Mein Weg mit Buddha
Unterschied verstanden?«
»Ich glaube schon«, antwortete ich etwas zögerlich, »doch könnte es nicht sein, dass eine gewisse ›Zwecknegativität‹ uns davor beschützt, Enttäuschungen zu erleben? Ich will einfach nicht so traurig sein, wenn das, was ich mir vorgenommen habe, dann doch nicht klappt.« Kleinlaut, weil ich das Gefühl hatte, Dr. Yamasaki würde mich gleich auseinanderpflücken, fügte ich hinzu: »Ich schraube meine Erwartungen eben nicht so hoch.«
»Dann werden Sie nie ein großartiger Mensch werden!« Peng. Das saß. »Nur wer das Höchste anstrebt, kann auch das Höchste erreichen. Denken Sie an Mozart oder Einstein. Oder an – wie heißt dieser deutsche Fußballer gleich noch? Die Zielsetzung ist wichtig, egal ob Sie eine Oper schreiben, ein Bild malen, einen Marathon laufen oder zum Mond fliegen. Ich weiß«, führte Dr. Yamasaki fort, »wir Menschen sind für diese Stimmen des Zweifels anfällig. Wir hören ihnen gerne zu, lassen uns einlullen und abbringen von unserem Weg, Großartiges zu schaffen und unser höchstes Potenzial zu entfalten. Je mehr wir diesen Stimmen zuhören, desto stärker untergraben sie unsere Gebete (das gilt auch für die christlichen Gebete!). Wir beginnen unbewusst, falsch zu beten. Und wenn wir einen gewissen Punkt überschritten haben, geben wir uns den negativen Stimmen hin, wie wir es die meiste Zeit unseres Lebens getan haben. Dort angelangt, haben unsere Gebete kaum noch Chancen, sich zu erfüllen. Wenn wir chanten, projizieren sich unsere Gedanken und Empfindungen ins Universum. Das ist wie ein Spiegel. Also wenn wir unbewusst unsere Gebete verändern, akzeptiert das Gesetz des Universums ( Myoho ) diese unsere Gedanken, als seien es tatsächlich unsere Wünsche. Es liegt also in unserer Verantwortung, an unseren Wünschen festzuhalten, ohne uns durch die negativen Stimmen entmutigen zu lassen. Wie ich schon sagte: Es gibt keine Kompromisse, sonst haben wir von Anfang an verloren. Und vergessen Sie nie«, fügte Dr. Yamasaki noch hinzu, »Sie sind ein Bodhisattva aus der Erde und ein Botschafter für Kosen-rufu 12 . Sie haben diesen wundervollen Beruf und diesen Platz in der Öffentlichkeit gewählt, weil Sie eine Aufgabe haben. Diese Aufgabe beginnt jetzt. Seien Sie mutig und ein stolzer Sieger, pardon, eine stolze Siegerin. Dann werden Sie alle Schwierigkeiten meistern und ganz sicher die Herausforderung dieser Talkshow bewältigen. Ich danke Ihnen, dass Sie mir mit Ihren Fragen Anregungen gegeben haben. Sie sehen, der Meister profitiert immer von seinem Schüler.« Und damit war ich entlassen.
Ich hatte in diesen zwei Stunden sehr viel gelernt und war ein großes Stück weitergekommen. Ich hatte meinen Verstand und mein Herz wirklich »erweitert«, hatte mich angestrengt, zu begreifen, und war bemüht, das, was man mir beibrachte, in meinem Leben umzusetzen.
Das war also in angewandter Form die Welt des Lernens. Dieser Lebenszustand beinhaltet aber jede Art des Lernens, egal ob mit einem »Lehrer« (meist übernimmt das Leben selbst diese Rolle) oder durch eigene Anstrengung. Einige Wochen nach meiner »Führung« durch Dr. Yamasaki befand sich dann ein bezaubernder Roger Willemsen in der Welt des Lernens. Er war zum Vorgespräch für seine Talkshow extra nach Paris gereist. Wir hatten ein wunderbares Gespräch im »Café de Flore« mitten in Saint-Germain, und diesmal hatte ich die Rolle des »Meisters« inne.
Teilerleuchtung
Die Welt der Teilerleuchtung ist quasi die »Schwester« der Welt des Lernens. In diesem Lebenszustand haben wir nicht nur etwas gelernt, sondern es auch durch eigenes Bemühen verstanden. Jawohl! Zum Beispiel eine mathematische Formel wie (a + b)² = a² + 2 ab + b² – obwohl ich selbst da passen muss. Mathe war für mich immer ein böhmisches Horrordorf. Oder wir haben begriffen, wie eine Uhr funktioniert, wie eine Soße besonders gut gelingt (das kann ich weitaus besser als Mathe!) oder – im simpelsten Fall – wie man das Licht anschaltet.
Aber Achtung: Die Gefahr der Teilerleuchtung besteht darin, sich in eine Art »Versenkung« fallen zu lassen oder sich im umgekehrten Fall als »Überflieger« zu fühlen, sprich in einen Zustand zu geraten, in dem man vor lauter Intelligenz, Begeisterung und Wissensdurst seine Umwelt nicht mehr wahrnimmt. Wir werden dann zum Sklaven unseres eigenen Intellekts, der uns suggeriert, niemand könne uns jemals das Wasser reichen, alle anderen Menschen lägen unter unserem geistigen
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