Messer, Gabel, Schere, Mord: Mitchell& Markbys Vierter Fall
euch zu Hause Probleme? Hat sie sich nicht benommen, habt ihr mit ihr geschimpft? Kinder werden manchmal stinksauer und packen aufgebracht ihre Sachen, doch im Allgemeinen sind sie am nächsten Tag wieder zurück. Es wäre nicht das erste Mal, seit ich bei der Polizei bin.«
»Nicht Emma!«, sagte Laura entschieden.
»Sie hatte keine Probleme zu Hause.« Markby runzelte die Stirn.
»Vielleicht nicht zu Hause, aber irgendwo anders? Die Schulferien sind noch nicht zu Ende. Was ist mit diesem Pferdeschutzhof?« Die Eltern wechselten Blicke.
»Sie war außer sich, weil Schuhmacher dem Schutzhof kündigen will«, sagte Laura.
»Aber sie wäre niemals um diese Zeit dorthin gefahren, oder? Die Ställe sind verschlossen, und Zoë schläft tief und fest … verdammt, sie hat nicht einmal ein Telefon in diesem Caravan. Aber Emma würde nicht mitten in der Nacht zu den Ställen fahren.«
»Also gut«, sagte Markby.
»Ich rufe auf dem Revier an und veranlasse, dass sie Emmas Beschreibung herausgeben.« Während er den Hörer aufnahm, fragte er:
»Und ihr seid sicher, dass sie nicht schlafwandelt? Ich weiß, es klingt weit hergeholt …«
»Nein!«, fauchte Paul.
»Außerdem ist sie mit Matthews Fahrrad unterwegs!«
»Schon gut. Es könnte sich trotzdem um einen Kinderstreich handeln. Fünf Freunde und so.« Markby wählte und sprach mit dem Dienst habenden Beamten.
»Ja. Elf Jahre alt, und wir denken, dass sie mit einem Knabenfahrrad unterwegs ist. Sie hat lange blonde Haare und trägt wahrscheinlich Jeans, Gummistiefel und einen blauen Anorak. Ja, das ist richtig. Ja, wir haben bei ihren Freundinnen nachgefragt. Nein, nein, ich glaube nicht …« Er blickte Paul an.
»Habt ihr schon im Krankenhaus angerufen?«
»Nein«, sagte Paul dumpf. Laura setzte sich in den nächsten Sessel und verbarg das Gesicht in den Händen.
Danach begann ein langes Warten während der dunkelsten, kühlsten und einsamsten Stunden der Nacht, ein Warten auf Neuigkeiten, die nicht kamen. Um vier Uhr morgens, zu der Zeit, in der die menschlichen Lebensgeister am trägsten sind, fuhr Markby zum Bamforder Revier, um sicherzustellen, dass alles Menschenmögliche bis zum Anbrach des Tages unternommen wurde. Die Stadt lag einsam und verlassen. Alles war im Bett, selbst die Katzen schliefen. Leere Imbissverpackungen lagen in den Rinnsteinen, und ein paar Bierdosen rollten scheppernd durch die Fußgängerzone. Am Kreisverkehr stand ein Einkaufswagen von einem Supermarkt zwischen den Büschen, und die Fensterscheibe eines Elektronikladens war gesprungen. Vermutlich hatte die nächtliche Streife den Vorfall bereits gemeldet.
Auf dem Revier gaben sie sich professionell und beruhigend. Markby erkannte mit einer Mischung aus Ärger und Verzweiflung, dass sie ihn in diesem Augenblick nicht als einen der ihren, geschweige denn als den Chef, sondern wie einen ganz normalen, verängstigten Bürger behandelten.
Sie boten ihm Tee an. Sie sagten:
»Keine Angst, Sir, es kommt schon alles wieder in Ordnung! Wir haben Erfahrung mit diesen Dingen. Die meisten Ausreißer kehren innerhalb eines Tages wieder nach Hause zurück. Das kleine Mädchen wird sich bestimmt morgen früh melden. Es kann schließlich nicht allzu weit gekommen sein, oder?«
Das war zu viel. Er verlor die Beherrschung, hämmerte die Faust auf den Schalter und brüllte:
»Kommen Sie mir bloß nicht damit! Emma ist elf Jahre alt, und sie macht normalerweise keine Mätzchen wie diese! Sie hat ein Fahrrad und kann meilenweit weg sein! Das heißt, wenn sie nicht von einem Auto angefahren wurde, das sie in der Dunkelheit möglicherweise nicht einmal gesehen hat! Also setzen Sie sich verdammt noch mal in Bewegung! Emma ist meine Nichte, und ich will, dass sie gefunden wird! Haben Sie das verstanden? Bitten Sie um Helikopterunterstützung, sobald es hell wird! Machen Sie endlich Gebrauch vom Geld der Steuerzahler!«
Auf dem Rückweg zu Lauras Haus hielt er vor der dunklen Schaufensterfront von ›Needles‹. Mit leer laufendem Motor starrte er nach oben zu den Fenstern von Ellen Bryants Wohnung, als das erste Grau der Morgendämmerung heraufzog. Mrs. Bryants Ermordung war im Augenblick sein wichtigster Fall, doch wie sollte er sich darauf konzentrieren, solange Emma verschwunden war? Unmöglich!
Markby seufzte und trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad, und eine Woge der Mutlosigkeit überkam ihn. Es war ein heilsamer Schock gewesen, in seinem eigenen Revier auf der falschen Seite des
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