Midkemia Saga 03 - Die Gilde des Todes
Mittelpunkt, und in den fünfzackigen Stern magische Runen. Als das fertig war, befanden alle im Raum sich innerhalb der Kreidestriche auf dem Fußboden. In jede Sternspitze stellten die Akolythen eine brennende Kerze, und eine sechste reichten sie Nathan, der im Buch etwas nachlas. Der Sung-Priester schwenkte nunmehr die Kerze in einem bestimmten Muster und las dabei laut aus dem Buch in einer Sprache, die nur die Geistlichen hier im Gemach verstanden. Die Akolythen standen links und rechts von ihm und sprachen bei bestimmten Stellen der Beschwörung die Worte laut nach. Die anderen spürten eine seltsame Schwere in der Luft, und als die letzte Silbe des Priesters Lippen verließ, stöhnte der Sterbende mitleiderregend.
Nathan klappte das Buch zu. »Kein weniger Mächtiger als ein Gesandter der Götter vermag ohne meine Erlaubnis die Schranken des Drudenfußes zu durchbrechen. Weder Geist, Dämon noch sonst eine von den finsteren Mächten geschickte Wesenheit kann uns stören«, erklärte er.
Danach wies der Priester alle an, sich außerhalb des Pentagramms zu stellen. Wieder schlug er das Buch auf und las eine weitere Beschwörung. Sprudelnd quollen die Worte über seine Lippen. Er beendete den Spruch und deutete auf den Mann im Bett. Arutha blickte auf den Kranken, sah jedoch keine Veränderung, erst als er sich Laurie zuwandte, fiel ihm etwas auf. Aus den Augenwinkeln gesehen, bemerkte er um den Nachtgreifer einen fahlen Schein, der das gesamte Pentagramm ausfüllte, jedoch bei einem direkten Blick nicht zu erkennen war. Er war von der unbestimmten Farbe eines milchigen Quarzes.
»Was ist das?« fragte er.
Nathan drehte sich zu Arutha um. »Ich habe die Zeit für ihn verlangsamt, Hoheit. Für ihn ist eine Stunde jetzt ein Augenblick.
Der Zauber wird nur bis zum Morgengrauen anhalten, doch für ihn wird nicht ganz eine Viertelstunde vergangen sein. So gewinnen wir Zeit. Mit ein bißchen Glück können wir ihn bis zum Mittag am Leben erhalten.«
»Ist es möglich, mit ihm zu sprechen?«
»Nein, denn für ihn würden wir wie summende Bienen klingen.
Aber wenn nötig, kann ich den Zauber aufheben.«
Arutha betrachtete den sich unendlich langsam windenden Fiebrigen. Seine Hand hing einen knappen Zoll über dem Bett in leerer Luft. »Wir können ruhig auf die Hohepriesterin von Lims-Kragma warten.« Doch Ungeduld klang aus seiner Stimme.
Sie brauchten nicht lange zu warten. Vom Gang waren Geräusche zu hören. Sofort eilte Arutha zur Tür. Davor stand Gardan mit einer Frau ganz in Schwarz. Ihr Gesicht war unter einem dicken schwarzen Schleier verborgen, aber sie hatte es dem Fürsten zugewandt.
Ein Finger schoß auf Arutha zu, und eine tiefe, wohlklingende Frauenstimme fragte: »Wieso wurde ich hierherbefohlen, Fürst des Königreichs?«
Arutha achtete nicht auf die Frage, sondern nahm das Bild auf, das sich ihm hier bot. Hinter Gardan standen vier Gardisten. Sie hielten ihre Speere quer vor die Brust und versperrten einem Trupp entschlossen wirkender Tempelwachen in den schwarzsilbernen Waffenröcken Lims-Kragmas den Weg. »Was geht hier vor, Hauptmann?« erkundigte Arutha sich.
»Die Lady wünscht ihre Wächter mit ins Gemach zu nehmen, und ich gestatte es nicht.«
Mit einem Ton eisiger Wut sagte die Priesterin: »Ich bin gekommen, wie Ihr es verlangt habt, obgleich die Geistlichkeit die weltliche Obrigkeit nie anerkannt hat. Doch als Gefangene dürft nicht einmal Ihr mich ansehen, Fürst von Krondor!«
»Zwei Wachen mögen eintreten«, gestattete Arutha. »Doch dürfen sie sich dem Gefangenen nicht nähern. Lady, Ihr werdet mit uns zusammenarbeiten und jetzt eintreten!« Sein Tonfall ließ keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit. Die Hohepriesterin mochte zwar die Oberste einer mächtigen Sekte sein, doch vor ihr stand – nach dem König – der absolute Herrscher des Königreichs, ein Mann, der keinen Widerspruch in einer Sache von solcher Wichtigkeit duldete.
Die Priesterin nickte den beiden vordersten Tempelwachen zu, und sie betraten das große Gemach. Hinter ihnen wurde die Tür geschlossen, und Gardan nahm die beiden Wachen zur Seite. Im Korridor hielten die Gardisten ein wachsames Augen auf die restlichen Tempelwachen und die scharfen Krummsäbel an ihren Gürteln.
Vater Nathan begrüßte die Hohepriesterin mit einer steifen, förmlichen Verbeugung. Die beiden Orden hatten nicht viel füreinander übrig. Die Hohepriesterin entschied sich, die Anwesenheit des Priesters nicht zur Kenntnis
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