Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc
Fitness-Tests. Torrance zieht die PFTs durch, dass ich manchmal denke, er will mich fertig machen. Macht mir nicht gerade die helle Freude, können Sie sich ja denken.«
265
Konnte ich auch. Reilly ist nicht mehr der Jüngste, der
Fitteste war er noch nie, und die Armee ist sein Leben. Er würde lieber in einem sinnlosen Gefecht fallen als
krankheitshalber in den Ruhestand geschickt zu werden.
»Wer sollte sich denn um uns kümmern, wenn nicht Sie?«,
fragte ich, weil ich wusste, dass er genau das hören wollte.
Papa Reilly und seine Söhne.
Sein Gesicht hellte sich auf. »Eben. Das sage ich denen auch immer. Wen gibt es denn noch, der von Anfang an dabei war?
An Offizieren, meine ich?« Er winkte ab. »Aber wir sind eben bloß ganz kleine Rädchen in der Maschine.«
Ich hatte den Teller leer und stellte ihn beiseite. Es wurde Zeit, zu verhindern, dass der Abend zu einem weiteren
belanglosen Durchlauf der üblichen Unverbindlichkeiten
geriet, mit denen Reilly sich so wohl fühlte. Das Problem war nur, dass ich ihn nicht geradeheraus fragen konnte, was es mit dem Mord an Harold Itsumi auf sich hatte und wer die
gesichtslosen Typen waren, die mich beschatteten. Was das anbelangte, saß ich in der Falle. Ihm gegenüber hatte ich so getan, als wisse ich nichts über den Mordfall, und damit, dass ich ihm das Auftauchen der Männer mit den unendlich
belastbaren Mobiltelefonen nicht gemeldet hatte, hatte ich gegen meine Informationspflichten verstoßen. Mit anderen Worten, ich hatte mich in die Lage manövriert, so tun zu müssen, als hätte ich von alledem nichts mitbekommen.
Einen Punkt gab es allerdings, an dem ich ohne schlechtes Gewissen einhaken konnte.
»Was ist denn nun eigentlich los?«, fragte ich und zeigte ihm den leeren Teller. »Das war meine erste Mahlzeit seit
Donnerstag. Das Paket, das Sie mir versprochen hatten, ist nicht gekommen, genauso wenig wie die regulären
Lieferungen. Will man mich verhungern lassen oder was?«
266
Reilly rang die Hände, jeder Zoll ein gequälter Mann. »Tut mir wirklich Leid, Duane. Da ist irgendwas danebengegangen.
Donnerstag? Verdammte Scheiße. Ich wusste nicht, dass Sie nur so wenig Vorrat... jedenfalls, nach unserem Telefonat habe ich sofort eine Sondersendung in Auftrag gegeben, ehrlich, das war mein nächster Anruf, und es hieß, alles klar, Colonel, geht heute noch raus, ist morgen da. Ich meine, man ist doch erst mal zufrieden, wenn man so was hört, oder? Erst auf der Fahrt zum Flughafen kriege ich die Information, dass irgend so ein verdammter Schwanzlutscher den Auftrag wieder gestoppt hat.
Ich hab sie am Telefon rund gemacht, das kann ich Ihnen
sagen. Schließlich haben sie einen Kurier losgeschickt, der mir bei der Zwischenlandung auf JFK die beiden Dosen
ausgehändigt hat. Original in der WalMart-Tüte, können Sie sich das vorstellen? Die haben manchmal wirklich ein Rad ab, diese Geheimdiensttypen. Ich frage mich, wie er die überhaupt durch die Kontrollen gebracht hat, das Zeug verstößt doch gegen sämtliche... Jedenfalls, ich hatte sie den ganzen Flug über auf dem Schoß. Hab drauf aufgepasst wie auf
Diplomatenpost.«
Ich nickte, um zu zeigen, dass ich angemessen beeindruckt war von derartiger Opferbereitschaft. »Und wie geht das
weiter? Wenn die beiden Dosen leer sind, meine ich?«
»Morgen kommt eine reguläre Sendung. Hat man mir hoch
und heilig versprochen.«
Ich hatte das dumpfe Gefühl, mit Hinhalteparolen abgespeist zu werden. Ich hatte außerdem das dumpfe Gefühl, dass ich es dabei nicht bewenden lassen durfte. »George«, sagte ich und versuchte so viel Reden-wir-mal-Klartext-Klang in meine Stimme zu legen wie möglich, »gibt es irgendetwas, was ich wissen sollte? Spielt sich hinter den Kulissen etwas ab, was mit mir zu tun hat?«
267
»Wenn ich das nur wüsste!«, platzte Reilly heraus. Dann
sank er in sich zusammen und hockte eine ganze Weile da wie ein platt gefahrener Frosch, glotzte vor sich hin und rührte sich nicht. Ich sah ihn nur an, rührte mich genauso wenig und wartete, was da noch kommen mochte.
Schließlich sah er mich an. »Ich muss Sie etwas fragen,
Duane.«
»Fragen Sie.«
»Hat jemand versucht, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen?«
Ich machte das harmloseste Gesicht, das mir zur Verfugung stand »Wer sollte denn mit mir Kontakt aufnehmen?«, fragte ich zurück, um nicht geradeheraus lügen zu müssen.
Was ich im Notfall natürlich trotzdem getan hatte, aber
Reilly fuhr fort. »Ich durchschaue
Weitere Kostenlose Bücher