waren weder gut zu Fuß noch treffsichere Schützen, so dass ich ohne Schusswunden die Etappenziele Tür, Straße und Auto erreichte. Als die beiden hinter meinem Benz herballerten, hatte ich diesen Besuch bereits als lustige Erzählung für Kaminabende mit den Enkelkindern abgespeichert.
Klaus Lindner wohnte in einer netten Maisonettewohnung nahe seiner Kanzlei. Wenn man das Domizil betrat, sah man gleich, dass hier kein Armer hauste. Die Dielenwände hatte ein Münsteraner Künstler gestaltet, der von dem Lohn seinen Traum verwirklicht und nach Ibiza übergesetzt hatte.
Lindner öffnete im Smoking und wirkte etwas gereizt: »Du hast mir noch zu meinem Glück gefehlt.«
»Wer ist denn da?«, bollerte eine Frauenstimme aus den Tiefen der Wohnung.
Eine stark geschminkte Frau im schwarzen Galakleid stöckelte auf Stilettos in den Flur. Ihre pechschwarzen Haare waren hochgesteckt, die dunkelbraunen Augen funkelten angriffslustig.
»Willst du uns nicht einander vorstellen?«
Wenn das Lindners neue Flamme war, dann gute Nacht, denn der Ton der Dame glich dem eines Unteroffiziers.
»Dieter Nannen, ein Freund. Gitta von Remberg, meine Freundin.«
»Deine Verlobte!«, fauchte Gitta.
»Bitte, Liebling, uns kann hier jeder hören«, zischte Klaus und schloss vorsichtshalber die Haustür. »Und vor Dieter müssen wir unsere Streitigkeiten weiß Gott nicht ausbreiten.«
»Im ersten Punkt hast du ausnahmsweise recht, im zweiten nicht. Dieter kann ruhig alles mitbekommen.«
Yeah, auf einen zünftigen Beziehungsstreit hatte ich jetzt richtig Bock.
»Ich muss kurz was Berufliches mit Klaus besprechen. Dauert nicht lange.«
Mittlerweile waren wir im Wohnzimmer angelangt. Im Hintergrund dudelte leise ein Mozart-Streichquartett. Gitta griff sich ein Sektglas und nippte daran.
»Sag die Wahrheit: Du willst Klaus zu einer Sauftour überreden, dabei ist dein Gesicht ja noch vom letzten Mal ganz rot. Aber du hast dich geschnitten: Heute ist er fest mit mir verabredet.«
»Mein Indianergesicht ist die Folge einer Gaspistolenattacke, Schätzchen«, erwiderte ich genervt.
»Du musst Gitta entschuldigen, sie ist heute etwas nervös«, war Lindner die Situation mehr als peinlich.
»Ich bin die Ruhe in Person«, widersprach der Gegenstand der Äußerung und fragte: »Dieter, was würdest du sagen, wenn du einen Heiratstermin geplant hast, aber deine Verlobte an diesem Tag für einen Segelturn nach Australien jetten will? Wäre dir das egal?«
Mir fiel nichts anderes ein, als hilflos in Richtung Klaus zu starren.
»Von einem Hochzeitstermin wusste ich nichts«, blaffte er seine Dulcinea an. »Mir ist sogar neu, dass wir heiraten werden, wo wir uns doch erst seit einem Monat kennen.«
»Das ist ja wohl die Höhe! Mein lieber Dieter, was würdest du sagen, wenn deine Verlobte plötzlich von Hochzeit nichts mehr wissen will? Ich wäre jedenfalls unzufrieden. Sehr unzufrieden. Wirklich sehr, sehr unzufrieden.«
»Du bist peinlich, meine Teure«, machte Klaus aus seinen Gefühlen keine Mördergrube. »Wir haben letztens mal kurz herumgesponnen, irgendwann vielleicht einmal eine Familie zu gründen, und du bestellst ohne Rücksprache das Aufgebot. Den Australientrip habe ich gebucht, als ich dich noch nicht einmal kannte. Wenn das ein Fehler war, bitte ich dich um Verzeihung«, troff seine Stimme vor Sarkasmus.
Gitta überlegte kurz: »Sehr, sehr unzufrieden. Wenn sich ein Mann nach nur einer Woche nicht mehr an seine Worte erinnern kann, ist das mehr als traurig.« Im nächsten Moment schleuderte sie das Sektglas in Klaus’ Richtung, der aber gekonnt auswich. Ich musste Schlemmbach unbedingt stecken, dass er den Anwalt beim nächsten Völkerballbenefizspiel auf jeden Fall in den Kader nahm.
»Ich werde unsere Beziehung überdenken. Es hat, wie es aussieht, wenig Zweck mit uns beiden. Du darfst mich morgen anrufen«, trippelte sie von dannen und ließ die Haustür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen.
»Was war das denn?«, stellte ich die Frage, die von mir zu erwarten war.
»Frag besser nicht. Gitta ist von Beruf Erwin Rombergs Tochter. Ein stinkreicher Industrieller, der im großen Stil Schnaps brennt und nach Übersee exportiert. Wir haben uns auf einer von Rombergs legendären Schnapspartys kennengelernt. Hey, sie sieht gut aus, war nett, und ein paar Funken sind auch geflogen.«
Klaus warf seine Smokingjacke auf einen Stuhl,
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