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Mein Schwein pfeift

Mein Schwein pfeift

Titel: Mein Schwein pfeift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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goss uns beiden Schampus ein und fuhr fort: »Aber ich sag dir, die Frau hat einen Schuss. Vorgestern zum Beispiel hat sie mir im Büro eine Szene gemacht, weil ich mit meiner Sekretärin geredet habe. >Sie angebaggert<, waren ihre Worte! Der Putzfrau soll ich kündigen, weil sie mich anflirtet, dabei ist die Dame weit über siebzig und hat grauen Star. Die Geschichte mit der Hochzeit ist der vorläufige Höhepunkt. Ich befürchte, bald wieder solo zu sein«, machte er tatsächlich einen betrübten Eindruck. Hatte gar nicht gewusst, dass Klaus unter seinem Single-Dasein litt. Für mich war er der Inbegriff des erfolgreichen, gutaussehenden Rechtsanwalts gewesen, der seinen Hormonhaushalt immer mit wechselnden Frauenbekanntschaften regulierte, meistens aus dem Sekretärinnengewerbe.
    »Schwamm drüber, so bleibt mir zumindest der langweilige Operettenball in Hörstel erspart«, war er wieder ganz der Alte. »Weshalb bist du eigentlich hier?«
    Nach ausführlicher Schilderung der letzten Tage, bei der ich mehrfach die Tiefe der Schuld hervorhob, in der ein gewisser Rechtsanwalt bei einem gewissen Privatdetektiv stand, seufzte Lindner: »Schöne Scheiße. Aber zumindest hast du durch die Arbeit im Freien Farbe bekommen. Steht dir gut.« Haha, war das lustig.
    »Ich brauche einen Chemiker, der den Sand schnellstmöglich analysiert.«
    »Kein Problem«, zog Klaus sein iPhone aus der Hosentasche.
    »Boris Schiöhr, Chemielehrer am Martin-Heidegger-Gymnasium. Habe ihm bei einer Erbschaftssache geholfen. Ein Freak auf dem Gebiet.«
    Nachdem ich Schiöhrs Adresse notiert hatte, war die Zeit des Abschieds gekommen.
    »Lass den Kopf nicht hängen, das wird schon wieder. Am besten rufst du Gitta sofort an«, umarmte ich Lindner in einer Anwandlung von Mitleid.
    »Danke für den Tipp, weißer Mann, hugh und tschüs.« Musste er mich immer an meinen roten Schädel erinnern?

    Für Dülmener Verhältnisse wohnte Schiöhr in einem Wolkenkratzer, denn Gebäude mit sechs Stockwerken fand man sonst nur in den westfälischen Metropolen Münster und Rheine.
    »Mensch, sind Sie oxydiert?«
    Schiöhr, ein langer spindeldürrer Mittdreißiger, schob seine Hornbrille auf die Nase. Er war eine witzige Erscheinung, eine genetische Mixtur aus Jimi Hendrix — was die Frisur betraf — und Christian Ziege — was die Akne betraf. Ein dunkelblauer Jogginganzug von Adidas, ein gelbes Sweatshirt mit dem Puma vorne drauf und grüne Basketballschuhe von Nike rundeten das Outfit harmonisch ab.
    »Sieht wirklich böse aus, aber ich habe ein probates Gegenmittel. Folgen Sie mir.«
    Federnden Schrittes ging Boris voran. Gleich sprang er bestimmt hoch und machte einen Dunking.
    »Mein Wohnzimmer«, erklärte er, als wir sein Labor betraten. »Hier experimentiere ich.«
    Er durchwühlte zwei Hängeschränke, bis er triumphierend eine lilafarbene Tube in die Höhe streckte: »Wirkt Wunder gegen Hautreizungen. Bitte nicht von der Farbe des Behältnisses abschrecken lassen. War ein Sonderangebot. Was war noch mal der Grund Ihres Besuchs?«
    »Hatte ich noch gar nicht genannt. Ich benötige dringend eine chemische Analyse dieses Sandes, und Klaus Lindner hat Sie als absolute Koryphäe empfohlen.« Mit diesen Worten drückte ich ihm die Camel-Schachtel in die knochige Hand.
    »Herkunft, Zusammensetzung, das volle Programm?«
    »Alles, was Sie herausfinden können.«
    »Kein Problem, aber das ist keine Sache, die sich in fünf Minuten erledigen lässt. Einige Stunden wird das schon dauern.«
    »In Ordnung, ist sowieso schon spät. Ich gebe Ihnen meine Karte, und Sie rufen mich an, sobald Sie fertig sind.«
    Um seinen Arbeitseifer zu erhöhen, drückte ich ihm einen Fünfziger in die Hand, den er aber partout nicht annehmen wollte. Erst als ich drohte, auf hundert zu erhöhen, wechselte der Schein den Besitzer.

9

    Nach einer traumlosen Nacht wurde ich gegen zehn von Kindergeschrei geweckt. Karin wiegte Kevin auf dem Arm, aber der Winzling wollte sich einfach nicht beruhigen.
    »Ich versteh das nicht. Er ist frisch gewickelt, und seine Biomilch hat er auch bekommen«, war sie der Verzweiflung nahe.
    »Vielleicht zahnt er?«, glänzte ich mit exzellentem Halbwissen.
    »Kann sein. Dutschi, dutschi, dutschi«, verfiel sie wieder ins wohlbekannte Kauderwelsch. Kevin regte dies allerdings noch mehr auf, was verständlich war.
    Ich entschied mich zur Ritterlichkeit. »Lass mich mal ran.« Doch auch ich war anscheinend nicht zum Babysitter geboren, denn er schrie mit

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