Midnight Breed 03 - Geschöpf der Finsternis-neu-ok-13.11.11
irgendwann war Tegans Aversion
dagegen, von Frauen zu trinken oder sich gar mit einer neuen Stammesgefährtin
zu verbinden, zu einem Akt der Verzweiflung geworden.
Es war für ihn eine Frage des
Überlebens geworden.
Sein Hunger ging zu tief. Und
aus Erfahrung wusste er, wie einfach es war, die Kontrolle zu verlieren. Einmal
zuvor hatte die Blutgier ihn überkommen, und er konnte sich kein weiteres Mal
erlauben.
Dass er von Elise heute Nacht so
sehr in Versuchung geführt worden war, hatte ihn schwer erschüttert. In einer
langen Zeitspanne, aus der auf rätselhafte Weise inzwischen Jahrhunderte
geworden waren, hatte er sich nie eine Frau holen wollen - weder an seinen Mund
noch in sein Bett. Er war aus freien Stücken allein gewesen, an nichts gebunden
als an seine Mission, die Rogues zu vernichten.
Aber wie …?
„Scheiße“, stieß er wild
zwischen den zusammengepressten Fangzähnen hervor.
Jetzt war er etwa zwei Sekunden
davon entfernt, zum Dunklen Hafen zurückzurennen, wo sich Elise vermutlich in
ihrem Schrecken darüber, was er ihr beinahe angetan hätte - ihnen beiden
angetan hätte, wenn er dem Impuls nachgegeben hätte, von ihr zu trinken -, in
ihrem Zimmer verbarrikadiert hatte.
Stattdessen pflügte er weiter
voran, und sein Blick fiel auf eine Gruppe von drei Skinheads in schwarzem
Leder und Ketten. Die weißen Schnürsenkel ihrer Springerstiefel glänzten
förmlich im spärlichen Licht der weit auseinanderstehenden Straßenlaternen. Sie
johlten einer älteren Muslima mit Kopftuch zu, die ihnen auf dem Bordsteig
entgegenkam. Die Frau senkte die dunklen Augen, um die Konfrontation zu
vermeiden, und als sie die Straße überquerte, um ihnen aus dem Weg zu gehen,
schlich die Gang von Neonazis ihr nach und überschüttete sie mit wüsten
rassistischen Beschimpfungen. Sie stießen sie in die Türöffnung des nächsten
Gebäudes, und einer von ihnen machte Anstalten, ihr die Handtasche abzunehmen.
Die Frau schrie und hielt sie fest, und prompt schleppte man sie in die
angrenzene Seitenstraße, wo die Situation zweifellos gleich eskalieren würde.
Tegan ging schnell dazwischen,
fühlte, wie die Kampfeswut seine Züge veränderte.
Der erste Skinhead hatte keine
Ahnung, was da auf ihn zukam, bis er meterweit über die Straße geschleudert
wurde. Er rappelte sich auf und rannte nach nur einem Blick auf Tegan in die
entgegengesetzte Richtung davon. Seine Kumpane brauchten etwas mehr
Überzeugungsarbeit. Während der eine die ältere Frau an ihrem Handtaschenriemen
weiter in die Straße hineinzerrte, zog der andere ein Klappmesser und griff
Tegan an.
Er verfehlte ihn.
Aber schließlich war es auch
nicht ganz einfach, ein Ziel zu treffen, das eben noch vor einem stand und
schon in der nächsten Sekunde hinter einem war und einem den Arm auskugelte.
Der Skin heulte vor Schmerz auf,
ließ die Klinge fallen und brach auf dem Asphalt in die Knie.
Tegans Atem pfiff in wütenden
Dampfwolken aus seinem Mund. Es juckte ihn in den Fingern, das Arschloch zu
erledigen, aber der, der wirklich den Tod verdient hatte, war der Dritte, der
wenige Meter weiter seine Fäuste in eine hilflose alte Frau rammte.
„Geh mir bloß aus den Augen“,
zischte er zu dem wimmernden Menschen hinunter und bleckte die Zähne, um
sicherzugehen, dass der Junge sehen konnte, was ihm blühte, falls er vorhatte,
in der Nähe zu bleiben.
„Scheiße!“, keuchte der Mensch,
er hatte Tegan klar verstanden. Stolpernd kam er auf die Füße und rannte davon,
sein ausgerenkter Arm baumelte ihm unbrauchbar an der Seite.
Tegan fuhr herum und raste in
die Seitenstraße hinein, wo der dritte Skinhead der alten Frau soeben die
Handtasche entrissen hatte, sie nun hastig durchwühlte und ihren spärlichen
Inhalt auf den Boden kippte. Dann riss er auch noch das Futter heraus und warf
es auf die Straße.
„Wo ist die Kohle, Türkenoma?
So, wie du dich daran festgeklammert hast, musste doch was beihaben!“
Die Frau kroch nach vorne, um
ein kleines gerahmtes Foto vom matschbedeckten Asphalt aufzuheben. „Mein Foto“,
schluchzte sie, ihr Deutsch mit arabischem Akzent gefärbt. „Alles, was ich noch
habe von meinem Mann. Du hast es kaputt gemacht!“
Der Skinhead lachte. „Oh, da
bricht mir ja das Herz, Oma.
Blöde Ausländerschlampe.“
Tegan überfiel den Kerl wie ein
Geist, packte ihn im Nacken und zerrte ihn von der Frau fort. Aus den
Augenwinkeln sah er, wie sie ihre spärlichen Habseligkeiten aufsammelte und aus
der Seitenstraße
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