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Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
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fertigbringen«, sagte Durdu. Kerimoğlu rührte sich nicht vom Fleck.
»Schaff erst mal das Geld her, Aga!«
Sergeant Recep und Horali setzten sich wieder, um dem Schauspiel zu folgen. Was auch immer der Grund sein mochte, Receps Augen lachten.
Als Durdu sah, daß Kerimoğlu immer noch reglos dastand, trat er langsam auf ihn zu und ließ den Kolben seines Gewehrs mit aller Wucht auf seine Schulter niedersausen. Der alte Mann sackte zusammen. Durdu zerrte ihn am Arm wieder hoch. Im Hintergrund des Zeltes schrien Frauen und Kinder auf.
»Hör mal, Aga! Du magst über deinen Saçikarali-Stamm gebieten - hier in den Bergen kommandiert Durdu der Tolle. Güdükoğlu!« dröhnte er. »Du gehst mit dem Aga und bringst alles Geld, das er hat. Auch die Goldmünzen von den Frauen. Verstanden?«
»Ja, Pascha!«
Das war eine von Güdükoğlus Aufgaben bei der Bande: Bei jedem Überfall sammelte er das Bargeld und die Wertsachen ein. Wo er gewesen war, blieb nicht ein Kuruş zurück. Heute war sein großer Tag. Er packte den Aga am Arm, schleifte ihn mit. »Na, dann komm mal, Kerimoğlu. Zeig, wo du dein Geld hast, oder du kriegst eine von Güdükoğlus blauen Bohnen zu schmecken!«
All dein Geld oder dein Leben!« schrie Durdu.
Am Zelteingang waren die Frauen und Kinder der anderen Jurten zusammengelaufen. Durdu verscheuchte sie. »Fort mit euch in eure Zelte! Ihr kommt nachher dran!«
Kerimoğlus Blicke suchten Memed und Cabbar. Die beiden standen hinter ihm. Er wandte sich um. Memed schlug die Augen nieder, als ihm der alte Mann mit einem Ausdruck ins Gesicht sah, daß es ihm die Kehle zusammenschnürte. Der Greis wandte sich zur anderen Seite und schritt Güdükoğlu voraus.
Im Frauenteil des Zeltes hatten sich die jammernden Weiber in ihrer Angst wie Schafe aneinandergedrängt.
»Öffne die Truhe bedeutete Kerimoğlu einer der Frauen. »Nimm. alles Geld heraus und gib es dem Mann da. Legt alle eure Ketten, Armbänder und Ringe ab und gebt sie mir.«
Er wußte, daß Durdu ihm nicht einen Kuruş lassen würde. Da war es besser, ihm alles freiwillig auszuliefern.
Güdükoğlu kam mit einem Packen Banknoten und einem Sack Goldmünzen. Kerimoğlu hatte den gesamten Goldschmuck der Frauen eingesammelt.
»Ist das wirklich alles,?« fragte Durdu, als er die Beute an sich genommen hatte.
»Jetzt ist nichts mehr da.«
Sonst war das bei den Plünderungen anders. Auf Durdus Frage »Ist das alles?« pflegte Güdükoglu regelmäßig zu antworten: »Es ist noch mehr da, Pascha«, um dann mit einem Goldstück oder einer Banknote wieder aufzutauchen. Er durchsuchte das Haus so lange, bis er auch das Letzte an barem Geld aus irgendeinem Winkel zutage gefördert hatte. Er brauchte einen Menschen nur anzusehen, um zu wissen, ob irgendwo noch etwas Wertvolles versteckt war.
»Bist ein kluger Mann, Kerimoglu«, höhnte Durdu, »du hast alles freiwillig herausgerückt. So leicht hat es mir bisher noch niemand gemacht.«
Der alte Mann war leichenblaß, wie versteinert stand er da. Seine Lippen zitterten.
»Durdu der Tolle hat so eine Gewohnheit ... Vielleicht hast du schon davon gehört, Kerimoglu? Etwas, was andere Banditen nicht tun. Aber andere Banditen bringen es ja auch nicht fertig, Kerimoglu zu überfallen ... Weißt du, was ich meine?« Kerimoglu schwieg.
»Diese Gewohnheit besteht dann, daß er die Leute, die er ausplündert, bis auf die Unterhosen auszieht. Also herunter mit deinen Sachen!«
Kerimoglu rührte sich nicht. »Ausziehen, habe ich gesagt!« Kerimoglu stand immer noch reglos. Bebend vor Wut stürzte Durdu auf ihn zu, versetzte ihm einen Faustschlag in den Nacken, stieß ihn ein paarmal mit dem Gewehrkolben vor die Brust. Der alte Mann taumelte, Durdu packte ihn am Arm, riß ihn wieder hoch.
»Ausziehen!«
»Tu mir das nicht an, Durdu ... Kerimoglus Zelt hat noch nie einer überfallen ... Das bringt dir kein Glück!«
Durdu geriet vollends außer sich. Er ließ den Arm des Greises los, bearbeitete ihn mit Fußtritten.
Kerimoglu, am Boden liegend, stöhnte: »Nicht ... es bringt dir kein Glück ... «
Durdus blinde Wut steigerte sich zur Raserei. Er trampelte auf Kerimoglu herum. »Daß mir das kein Glück bringt, weiß ich selbst - aber sie sollen wenigstens von mir sagen: Der hat dem großmächtigen Kerimoglu die Hosen ausgezogen!«
Der Lärm hatte ein paar von den Frauen aus dem rückwärtigen Zeltteil herbeieilen lassen. Eine warf sich weinend über Kerimoglu. Güdükoglu riß die Frau zurück, schleuderte sie beiseite.
Durdu

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