Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Sommer nebenan (German Edition)

Mein Sommer nebenan (German Edition)

Titel: Mein Sommer nebenan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Huntley Fitzpatrick
Vom Netzwerk:
bleibt nur die ungeschönte, schreckliche Wahrheit.
    »Es war meine Mutter, die deinen Vater angefahren hat. Sie hat am Steuer gesessen …«
    Jase wendet mir ruckartig den Kopf zu und schaut mich fassungslos an. Ich kann zusehen, wie alle Farbe aus seinem Gesicht weicht. Seine Lippen öffnen sich, aber es kommt kein Ton heraus.
    »Ich war dabei. Ich habe auf der Rückbank geschlafen und nicht mitbekommen, was passiert ist. Es hat ein paar Tage gedauert, bis ich es begriffen habe.« Ich sehe ihn an, wappne mich innerlich gegen seinen hasserfüllten, angewiderten Blick, rede mir ein, dass ich es irgendwie überleben werde. Aber er starrt mich an, als hätte ich ihm gerade die Faust in den Magen gerammt und ihm alle Luft aus den Lungen gepresst. Ich frage mich, ob er unter Schock steht und ich noch einmal wiederholen soll, was ich gerade gesagt habe. Mir fällt der Schokoriegel ein, den er mir auf Alice’ Rat hin nach der Horrorfahrt mit Tim gegeben hat. Ich wünschte, ich hätte einen dabei.
    »Clay saß auch mit im Wagen«, rede ich zögernd weiter. »Er hat ihr gesagt, dass sie weiterfahren soll. Nicht dass es eine Rolle spielt, ich meine, sie saß am Steuer, aber …«
    »Sie haben noch nicht einmal angehalten?« Jase’ Stimme klingt schroff. »Sie sind noch nicht einmal zu ihm hingegangen, um sich zu vergewissern, dass er noch atmet? Um ihm zu sagen, dass Hilfe unterwegs ist? Sie sind einfach weitergefahren?«
    Ich versuche tief Luft zu holen, aber es will mir nicht wirklich gelingen. »Ja. Mom hat den Wagen zurückgesetzt und ist weitergefahren. Clay hat von der nächsten Tankstelle aus anonym bei der Polizei angerufen.«
    »Er lag dort ganz allein im Regen, Samantha.«
    Ich nicke, versuche den Kloß in meiner Kehle hinunterzuschlucken, der sich anfühlt wie mit Stacheldraht umwickelt. »Wenn ich es mitbekommen hätte, wenn mir klar gewesen wäre, was da passiert ist …«, sage ich, »wäre ich ausgestiegen. Das musst du mir glauben, Jase. Ich wäre ausgestiegen. Aber ich lag auf der Rückbank und habe geschlafen. Es ist alles so schnell gegangen.«
    Jase steht auf und sieht aufs Wasser hinaus. Als er schließlich etwas sagt, ist seine Stimme so leise, dass ich ihn nicht verstehe. Ich stelle mich neben ihn und würde ihn gern berühren, um wenigstens körperlich die Kluft zu schließen, die sich zwischen uns aufgetan hat, aber es ist, als hätte er einen unsichtbaren Schutzschirm um sich herum errichtet, der verhindert, dass ich ihm zu nahe komme.
    »Seit wann weißt du es?«, fragt er so leise, dass ich ihn wieder kaum höre.
    »Der Verdacht ist mir zum ersten Mal gekommen, als du erzählst hast, dass es auf der Uferstraße passiert ist, aber ich …«
    »Das war schon am nächsten Tag«, unterbricht Jase mich. Jetzt ist seine Stimme laut und vorwurfsvoll. »Als die Ärzte ein Loch in Dads Schädel gebohrt haben und die Polizei uns gegenüber so getan hat, als würde sich alles aufklären.« Er schiebt die Hände in die Hosentaschen und stellt sich mit dem Rücken zu mir an den zerklüfteten Rand des Felsens.
    Ich folge ihm, lege eine Hand auf seine Schulter. »Aber ich war mir nicht sicher. Ich wollte es nicht wahrhaben. Bis ich eine Woche später mitbekommen habe, wie Clay und Mom sich darüber unterhalten haben.«
    Jase dreht sich nicht zu mir um, sondern starrt immer noch auf den Fluss hinaus. Aber immerhin schüttelt er meine Hand nicht ab.
    »Und da hast du dir gedacht, dass das ein guter Zeitpunkt wäre, um Schluss zu machen?« In seiner sonst so ausdrucksvollen Stimme liegt keinerlei Gefühlsregung.
    »Clay … er hat damit gedroht, die Verträge zu kündigen, die Moms Wahlkampfbüro mit eurem Baumarkt abgeschlossen hat, und ich …«
    Jase schluckt, als er das hört, und dreht sich zögernd zu mir um. »Das ist alles ein bisschen viel auf einmal für mich, okay?«
    Ich nicke.
    »Ich schaffe es einfach nicht, dieses Bild aus meinem Kopf zu bekommen. Dad, wie er im Regen auf der Straße liegt. Er ist aufs Gesicht gefallen, wusstest du das? Als der Wagen ihn erfasst hat, ist er ungefähr fünf Meter weit durch die Luft geschleudert worden. Er lag mitten in einer Pfütze, als die Rettungskräfte am Unfallort ankamen. Ein paar Minuten länger und er wäre ertrunken.«
    Ich würde am liebsten davonlaufen. Wieder fehlen mir die Worte. Das was passiert ist, lässt sich nicht mehr gutmachen.
    »Er hat keine Erinnerung daran«, fährt Jase fort. »Er weiß nur noch, dass er dachte, es würde gleich zu regnen

Weitere Kostenlose Bücher