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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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Chicago, in einen
    verschlafenen kleinen Ort namens Auguria, wo man mich in einer Pension einquartierte, die anscheinend von einem unserer Geheimdienste betrieben wird. Da lebte ich eine Weile ohne die geringste Ahnung, was ich tun sollte. Ich kam mir vor wie ein weggeworfenes Stück Abfall. Und ich konnte mich nicht einmal betrinken! Der Brief des Maklers, der anfragte, ob er das Haus neu vermieten solle, kam wie ein Fingerzeig des Schicksals.
    Der Umzug war einfach. Ich besaß praktisch nichts, und
    Reilly musste meine Reise organisieren, weil mir meiner
    Implantate wegen normale Linienflüge verwehrt waren. Ein Militärtransport brachte mich nach Shannon und ein Wagen des Fahrdienstes nach Dingle. Und dann bin ich wochenlang nur in der Gegend herumgelaufen. Es war unglaublich. Es war, als hätten meine Nerven erst hier in Irland aufgehört zu flattern.
    Zwei endlos lange Stunden waren vorüber und Mitternacht
    vorbei, und endlich, endlich war es Zeit zu handeln. Als ich meinen Körper im Zero-Noise-Mode in Bewegung setzte, musste ich einen Seufzer der Erleichterung unterdrücken, den man vermutlich in der ganzen näheren Umgebung gehört hätte.
    Geräuschlos glitt ich aus dem Bett, floss durch den Flur, erledigte das mit den Vorhängen im Wohnzimmer und holte
    dann meinen Tarnanzug aus dem Tiefkühlfach. Wohlweislich hatte ich am Abend noch daran gedacht, die Glühbirne der Kühlschrankinnenbeleuchtung herauszudrehen und mittels
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    eines harten Schlages gegen den Sockel zu einem nach langer, treuer Pflichterfüllung wohlverdienten Erlöschen zu bringen, sodass nicht der geringste verräterische Lichtschein in den Raum fiel, nicht einmal für einen kurzen Moment.
    Diesmal tat es gut, den beißend kalten Stoff überzustreifen: als stünden meine Nerven in Flammen und würden auf diese Weise gelöscht. Es tat gut, zu spüren, wo mein Körper aufhörte und die Welt anfing. Und vor allem tat es gut, zu handeln.
    Nachdem ich die Klappe an der Hintertür geöffnet hatte, sah ich mich noch einmal um. Dies also war mein Heim gewesen, viele stille Jahre lang. Seit dem Einbruch hatte ich mich nicht mehr wohl gefühlt, trotzdem erfüllte es mich mit Wehmut, diese Räume zurückzulassen. Würde ich sie jemals
    wiedersehen? Ich hatte das Gefühl, nein.
    Am besten auch darüber nicht nachdenken. Handeln. Ich glitt hinaus in die kalte Nacht, unsichtbar, ein schwarzer Schatten vor einem schwarzen Hintergrund, ein kaltblütiges Kriechtier, lautlos dank gut geölter Scharniere und eines
    maschinengestützten Bewegungsmodus, den ich letztlich genau den Leuten verdankte, denen ich entkommen wollte.
    Diesmal, beim zweiten Mal, war mir der Weg schon
    vertrauter. Geräuschloser als mein eigener Schatten huschte ich über den Kanal hinweg und unter den beiden Überbauten
    hindurch. Um diese späte Stunde fiel es auch niemandem mehr ein, auf der Fußgängerbrücke herumzustehen, und sogar in der Stadt war es ungewöhnlich still. Trotzdem zog ich den
    Tarnanzug aus, ehe ich aus dem Bachbett hinauf auf die Straße stieg; ein schwarzer Ganzkörperanzug tarnt einen eben nicht, wenn man durch nächtliche Straßen geht. Das tut man besser in Allerweltskleidung, mit leicht angesäuselt wirkendem Schritt.
    Den Anzug trug ich, zu dem erstaunlich kleinen Paket
    zusammengelegt, zu dem man ihn zusammenpressen kann,
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    unter dem Arm: Es war nicht nötig, irgendwelche Spuren zu legen. Sollten sie sich ruhig die Köpfe zerbrechen, aufweiche Weise ich aus dem Haus verschwunden war.
    Ich mied die Straßen, die aus Dingle hinausführten, und hielt mich dicht an Mauern und Hauswänden. Es gab keinen Grund, daran zu zweifeln, dass ein Wagen mit eingeschaltetem
    Spürgerät an jeder Ausfallstraße lauerte. Außer mir war
    niemand unterwegs, und das hieß: auch keiner meiner
    Verfolger. Sie ahnten nichts. Sie dösten in ihren Autos und Quartieren, eingelullt von den zweifellos eintönigen
    Meldungen der Gruppe, die mein Haus bewachte und immer
    noch glaubte, ich liege schlafend in meinem Bett.
    Dingle ist keine sonderlich abgeschlossene Stadt, alles
    andere als ein Gefängniscamp. Selbst im Ortsinneren hat es ausgedehnte, ummauerte Wiesen, und die wenigen Straßen
    sind nicht durchgehend bebaut. Die Stelle, die Finnan mir ausgesucht hatte, war dennoch besonders geeignet, unauffällig zu verschwinden: Ich musste nur zwischen zwei Gebäuden,
    einem Lagerhaus und einer Autowerkstatt, hindurchgehen und eine doppelt mannshohe Umfriedung übersteigen, um auf

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