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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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um
    Brotkrumen stritten, und das hatte er irgendwie drauf. Man hätte seine Vogelbilder in Schulbüchern abdrucken können, wie sie waren, oder im National Geographic, meinetwegen. Er hätte etwas aus sich machen können. Etwas anderes als das, was man dann aus ihm machte, meine ich.
    Er wurde im Verlauf des Trainings krank. Zuerst hielt er es für eine simple Erkältung und blieb ein paar Tage im Bett.
    Aber es war keine Erkältung. Es war eine Entzündung, die etwas mit den Implantaten zu tun hatte. Sein Fieber stieg, doch die Ärzte kamen nicht dahinter, was es verursachte und wo der Entzündungsherd lag. Er kam unter Beobachtung, und sein
    Fieber stieg weiter. Man verlegte ihn auf die Intensivstation, pumpte in ihn hinein, was die Giftküche der Medizin hergab, aber das Fieber stieg und stieg und brachte ihn eines Morgens um.
    Ich gedenke ferner meines Kameraden Stephen Myers, den
    nur zwei Dinge interessierten: seine Karriere und Geld. Warum er sich dann allerdings ausgerechnet eine Laufbahn bei den Marines ausgesucht hat, wird mir ewig ein Rätsel bleiben, denn das Marine Corps mag für allerlei bekannt sein, bestimmt aber 219
    nicht für einen in irgendeiner Hinsicht üppigen Sold. Doch Stephen hatte immer Geld, und zwar reichlich. Und ja, er hatte noch so etwas wie ein Hobby, Wein nämlich. Manchmal kam
    er von einem seiner Ausflüge in die Stadt mit ein paar Flaschen französischen Weins zurück, richtig angestaubten, in Zellophan verpackten, mit diesen altertümlichen Etiketten mit
    Strichzeichnungen irgendwelcher Weingüter darauf, erzählte uns, was sie angeblich gekostet hatten – unglaubliche Beträge, die wir ihm auch nicht glaubten –, und köpfte sie schließlich zusammen mit uns. Obwohl ihm völlig klar war, dass es uns einen Scheiß interessierte, welchen Namen der Alkohol hatte, den wir uns in den Hals gossen.
    Bei so einer Gelegenheit, zu vorgerückter Stunde und kurz vor Ende der letzten Flasche, vertraute er mir einmal an, dass sich seine Eltern früh getrennt und ihr schlechtes Gewissen ihm gegenüber mit großzügigen Geschenken, Bargeld vor allem, zu besänftigen versucht hätten. Er kam darauf, wie er es anstellen musste, sie gegeneinander auszuspielen, und mit dem Geld, das er auf diese Weise einheimste, betrieb er Vermögensaufbau, kaufte Aktien und machte ein Vermögen, noch ehe er achtzehn war. Er hatte auch immer Börsentipps oder Ratschläge zur Geldanlage parat, wenn man ihn fragte, und einige der Ärzte schienen durchaus ernst zu nehmen, was Stephen ihnen riet.
    Vom Wesen her war er ein rätselhafter Typ, jemand mit
    einer fast fühlbar dunklen Ausstrahlung. Er fand nichts dabei, in der Kantine die Teller der anderen leer zu essen; eigentlich verdrückte er sogar Unmengen, wenn ich recht überlege, aber obwohl er nicht mehr Sport trieb als wir, hatte er eine Taille wie ein Balletttänzer.
    In der Vorbereitungsphase des Projekts, als wir noch abends ausgehen durften, ging er nie mit uns fort. »Viel Spaß«, meinte er nur, wenn wir loszogen, und blickte uns aus seinen fischigen 220
    Augen gleichgültig nach. Abendelanges Anbaggern
    irgendwelcher Bräute hielt er für Zeitverschwendung. Wenn er entsprechenden Druck verspürte, regelte er das mit Geld, und natürlich gab er sich nicht mit billigen Nutten von der Straße zufrieden Wie immer wusste er auch hier, wo das Beste zu finden war. Stephen überstand alle Operationen, aber er kam nie wirklich mit dem Kraftverstärkersystem zurecht. Er riss Türen aus den Angeln, zertrümmerte Tische und Stühle,
    schleuderte Schubladen durch Räume und brach Essenstabletts in Stücke, nicht selten gut gefüllte. Man kalibrierte seine Systeme mehrere Dutzend Mal neu, verordnete ihm
    Hypnosesitzungen und Sondertrainings, und bei einem dieser Trainings sprang er aus Versehen viel zu hoch und zu
    unkontrolliert und brach sich, als er wieder aufkam, das Genick.
    Ich gedenke zuletzt meines Kameraden Leo Seinfeld Leo
    stammte aus der Bronx, war, wie er mal durchblicken ließ, aus einem jüdischen Waisenhaus dort geflüchtet, ein kompakter, stämmiger Bursche mit olivbraunem, eng anliegendem
    Lockenhaar und einem verblüffend zart wirkenden Gesicht. Er sprach nicht viel, und wenn, dann mit dünner, unbeteiligt wirkender Stimme. Seine Leidenschaft war das Schießen. Er schoss nicht besonders gut, wenn man Trefferpunkte als
    Maßstab nimmt, dafür aber gern. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit fand man ihn auf dem Schießstand, mit jeder
    Waffe, die zu

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