Menetekel
wer.»
«Ja.»
Jabba sah ihn an wie ein Kind im Zoo, das einen Panda mit drei Augen entdeckt hat. «Bist du bescheuert? Das ist nämlich genau der falsche Spielzug, Mann. Was auch immer die machen, wir sollten besser abtauchen, bis die damit fertig sind. Uns in Luft auflösen, nach Kanada oder sonst wohin verschwinden und uns nicht rühren, bis sich die Lage wieder beruhigt hat.»
Jetzt war Matt es, der ihn ansah wie einen Außerirdischen. «Ist das dein Ernst?»
Jabba starrte ihn skeptisch an. «Vorhin hast du wissen wollen, wie Vince und ich auf die Idee gekommen sind, dass wir rauskriegen könnten, was dahintersteckt. Jetzt frage ich dich das. Ich meine, warst du mal bei der Polizei oder beim FBI oder so was? Oder bist du bei irgendeinem Spezialkommando gewesen?»
Matt schüttelte den Kopf. «Da ordnest du mich genau der falschen Seite zu.»
«Na wunderbar», ächzte Jabba. «Ganz toll. Jetzt mal im Ernst, Mann. Die Typen sind echt finster drauf. Die bringen die Leute gleich hubschrauberweise um.»
Matt fiel etwas ein. «Kannst du rauskriegen, wer noch alles in dem Hubschrauber saß?»
«Du hörst mir überhaupt nicht zu, oder?»
«Doch. Merkst du doch.»
Jabba sah verzweifelt aus. «Das wird ein böses Ende nehmen, Mann.»
Matt ignorierte die Bemerkung. «Vielleicht kannst du auch rauskriegen, was ihre Fachgebiete waren. Und wer sie finanziert hat.»
Jabba seufzte. «Mir bleibt wohl keine andere Wahl.» Er griff nach seinem Rucksack und holte den Laptop heraus.
«Meinst du, du kriegst in dieser Absteige eine Internetverbindung?»
«Also, WLAN haben sie bestimmt nicht, aber …» Jabba hielt sein iPhone hoch und ließ ein böses Grinsen aufblitzen. Es erlosch rasch wieder. «Ach nein, vergessen. Darf ich ja nicht benutzen. Verdammt.» Er rieb sich mit seinen fleischigen Händen das Gesicht, dachte nach. «Kommt drauf an, was du brauchst. Vierzig Sekunden sind Maximum. Sonst können sie uns eingrenzen.»
Matt verzog das Gesicht. «Hast du dir das aus
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abgeguckt, oder reden wir hier über etwas, was es wirklich gibt?»
Jabba hielt das Handy hoch. «Alter. Weißt du, was ich damit als Allererstes gemacht habe? Ich hab’s geknackt. Einfach, um den Anbietern eins auszuwischen.»
«Soll heißen?»
«Soll heißen, dass ich es befreit habe. Ich kann es mit meinem Laptop zusammenstöpseln.»
«Gut. Aber vielleicht gehen wir lieber auf Nummer sicher und fragen den Typ an der Rezeption, ob wir seinen Computer benutzen dürfen.»
Jabba runzelte die Stirn. «Wieso? Was brauchst du denn noch?»
«Ein kleines Update. Um zu erfahren, wo unsere Freunde mit dem Chrysler abhängen.»
KAPITEL 32
BERGE ÜBER DEM WADI AN-NATRUN, ÄGYPTEN
Pater Hieronymus sah ganz anders aus, als Gracie ihn sich vorgestellt hatte. Das überraschte sie nicht. Ihrer Erfahrung nach ähnelten die Leute ihren Fotos oder Videos nur selten. Ab und zu zu ihrem Vorteil, aber meistens zu ihrem Nachteil – dank Photoshop war es fast immer eine Enttäuschung. Bei Pater Hieronymus hatte sie schon allein deshalb damit gerechnet, weil er inzwischen einiges durchgemacht hatte. Und er war tatsächlich um einiges dünner, abgezehrter und gebrechlicher. Aber selbst hier, im Licht dreier Gaslaternen und einiger in der erdrückend dunklen Höhle verteilter Kerzen, war er weitaus einnehmender als auf dem Bildmaterial, und die lebendigen grüngrauen Augen ließen sein Alter vergessen.
«Dann erinnern Sie sich also überhaupt nicht an Ihre Reise?», fragte Gracie. «Sie waren doch mehrere Wochen lang dort draußen, oder?»
«Drei Monate.» Der alte Mann sah sie unverwandt an. Er war die Gelassenheit in Person, sprach mit fester, beruhigender Stimme und wählte seine Worte, denen immernoch eine Spur Spanisch anzuhören war, mit Bedacht. Gracie mochte ihn auf Anhieb. Er machte einen so selbstlosen und bescheidenen Eindruck, bewundert hatte sie ihn ohnehin schon immer.
«Und da ist einfach nur eine große Leere?», hakte sie nach.
«So etwas habe ich noch nie erlebt. Da sind vage Erinnerungen, flüchtige Momentaufnahmen. Wie ich allein dahinwandere. Ich kann die Sandalen an meinen Füßen sehen, wie ich durch den Sand stapfe, um mich herum die endlose Landschaft. Der blaue Himmel, die sengende Sonne, die heiße Luft … Ich kann sie spüren, ich kann die Hitze auf meinem Gesicht spüren, die heiße Luft in der Lunge. Aber das ist auch schon alles. Schnipsel. Knappe Striche auf einer ansonsten leeren Schiefertafel.» Er schüttelte leicht den
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