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Mein Vater der Kater

Mein Vater der Kater

Titel: Mein Vater der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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etwas wie einen theoretischen Ansatz liefern. Ob es funktionierte? Das würde ich am Freitagabend erfahren. Georgia wollte Coq au vin machen.
    Ich nahm den Brief und die frisch gravierte Uhr an mich. Meines W issens befand sich sonst nichts mit ›Corky ‹ drauf im Haus. Und dieses Haus stand vereinzelt, so daß es keine neugierigen Nachbarn gab. Und mein Auto hatte ich noch nie weniger als drei oder vier Querstraßen entfernt abgestellt. Ich war schon immer vorsichtig und zurückhaltend gewesen – wie ich es als Finanzmakler auch war. Das bedeutete im allgemeinen, daß man es mit älteren Klienten zu tun hatte und auf dem Markt weniger Triumphe feiern konnte. Jetzt bedeutete es Sicherheit. Und keine Bunny mehr.
    Ich zerstörte den Brief so gründlich, wie es unser Aktenvernichter im Büro getan hätte. Die Uhr behielt ich natürlich. Sechstausend Dollar waren kein Pappenstiel und Gravuren jederzeit wieder zu entfernen. Als ich (früher als sonst) nach Hause kam, schlug ich vor, ins Kino zu gehen, wo es einen Film gab, den Georgia gern sehen wollte. Sie war begeistert. Während sie unter die Dusche hüpfte, legte ich die Uhr in meine ›Müllschublade‹, an die sie nie ging und die vollgestopft war mit alten Brillen, Manschettenknöpfen, die ich nicht benutzte, kleinen Schachteln voller Knöpfe, kanadischen Münzen, nutzlosen Schlüsseln und jetzt auch der Uhr einer toten Frau.
    Am Freitag aß Phil Hayes bei uns Coq au vin, trank dazu eine Flasche Merlot, und Georgia erkundigte sich nach dem Einbrecher von Fairdelle.
    »Wir warten noch auf den FBI-Bericht. Wir sind ziemlich sicher, daß wir dicht dran sind. Derweil«, setzte er glücklich hinzu, »haben wir einen Mord.«
    Georgia stieß einen kleinen Entzückensschrei aus.
    »Es handelt sich um eine Frau namens Bunny Hellstrom«, sagte Phil. »Eine Bedienerin vom Cafe Lampligh- ter.« Er schwieg eine Weile und fügte dann, zu meinem Wohlbefinden beitragend, hinzu: »Sieht nach einem Raubmord aus. Es könnte ihr Ex-Mann gewesen sein, ein großer, gemeiner Kerl. Einem Brief zufolge, den wir bei ihr gefunden haben, hatten sie wegen eines Autos Streit.«
    »Hast du ihn schon verhört?« fragte Georgia.
    »Wir müssen ihn erstmal finden, und das wird nicht ganz leicht werden.«
    »Trink noch einen Schluck Wein«, sagte ich und fühlte mich einmal mehr wohl.
    Jetzt die schlechte Nachricht.
    Am Dienstagabend, als Georgia bei einer Zusammenkunft des Frauenvereins von Fairdelle war und ich Überstunden machte (dieses Mal echte), suchte der Einbrecher unsere bescheidene Anderthalb-Millionen-Hütte heim.
    Georgia bemerkte es als erste. Sie war eine halbe Stunde vor mir nach Hause gekommen und hatte festgestellt, daß eine kleine Lampe im Wohnzimmer nicht mehr brannte. Wir ließen immer eine Lampe brennen und das Radio an – der unausgegorenen Theorie folgend, daß sich Einbrecher dadurch zu dem Glauben verleiten ließen, es sei jemand im Haus. Der Einbrecher von Fairdelle wußte es besser. Er hatte die Lampe ausgeknipst, weil er lieber im Dunkeln arbeitete, das Radio jedoch angelassen, wahrscheinlich um Unterhaltung zu haben, während er uns total ausraubte.
    Ich rechnete es Georgia hoch an, daß sie nicht durchgedreht war. Als ich – zwanzig Minuten nach ihrer Entdeckung – heimkam, hatte sie bereits Bruder Phil angerufen und war dabei, durchs Haus zu streifen, um genauer festzustellen, was alles fehlte. Das war nicht so einfach. Wir führten keine Inventarliste. Phil sagte uns, die Opfer von Einbrüchen merkten oft erst Tage oder Wochen später, was sie alles verloren hatten.
    »Meine Schmuckschatulle ist leer«, berichtete Georgia dem Bruder und bemühte sich dabei, nicht in Tränen auszubrechen. »Alles weg! Er muß die Sachen einfach in eine Tasche oder so etwas gekippt haben. Soviel zu deinem wählerischen Dieb!«
    Phil runzelte die Stirn. »Er muß gewußt haben, wo ihr beide euch aufgehalten habt und wie kurz das Fenster der Gelegenheit offenstand.«
    »Fenster der Gelegenheit!« sagte ich bitter. »Nennt ihr das heute so?«
    »Ich hab dir doch gesagt, Corky, daß der Bursche ein schlauer Fuchs ist. Er muß eure Bewegungen beobachtet haben. Wußte wahrscheinlich von dem Treffen des Frauenvereins und auch, wie lange die normalerweise dauern. Wußte, daß du im Büro warst und bis spät in die Nacht arbeiten –«
    »Wie sollte er das wissen können?«
    »Weil...« Phil zögerte erst, beschloß dann aber wohl, aus Dankbarkeit für das Freitagsessen seiner Schwester

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