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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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schlaffen, blutigen Körper
     in meinen Armen wog. »Wenn Rhia dich nur auch sehen könnte.«
    Der Falke flatterte auf das Knie des laubbekleideten Mädchens. Einen Augenblick betrachtete er sie, dann pfiff er einen langen,
     traurigen Ton. Kopfschüttelnd sprang er zurück auf meine Schulter.
    »Ich trage ihren Geist in mir, Verdruss. Ich hoffe, Dagda kann sie noch retten.« Ich schluckte. »Und meine Mutter auch.«
    Plötzlich stieß Verdruss einen lauten Schrei aus. Seine Klauen drückten meine Schulter, während der Nebel vor mir sich sonderbar
     bauschte.
    »Ah, wie freundlich«, sagte jemand langsam, fast träge aus dem Nebel, »wie überaus freundlich von dir zu kommen.«
    Verdruss pfiff ängstlich.
    »Wer bist du?«, rief ich in die Wolken. »Zeige dich.«
    »Genau das habe ich vor, junger Mann, nur noch einen Augenblick.« Der Nebel vor mir kreiste wie behutsam gerührte Suppe in
     einem Teller. »Und ich habe auch ein Geschenk für dich, ein ungeheuer kostbares Geschenk. Ah ja.«
    Etwas an dieser langsamen, gelassenen Sprechweise nahm mir ein wenig von meiner Befangenheit. Doch zugleich machte mich eine
     unbestimmte Ahnung vorsichtiger denn je. Auch wenn ich mich irrte, konnte Vorsicht nicht schaden.
    Ich verlagerte Rhias Gewicht in meinen Armen. »Im Moment habe ich keine Zeit für gute Manieren. Wenn du mir etwas zu geben
     hast, dann zeige dich.«
    »Ah, junger Mann. So ungeduldig, so schrecklich ungeduldig.« Der Nebel wirbelte. »Aber sei unbesorgt. Ich werde deine Bitte
     gleich erfüllen. Weißt du, ich möchte dein Freund sein.«
    Hier pfiff Verdruss schrill. Mit einem mächtigen Flügelschlag hob er sich von meiner Schulter. Er pfiff wieder, umkreiste
     mich einmal, flog davon und verschwand in einer Nebelwolke.
    »Du musst keine Angst vor mir haben«, murmelte die Stimme. »Auch wenn dein Freund der Falke mich zu fürchten scheint.«
    »Verdruss fürchtet gar nichts.«
    »Ah, dann muss ich mich irren. Was glaubst du, warum ist er davongeflogen?«
    Ich schluckte und spähte in den Nebel. »Ich weiß es nicht. Er muss einen guten Grund gehabt haben.« Ich wandte mich wieder
     an den Fleck, von dem die Stimme zu kommen schien. »Wenn du mein Freund sein willst, dann zeige mir, wer du bist. Schnell.
     Ich muss weiter.«
    Der Nebel wallte langsam. »Ah, du hast also ein wichtiges Treffen, stimmt’s?«
    »Sehr wichtig.«
    »Nun, dann musst du das einhalten. Ah ja.« Die Stimme klang schläfrig, so entspannt war sie. »Bestimmt weißt du, wie du dorthin
     kommst.«
    Statt zu antworten suchte ich im wabernden Nebel Verdruss. Wohin war er verschwunden? Wir hatten uns geradeerst wieder gesehen! Und ich hatte gehofft, er könnte mich zu Dagda führen.
    »Denn wenn nicht«, fuhr die besänftigende Stimme fort, »dann könnte mein Geschenk dir nützlich sein. Ungeheuer nützlich. Ah,
     mein Geschenk ist mein Angebot, dir als Führer zu dienen.«
    Das warnende Gefühl wurde stärker. Doch . . . vielleicht konnte dieses Wesen, wenn es sich endlich zeigte, mir wirklich den
     Weg durch die wirbelnden Wolken weisen. So könnte ich wertvolle Zeit sparen.
    Ich wechselte meinen Stand auf der nebligen Stufe. »Bevor ich dein Angebot annehme, muss ich wissen, wer du bist.«
    »Gleich, junger Mann, gleich.« Die Stimme gähnte, dann sprach sie so sanft wie die Nebelstreifen, die meine Wange berührten.
     »Junge Leute haben es so eilig, so schrecklich eilig.«
    Trotz meiner Zweifel lullte mich etwas an der Stimme immer mehr ein. Ich fühlte mich fast . . . behaglich. Oder vielleicht
     nur müde. Mein Rücken schmerzte. Ich wünschte, ich könnte Rhia irgendwo absetzen. Nur einen Moment lang.
    »Ah, du trägst eine schwere Last, junger Mann.« Wieder ein quälend langsames Gähnen. »Würdest du mir erlauben deine Bürde
     nur ein wenig zu erleichtern?«
    Gegen meinen Willen gähnte auch ich. »Es geht schon, danke. Aber wenn du mich zu Dagda führen willst, bin ich einverstanden.«
     Ich bremste mich. »Aber zuerst zeige mir, wer du bist.«
    »Zu Dagda, ja? Ah, der große und glorreiche Dagda.Krieger aller Krieger. Er lebt weit, schrecklich weit von hier. Trotzdem wäre es mir ein Vergnügen, dich zu führen.«
    Ich streckte meinen schmerzenden Rücken. »Können wir sofort gehen? Mir wird die Zeit knapp.«
    »Ah, noch einen Augenblick.« Wirbelnde Nebelarme schwankten vor meinem Gesicht. »Es ist nur schade, dass du nicht eine kleine
     Pause machen kannst. Du siehst aus, als könntest du sie brauchen.«
    Immer noch

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