Mein Weg mit Buddha
eine Außenszene bei Mitternacht, im Februar bei minus 28 Grad. Himmel, ist das lange her. Doch heute ist es so präsent, dass ich es fast körperlich spüren kann. Ich erinnere mich an die Skidoo-Rennen, bei denen sich TF in seiner gelben Rallye-Jacke für die Dame seines Herzens wie ein Held und Ritter inszenierte. Manchmal glaube ich, dass wir uns aus einem früheren Leben kannten und er mir deshalb so vertraut schien. Wahrscheinlich habe ich ihn deswegen niemals hinterfragt. Ich kaufe mir am Weihnachtsstand vor der Belluna-Bar gegenüber dem Casino einen Punsch und marschiere den Hahnenkammweg hinauf, bis ganz nach oben. Dort steht das Haus einer ehemaligen Freundin, hier war unser Kitzbühel-Zuhause. Es ist dunkel, niemand ist zu Hause. Gott sei Dank. Das fehlte mir noch, dass man mich hier sieht! Ich schüttle die Erinnerungen ab, wie ein Hund das Wasser aus seinem nassen Fell. Das reicht für heute. Ich werde noch meinen guten alten Bekannten, Urbi, den »rasenden Reporter«, auf ein Glas Wein im »Tiefenbrunner« treffen – und dann geht es wieder an den großen Esstisch, der mir hier als Schreibtisch dient.
Wenn wir nicht in Kitzbühel oder Südfrankreich waren, gab es mit Sicherheit in Wien ein paar wichtige Pressetermine, die eine oder andere Party eines Teppichhändlers oder eines Schickimicki-Arztes mit Villa in Bestlage oder Soireen des »Adabei«-Adels in prunkvollen Stadtpalästen , die man – also TF – auf gar keinen Fall verpassen durfte. Nicht zu vergessen die »Pflichtbesuche« von diversen »Clubbings« und »Eröffnungen« – Hauptsache, man wurde gesehen. Der Terminkalender war stets so voll, dass ich in den seltensten Fällen Gelegenheit hatte, alte Freunde zu besuchen oder mit Mitgliedern der buddhistischen Organisation zusammen zu chanten. Ich glaube, in all diesen Jahren nahm ich höchstens fünfmal an Aktivitäten der Soka Gakkai Österreich im Wiener Kulturzentrum teil. Ich ließ meine buddhistische Praxis total schleifen. Da mein heiß geliebtes Salzburg nicht gerade TFs »heiße Liebe« war, blieb ich dort meistens allein und pflegte meinen Freundeskreis, der mich in diesen Jahren sowieso selten zu Gesicht bekam.
Ich habe neulich meine Bücherregale aufgeräumt und dabei auch meine Pressemappen sortiert. Dass die Mappe aus meiner Zeit mit TF dicker ist als die aus der (doppelt so langen!) Zeit von meinem Ehemann und mir – spricht wohl Bände. Dabei sind die gemeinsamen Filme nicht mitgezählt, denn die haben eigene Ordner.
Wie auch immer. Ich habe mich in der Zeit mit TF tutti kompletti vereinnahmen lassen und meinen Weg mit Buddha so ziemlich vergessen. Und so entsetzlich loyal, wie ich bin, habe ich unbeirrt zu TF gehalten, beruflich wie privat, und bis zur letzten Sekunde daran geglaubt, dass es mir gelingen würde, diesen Mann auf die richtige Spur zu bringen, um gemeinsam etwas Wertvolles zu schaffen.
Tsunami
Wie nicht anders zu erwarten war, krachte dieses oberflächliche Konstrukt von »Spaß-Beziehung« in sich zusammen, als die Zeiten schwierig und stürmisch wurden und ich nicht mehr die Kraft besaß, weder finanziell noch emotional, unser bisheriges Leben am Laufen zu halten. Bis zu einem gewissen Zeitpunkt hatte ich an das Märchen vom Vermögen des Herrn TF geglaubt. Klar, man kann, vor allem in einer Partnerschaft, finanzielle Forderungen mal rückstellen. Aber nicht bis ultimo. Und als ich begreiflicherweise nicht locker ließ, wurde ich ebenfalls »rückgestellt«. In TFs Augen hieß das: »Problem beseitigt«.
Es gibt viele Möglichkeiten, sich von einem Partner zu trennen, im Guten, im Bösen, mit lautem Streit oder leisen Vorwürfen, Türen knallend, kalt, tränenreich oder wie auch immer. Manche schreiben einen Abschiedsbrief, eine E-Mail oder im schlimmsten Fall nur eine SMS. Es gibt aber noch eine Stufe darunter: An einem Vormittag verschwand TF nach dem Screening und der Pressekonferenz zu unserem letzten gemeinsamen Film in Rom einfach spurlos und war fortan über sämtliche Kommunikationsmittel unerreichbar. Diese Show ereignete sich kurz vor Weihnachten. Ganz toll. Bravo! Damit hatte TF wahrlich den Vogel abgeschossen! Ich fiel in eine totale fundamentale Dunkelheit und fand keinen Ausweg aus diesem Labyrinth, diesem Irrgarten aus Verletzung, Nichtverstehen, Wut, Einsamkeit, Ressentiments, der Hoffnung, dass wieder alles gut werden würde, und Zukunftsangst. Immer wieder stand ich vor den gleichen Wänden und blickte in mein Spiegelbild – die
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