Merode-Trilogie 3 - Löwentod: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
Heinrich hoffte inständig, dass er ihr nicht begegnen würde.
Die Männer zügelten ihre Pferde, um die Konturen der Kaiserstadt in Ruhe betrachten zu können. „Dort liegt sie, die Feindin des Löwen“, sagte Hartmann von Birgel. „Keine leichte Aufgabe, die uns dort erwartet.“
Die Wachhabenden am Kölntor bedachten die vier Einreitenden mit finsteren Blicken, doch man ließ sie unbehelligt passieren. In einem Gasthaus am Radermarkt, unweit der Mordstätte, nahmen die Männer Quartier. Während die Gardisten Bodo und Anno sich eine Kammer im Dachgeschoss teilten, ließen Heinrich und Hartmann sich eigene Schlafstätten zuweisen, wie es sich für gräfliche Gesandte ziemte.
In den vergangenen Tagen und Nächten habe es keine weiteren Morde gegeben, erfuhren sie vom Wirt. Hartmann zeigte sich erleichtert.
„Als Erstes“, erklärte der Birgeler seinem Begleiter, „sollten wir ein paar maßgebliche Leute des Magistrats aufsuchen und uns mit ihnen absprechen. Macht Euch darauf gefasst, dass man uns nicht mit Hosianna-Rufen begrüßen wird, doch im Interesse des Grafen ist es sinnvoll, keine diplomatischen Risiken einzugehen. Wir sind hier, um die beiden Morde aufzuklären und Jülichs Unschuld in dieser Angelegenheit zu beweisen.“
Heinrich nickte. „Was ist mit Gerhard Chorus?“, fragte er beiläufig.
Hartmann hob verwundert eine Augenbraue. „Ihr kennt den Ritter?“
„Wer kennt ihn nicht? Der Mann besitzt einen legendären Ruf, hat den Jülichern im Laufe seinen Lebens schon so manches Schnippchen geschlagen. Ich wäre begierig, ihn einmal kennenzulernen.“
„Keine Sorge, Heinrich. Trotz seines recht hohen Alters hält er noch viele Fäden in seiner Hand. Es wird sogar unvermeidlich sein, seine Wege zu kreuzen. Im nächsten Jahr will man ihm noch einmal das Amt des Bürgermeisters antragen.“
„Sein Wohlwollen“, erklärte Heinrich nachdenklich, „dürfte für den Erfolg unserer Mission von entscheidender Bedeutung sein.“ Er tätschelte den gigantischen Kopf des völlig verausgabten Chlodwig.
„Da habt Ihr wohl recht“, erwiderte Hartmann und legte eine Hand auf die Schulter des anderen. „Die Kunde von Eurem Scharfsinn ist weiß Gott keine Legende.“
„Lasst Gott aus dem Spiel, Hartmann. Hier geht es um Menschenwerk.“
9. Kapitel
Die Hure kicherte vergnügt und beugte sich über den keuchenden Mann in ihrem Bett. Ihre hängenden roten Haare kitzelten sein Gesicht.
„Nun, edler Ratsherr? Seid Ihr schon fertig?“
„Was heißt hier schon fertig ?“, schnaufte der Mann. „Offenbar erwartest du Wunderdinge von mir.“
„Na ja, ich will Euch etwas bieten fürs Geld.“
„Sei unbesorgt, das hast du. Aber ein viertes Mal – das ist zu viel.“
„Immerhin einmal öfter als beim letzten Mal.“
„Ich weiß nicht, wie du das fertigbringst, du Luder. Seitdem ich zu dir gehe, würde ich mein Weib am liebsten zur Hölle schicken.“
Wieder kicherte sie und strich sanft über die üppige Rundung seines Bauches. „Kommt ein Mann in Euer Alter, dann bedarf es eben der ein oder anderen Nachhilfe.“
„Recht hast du. Aber jetzt muss ich gehen. Sonst wird mein Weib noch misstrauisch.“ Er hievte sich auf die Kante der Bettstatt und griff nach seinen Kleidern. Schweißperlen kullerten über seine Wangen. „Ich hoffe, dass mein Diener Hans sich ebenfalls gut amüsiert hat.“
„Ist er verschwiegen?“
„Darauf kannst du Gift nehmen. Denn auch seine Vergnügungen fänden ein jähes Ende, würde er meinem Weib etwas verraten.“ Er schwang sich seinen wollenen Umhang um die Schultern. „Wo ist der Bursche?“, fragte er.
„In der Kammer nebenan, wie immer. Bei Livia.“
„Hol ihn da raus.“
Die Hure kletterte aus dem Bett. Nackt, wie sie war, verließ sie die Kammer und kehrte nach wenigen Augenblicken kopfschüttelnd zurück.
„Der gute Hans schläft wie ein Toter“, erklärte sie.
„Was?“
„Betrunken wie tausend Seemänner. Livia hatte einen geruhsamen Abend.“
„Auf sie steigen sollte er. Und nicht saufen.“
„Den kriegt Ihr jetzt nie und nimmer wach.“
Der Ratsherr ballte wütend seine Fäuste und zischte ein paar wüste Verwünschungen. Die Hure trat hinter ihn und massierte seine Schultern.
„Morgen früh ist er wieder bei Sinnen, Herr.“
„Darum geht es nicht. Dieser Esel soll mich begleiten. Nicht umsonst habe ich ihn bewaffnet bis auf die Zähne. Wer traut sich denn nachts noch allein auf die Straßen?“
„Ihr glaubt, dass dieser Meuchler noch immer in der Stadt
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