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Menschen im Mond

Menschen im Mond

Titel: Menschen im Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Keyen
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Gesicht, das hier üblich war, sondern ein scharf profiliertes, fast schon hageres Gesicht, das keinen freundlichen Charakter ausdrückte, jedoch ungewöhnlich intelligent wirkte.
    „Ich heiße Mabambolo“, fuhr er mit einer Verneigung fort. „Ich habe acht Jahre lang als Gesandter auf der Erde gelebt und dabei Ihre Sprache erlernt. Ich war als Mitglied einer Liliputanerbühne in New York getarnt. Da ich in Verdacht geriet, mich mit menschlichen Gedankengängen infiziert zu haben, wurde ich heimbeordert und zur Isolierung verurteilt.“
    „Das hätten Sie auf der Erde auch haben können, mein Junge“, grinste Bill Brown. „Besonders isoliert sehen Sie aber nicht aus.“
    „Wir haben mildere Methoden“, lächelte Mabambolo dünn. „Wir sind alle Isolierte, die den gestreiften Kittel tragen, und es geht uns nicht schlecht. Die Strafe besteht darin, daß wir mit leichten Handarbeiten beschäftigt werden und keiner geistigen Tätigkeit mehr nachgehen dürfen. Dafür dauert die Isolierung lebenslänglich. Die Regierung liebt es nicht, wenn sich Männer mit Überlegungen befassen, die den gegenwärtigen Bestand bedrohen. ‚Staatsgefährlich’, nennt man es wohl auf der Erde.“
    Philip Dooley beugte sich interessiert weiter hinunter.
    „Sie wollen sagen, daß Sie mit den Maßnahmen Ihres Königs Lullababoo nicht einverstanden sind und daß Sie uns deshalb helfen wollen.“
    „Ich könnte Ihnen helfen“, antwortete der Kleine vorsichtig. „Ich bin zwar Gefangener, aber Sie brauchen ja nur Auskünfte. Sie wollen wissen, was die Regierung gegen Ihre Waffen setzen kann? Nun, ich könnte es Ihnen sagen.“
    „Könnte? Was heißt das?“
    „Nun, niemand von uns lebt gern als Gefangener.“
    „Ah, ich verstehe.“
    „Ja, und viele von uns Isolierten sind Freunde der Erdmenschen. Wir wurden isoliert, weil wir es nicht für richtig halten, daß sich der Mond so gegen die Welt abschließt, daß Wissenschaft und Technik bei uns zum Stillstand gekommen sind und verfemt wurden, daß wir leben sollen, bloß um zu leben. Wir fordern die Freiheit des Geistes und die bürgerliche Freiheit, wie sie die Menschen besitzen.“
    „Ich verstehe vollkommen“, sagte Philip Dooley sanft und packte noch einmal seine Dokumente aus. „Ich glaube, wir können uns schnell einigen. Sehen Sie sich einmal meine Vollmachten an. Ich bin von meiner Regierung beauftragt, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Ich könnte mir denken, daß dazu vor allem die Freisetzung der widerrechtlich internierten Mondbewohner gehört. Ich könnte mir sogar noch mehr vorstellen, vorausgesetzt, daß sich unter den Isolierten Männer mit geeigneten Qualifikationen befinden. Der Mond wird vielleicht einen neuen König und eine neue Regierung brauchen?“
    „Ich war bereits einmal Kabinettsmitglied“, betonte Mabambolo selbstbewußt. „Und’ auch sonst werden Sie keine Mühe haben. Wir Isolierten repräsentieren die politische Intelligenz.“
    „Ausgezeichnet. Ich verlasse mich also darauf, daß Sie gegebenenfalls bereit sind, eine neue Regierung zu bilden, die gewillt ist, mit meiner Regierung freundschaftlich zusammenzuarbeiten.“
    „Sie können sich darauf verlassen.“
    Bill Brown zog sein Taschentuch und putzte sich geräuschvoll die Nase. Ein geschickter Junge, dieser Dooley. Er hatte nicht nur im Handumdrehen die Chance erfaßt, sondern verstand sich auch darauf, sie richtig auszuwerten.
    „Sehr schön“, lobte Philip Dooley freundlich. „Es fragt sich eben nur, ob wir Ihnen helfen können. Wenn Ihre Soldaten über bessere Waffen verfügen als wir …?“
    „Die Soldaten besitzen nur Stöcke, aber es gibt trotzdem Kernbomben und andere Waffen, die noch viel wirksamer sind als alles, was bisher auf der Erde erreicht wurde. Aber wahrscheinlich haben Sie davon nichts zu befürchten. Das gesamte Material ist durch Überalterung unbrauchbar geworden. Das erfuhr ich aus erster Hand, als ich noch Minister war. Es ist nämlich schon zweitausend Jahre alt.“
    „Kernbomben, und zweitausend Jahre alt?“ schnappte James B. Connor nervös.
    „Ich will Ihnen das erklären. Unsere Mondkultur ist sehr viel älter als die der Erde, und das Stadium der Naturwissenschaften wurden sehr viel früher erreicht. Um der Gefahr einer Selbstvernichtung zu entgehen, wurde damals jede weitere naturwissenschaftliche und technische Betätigung untersagt und damit eine Rückkehr zu einem Kulturstand erzwungen, wie er auf der Erde etwa bei den Chinesen bestand.

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