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Mein Wille geschehe

Mein Wille geschehe

Titel: Mein Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Sloan
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»Du musst
    dich ausruhen, Mutter«, sagte sie. »Noch nicht
    reden.« Doch Ruth schob auf diese energische Art
    das Kinn vor, die ihrer Familie nur zu vertraut
    war, stützte sich auf und fragte hartnäckig: »Wie viele?«
    Ihre Tochter legte ihr die Hände auf die Schultern und drückte sie sachte zurück auf ihr Kissen.
    Harry seufzte. »Zehn Mitarbeiter sind umgekom-
    men«, sagte er.
    »Und von den Kindern?«
    Die Tochter schüttelte heftig den Kopf, doch Har-
    ry zuckte die Achseln. »Sechsundfünfzig«, sagte
    er.
    Ruth Zelkins Welt, zuvor schon grau, wurde nun
    gänzlich schwarz.
    Das Kinderzimmer, in dem Jason Holman den
    größten Teil seiner kurzen Kindheit verbracht hat-te, war dunkel. Die schweren Vorhänge, die das
    Tageslicht verdrängt hatten, damit er ungestört
    seinen Mittagsschlaf machen konnte, waren zu-
    gezogen. Janet Holman saß in dem großen
    Schaukelstuhl aus Ahornholz, in dem sie ihren
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    Sohn gestillt, gewiegt und getröstet hatte, wenn
    er sich fürchtete oder ihm etwas wehtat. Diesen
    Raum hatte sie seit dem Mittwochabend nicht
    mehr verlassen.
    Sie brauchte kein Licht, um sein Lächeln zu se-
    hen, wenn sie ihn aus seiner Wiege gehoben hat-
    te, oder die kleinen Arme, die sich nach ihr aus-
    streckten, Zeichen seines bedingungslosen Glau-
    bens, dass sie ihn vor allem Bösen beschützen
    würde, das in der Welt lauerte. Janet Holman
    wusste nicht mehr, ob es Tag oder Nacht war,
    und es war ihr auch egal. Wer die große Eigen-
    tumswohnung der Holmans betrat, ging leise und
    flüsterte, doch das wäre nicht nötig gewesen,
    denn Janet nahm keine Geräusche mehr wahr.
    Sie saß nur da und schaukelte vor und zurück,
    wie sie es getan hatte, wenn Jason unruhig ge-
    wesen war, und starrte in den dunklen Raum, in
    eine Welt, die so unerträglich schmerzhaft und
    gnadenlos war, dass sie nur einen Wunsch hegte:
    Jason zu folgen.
    »Sie hat seither rein gar nichts zu sich genom-
    men«, sagte ihr Mann Rick allen Besuchern. »Ich
    habe versucht, mit ihr zu sprechen, aber sie hört mich, glaube ich, nicht einmal. Sie sitzt nur da
    und starrt ins Leere.« Seine Augen waren rot vor
    Müdigkeit. »Wir müssen… Entscheidungen tref-
    fen, wegen dem Begräbnis und allem. Aber sie
    will nichts davon hören. Es scheint mir fast, als glaube sie, sie könne es ungeschehen machen,
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    wenn sie nicht darüber redet. Ich weiß nicht, was ich tun soll…« Seine Stimme verlor sich. »Ich
    kann mich doch um das Begräbnis kümmern«,
    bot sein Bruder ihm an. »Dann kannst du bei Ja-
    net sein.«
    »Wenn ich nur wüsste, was sie will«, murmelte
    Rick. »Ruh dich jetzt aus«, schlug seine Schwä-
    gerin vor. »Überlass alles andere uns.«
    Rick betrat das Kinderzimmer, beugte sich über
    den Schaukelstuhl und nahm seine Frau in die
    Arme. Er merkte kaum, dass der Priester ihm ge-
    folgt war und nun still hinter ihm stand.
    Rick wusste genau, wie Janet zu Mute war. Sie
    hatten dreizehn Jahre lang versucht, ein Kind zu
    bekommen, und Jason war der einzige Überle-
    bende dieser Versuche gewesen. »Mein Bruder
    kümmert sich um das Begräbnis«, murmelte er in
    ihr Haar. »Es wird so, wie du es willst, schlicht, keine Musik, keine Medien, nur Familie und
    Freunde, die sich von Jason verabschieden.«
    Er spürte, wie ihr Körper zuckte. »Er kann nicht
    alleine bleiben«, sagte sie mit merkwürdig hoher
    Stimme. »Du weißt, dass er Angst hat, wenn er
    alleine ist.«
    »Er wird nicht alleine sein«, sagte Rick sanft, obwohl er in diesem Augenblick nicht an ein höhe-
    res Wesen glauben konnte, das sich seines Soh-
    nes annahm. »Nein, er wird nicht alleine sein«,
    sagte Janet in diesem beängstigenden Tonfall,
    »weil ich ihn begleiten werde. Dann werden wir
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    für immer zusammen sein.«
    »Bitte, Liebes, sag nicht solche Sachen«, erwider-te ihr Mann so ruhig wie möglich und fasste sie
    unwillkürlich fester an den Schultern, als könne
    sie ihm jeden Augenblick entgleiten. »Du weißt,
    dass du Jason nirgendwohin folgen kannst.«
    »Doch, ich kann das«, sagte sie, und ihre Stimme
    jagte ihm einen Schauer über den Rücken. »Du
    kannst deinem Bruder sagen, dass sich niemand
    verabschieden muss.« In diesem Augenblick mel-
    dete sich der Priester zu Wort. »Liebes Kind, so
    verzweifeln Sie nicht«, sagte er. »Jason ist in lie-benden Händen. Er ist jetzt bei Gott.« Janet Hol-
    man blickte zu dem Mann auf, als sähe sie ihn
    zum ersten Mal im Leben. »Was für einem
    Gott?«, fragte sie, sichtlich

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