Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
gleichzeitig irrte ich mich auch.«
Sein Bericht war von diesem Punkt an sehr genau. Als er ihnen sagte, er habe den Geruch des Dämons wahrgenommen, der ihm sagte, dass Littleton ein Zauberer sein müsse, sobald er mein Auto am Hotel parkte, mischte sich Bernard ein.
»So etwas wie Zauberer gibt es nicht«, erklärte er.
Der Junge neben Marsilia schüttelte den Kopf, und mit einer hellen Tenorstimme, die nie brechen würde, sagte er: »Doch. Ich bin ihnen begegnet – wie die meisten von uns, die mehr als ein paar hundert Jahre alt sind. Es wäre sehr schlecht, Herrin, wenn einer von uns ein Zauberer wäre.«
Es gab eine bedeutungsschwangere Pause als Reaktion auf
die Bemerkung des Jungen, aber ich wusste nicht, was sie zu bedeuten hatte.
»Bitte fahr fort«, sagte Marsilia schließlich.
Stefan gehorchte. Er hatte schon gewusst, dass alle im Hotel tot waren, als wir hereingekommen waren. Deshalb hatte er Littleton auch so schnell gefunden – sein Zimmer war das einzige, in dem noch jemand lebte. Stefan hatte ebenfalls gewusst, dass sich die Frau im Badezimmer befand. Die Sinne eines Vampirs waren offenbar besser als meine.
Ich erwartete, dass Stefan die Aufzählung dessen, was er getan hatte, an der Stelle abbrach, als Littleton ihn aufgehalten und seine Erinnerung verändert hatte, aber er sprach weiter. Er machte weiter, als wäre die falsche Erinnerung die Wahrheit, bis der Junge neben Marsilia sagte: »Warte.«
Stefan hielt inne.
Der Junge legte den Kopf schief und schloss die Augen, dann summte er leise. Schließlich sagte er, ohne die Augen wieder zu öffnen: »Das ist, woran du dich erinnerst, aber du glaubst es nicht.«
»Ja«, stimmte Stefan ihm zu.
»Was soll das?«, fragte Bernard. Ich hatte das eindeutige Gefühl, dass Bernard kein Freund von Stefan war. »Wozu soll es gut sein, sich freiwillig auf den Stuhl zu setzen, wenn du dennoch lügst?«
»Er lügt nicht.« Der Junge beugte sich vor. »Berichte weiter, an was du dich erinnerst.«
»An was ich mich erinnere«, wiederholte Stefan und fuhr fort. Seine Erinnerungen an den Mord an dem Zimmermädchen waren noch schlimmer als das, was er uns an diesem Morgen erzählt hatte, und schlimmer als das, was ich gesehen hatte, denn in seiner Version war er der Mörder, und hatte sich an ihrem Tod ebenso geweidet wie in ihrem Blut
gesuhlt. Er schien sich große Mühe zu geben, sich an so viele Einzelheiten wie möglich zu erinnern. Ich hätte die Kurzfassung vorgezogen, die er mir vorher gegeben hatte. Einige der Bilder, die er heraufbeschwor, würden mir sicher Alpträume bescheren.
Als er fertig war, starrte Marsilia ihn an und trommelte mit den Fingern auf die Armlehne ihres Sessels, wobei der Rest ihres Köpers weiterhin vollkommen reglos blieb. »Das sind deine Erinnerungen an das, was geschehen ist, obwohl Wulfe nicht mehr glaubt, dass sie der Wahrheit entsprechen. Sollen wir also annehmen, dass der Zauberer deine Erinnerungen ebenso sehr verwirrt hat wie die von Daniel? Du, der niemals auch nur deinem eigenen Schöpfer gehorcht hast, du glaubst, dass ein neuer Vampir – Entschuldigung, Zauberer – imstande war, dich in seinen Bann zu schlagen?«
Bernard fügte hinzu: »Und warum hat er dir dann keine Erinnerungen an die anderen Leute eingegeben, die in dem Hotel starben? Wenn er dir schon die Schuld geben wollte, hätte er dir doch sicher auch diese anderen Tode angelastet.«
Stefan legte den Kopf schief und sagte nachdenklich: »Ich weiß nicht, warum er mir keine Erinnerungen an die anderen gab. Vielleicht hätte ich anwesend sein müssen, als sie starben. Es gibt noch andere Beweise für seine Fähigkeiten, mit den Erinnerungen anderer Vampire zu spielen. Ich möchte Daniel gerne sprechen lassen.«
Marsilia kniff die Augen zusammen, aber sie nickte.
Stefan nahm die Hände vorsichtig von dem Stuhl. Die Messingdornen schimmerten schwarz von seinem Blut.
Andre trat vor und setzte den abgemagerten Daniel an Stefans Stelle auf den Stuhl. Daniel kauerte sich zusammen und hielt die Hände ängstlich von den Armlehnen fern. Er drehte die Schulter weg, als Stefan ihn berühren wollte.
»Andre?«, fragte Stefan.
Andre schenkte ihm einen undeutbaren Blick, aber dann wandte er sich Daniel zu. »Daniel, setz dich aufrecht hin und nimm die Verhörposition ein.«
Der junge Vampir fing an zu weinen. Mit der Langsamkeit eines verkrüppelten alten Mannes richtete er sich auf. Er versuchte vergeblich, die Hände zu heben, bis Andre sie
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